Odenwald. Adam Karrillon ist in Wald-Michelbach und im Überwald nicht vergessen, und auch im Odenwald und an der Bergstraße ist sein Name noch geläufig. In vielen Haushalten stehen seine Bücher und werden von Menschen älterer Generationen gelesen. Karrillon ist neben Rudolf Wünzer, dem Oberamtsrichter und Rechtsanwalt am ehemaligen Amtsgericht in Wald-Michelbach, die bedeutendste historische Persönlichkeit dieser Überwälder Gemeinde. Sein erster Heimatroman „Michael Hely“ machte Karrillon deutschlandweit bekannt. Die zeitkritische Erzählung aus dem Jahr 1900 wurde zweimal aufgelegt.
Dr. Adam Karrillon war ein oft ohne Honorar arbeitender und auch wegen seines Könnens und menschenfreundlichen Wesens in der Bevölkerung beliebter Arzt, er war ein von zeitgenössischen Schriftstellern anerkannter und hoch gelobter Odenwälder Heimat- und Reiseschriftsteller. Neben seiner ärztlichen Tätigkeit fand er immer wieder Zeit, auf ausgedehnte Reisen zu gehen, weshalb dem Künstler der Schreibfeder auch der Ruf eines Weltreisenden anhaftet. Bis ins hohe Alter verfasste er Reiseberichte und seine Lebenserfahrungen in Romanen, darunter auch eine Biografie.
Gleich zwei Ehrenbürgerschaften
Zahlreiche Ehrungen wurden dem am 12. Mai 1853 in Wald-Michelbach geborenen Karrillon zuteil. Am 12. Oktober 1921 erhielt er die Ehrenbürgerschaft seiner Heimatgemeinde. Am selben Tag wurde an seinem Geburtshaus, der ehemaligen katholischen Schule, eine Gedenktafel angebracht mit der Inschrift: „In diesem Haus wurde der Odenwalddichter Adam Karrillon geboren“. Außerdem wurde die Heiligennische an seinem Geburtshaus mit einer neuen Figur des St. Florian versehen.
Im März 1923 erhielt Karrillon den renommierten „Ehrenpreis für das Jahr 1923“ der Deutschen Schillergesellschaft. Dieser Preis gilt auch heute noch als die höchste Ehrung, die ein deutscher Schriftsteller erfahren kann. Wenige Wochen später, am 3. April 1923, durfte Adam Karrillon seine zweite Ehrenbürgerurkunde entgegennehmen, diesmal von der Stadt Weinheim, die ihm mehr als ein halbes Leben lang Heimat gewesen war.
Am 11. August 1923 wurde Karrillon als erster Träger des Georg-Büchner-Preises ausgewählt. In der Urkunde heißt es „Der Hessische Staat für Verdienste um das künstlerische und geistige Leben in Hessen“.
Zu seinem 80. Geburtstag im Mai 1933 beschloss die Stadt Mainz, die bisherige Schulstraße in Adam-Karrillon-Straße umzubenennen. Ferner solle das Gymnasium, in dem Karrillon sein Abitur abgelegt hatte, zukünftig den Namen Adam-Karrillon-Gymnasium tragen. Außerdem hatte die hessische Landesregierung genehmigt, dass die am 23. Juli 1927 eingeweihte Volksschule in Wald-Michelbach den Namen Adam-Karrillon-Schule tragen soll. Dieser Name wurde im November 1979 erneut für die Grundschule bestätigt.
Damit der Ehre noch nicht genug: Während der Staatsfeier im Mainzer Schloss zu Ehren des Jubilars ließ der frühere Großherzog Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt Karrillon die „Goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft“ übergeben.
Erinnerungen bleiben
An den großen Sohn Wald-Michelbachs erinnert auch die Adam-Karrillon-Straße. Die von Hartenrod ins Dorfzentrum von Wald-Michelbach zwischen den beiden Kirchen herunterführende Kirchhohl wurde ebenfalls am 80. Geburtstag Karrillons auf dessen Namen umgewidmet. Im Überwälder Heimatmuseum Wald-Michelbach wurde Anfang der 90er Jahre das Adam-Karrillon-Zimmer eingerichtet. Es enthält Erinnerungsstücke aus Leben und Werk des Schriftstellers.
In Karrillons Geburtsort gab es immer wieder Ausstellungen und Lesungen. Sein Leben war gekennzeichnet vom Widerstreit der Gefühle, ständig schwankte sein Inneres zwischen ausgeprägter Bodenständigkeit und heimatlichem Wurzelgefühl und Drang und Sehnsucht, die Welt kennenzulernen. Beides schlug sich in Karrillons Romanen nieder. Seine Reisen waren kein Zeitvertreib, nicht nur bloße Abwechslung, sondern dazu bestimmt, Menschen anderer Länder zu begegnen.
Andererseits sehnte Adam Karilllon sich nach der Geborgenheit ländlicher Strukturen und der ihm vertrauten Menschen. „Wenn man Karrillons Position als Dichter bestimmen will, bleibt einem wenig anderes übrig, als ihn als Odenwalddichter zu bezeichnen, denn trotz seines Strebens nach fernen Horizonten ist der Odenwald letztlich seine Welt und auch die seiner Figuren“, sagt sein Biograf Professor Ralph Deschler.
Sieht man von Karrillons Reisen, seiner Umtriebigkeit und seiner äußerst erfolgreichen schriftstellerischen Leistung ab, so verlief sein Leben in normalen Dimensionen. Ursprünglich sollte er katholischer Geistlicher werden, er entschied sich jedoch für das Arztstudium. 1880 heiratete Karrillon Bertha Laise aus Ilbersheim. 1881 wurde Tochter Ella geboren, 1883 der Sohn Hans. 1883 ließ sich Adam Karrillon als praktischer Arzt in Weinheim nieder.
Seine ersten Reisen unternahm er 1885 nach Hamburg, Kiel, Kopenhagen, Lübeck und Berlin. Es soll nicht verschwiegen werden, dass es um Adam Karrillons Ehe nicht zum Besten bestellt war. Sicherlich sind sein Reisefieber und Fernweh zum Teil auch damit zu erklären, zumal unterwegs eine Liebschaft eine gewisse Rolle gespielt haben dürfte, was unter anderem in seinem Roman „O Domina mea“ unverblümt zum Ausdruck kommt.
Großes Leid kam über ihn, als er 1915 erfuhr, dass sein Sohn, der eigentlich die Praxis in Weinheim übernehmen sollte, als Schiffsarzt im Ersten Weltkrieg umgekommen war. Im Oktober 1918 zog Adam Karrillon mit seiner Frau nach Wiesbaden. Am 14. September 1938 hörte sein Herz auf zu schlagen. Seine ewig kränkelnde Ehefrau Bertha überlebte ihn um 24 Jahre. Sie starb 1962 im Alter von 107 Jahren. Begraben wurde sie neben ihrem Mann und ihrem Sohn auf dem alten Friedhof an der Peterskirche in Weinheim.
Veröffentlichungen
1898: Eine moderne Kreuzfahrt
1900: Michael Hely, der Dorfteufel; 1904: Michael Hely, überarbeitete Fassung (Neuauflage 1921)
1906: Die Mühle zu Husterloh
1909: O Domina mea
1912: Im Lande unserer Urenkel
1917: Adams Großvater
1922: Am Stammtisch zum faulen Hobel
1923: Erlebnisse eines Erdenbummlers
1925: Nujo Ronimus
1929: Meine Argonauten-Fahrt
1934: Als Kriegskind nach der Schweiz verfrachtet
1935: Der Rosenstock
1937: Der erste Flug vom Nest (schon 1926 im Weinheimer Geschichtsblatt erschienen)
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