Forstwirtschaft - Dirk Dins musste sich in den 30 Jahren als Lindenfelser Revierförster immer wieder für seine Arbeit rechtfertigen

Auch mit dem Spazierstock wird Kritik geübt

Von 
Philipp Kriegbaum
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Lindenfels. „Ich hätte mir das Leben auch leichter machen können.“ Dirk Dins ist nach mehr als drei Jahrzehnten im Lindenfelser Wald Kritik gewöhnt. In seiner letzten Amtshandlung als Lindenfelser Förster erläuterte er der SPD bei einem Ortstermin im Wald die Baumfällungen am Almenweg nahe der Carl-Orff-Schule, für den er von Bürgern hart kritisiert worden war.

„Irgendwo mitten im Wald hätte ich mit einer solchen Fläche kein Problem“, sagte er und wies auf den Hang zwischen der Schule und dem Albert-Schweitzer-Haus, das durch die Arbeiten nun vom Schulparkplatz aus zu sehen ist.

Mehrfach habe dort die Feuerwehr ausrücken und die Straße freiräumen müssen. Es sei nur Glück gewesen, so Dins, dass nie ein Auto oder ein Radfahrer verunglückt sei. Deshalb mussten die Bäume weg, die dort im Laufe der Jahrzehnte eine stattliche Höhe erreicht hatten.

„Verkehrssicherung“ nennt man so etwas. Diese Pflicht obliegt dem Bürgermeister als Ortspolizeibehörde. Hessen-Forst-Mitarbeiter Dins ist dessen Dienstleister. Sein Auftraggeber nimmt diese Verantwortung nicht nur aus rechtlichen Gründen sehr ernst: Beim Ortstermin verwies Bürgermeister Michael Helbig auf einen Unfall in seinem Bekanntenkreis außerhalb von Lindenfels, der ein Menschenleben gekostet habe.

Den kahlen Hang will der Förster nun sich selbst überlassen, damit er in den nächsten Jahrzehnten wieder zu wächst. Das ist der Zeitraum, in dem ein Forstwirt denkt. Vier Ansichten der Lindenfelser Burg belegen den Wandel: 1860 war sie wie 1970 umgeben von dichtem Grün, 30 Jahre später thronte sie wie heute frei sichtbar über dem Kurstädtchen.

„Lindenfels wächst zu“ – diesen Spruch musste sich Dirk Dins häufig von politischen Mandatsträgern anhören, als er im Alter von 28 Jahren seine Arbeit in dem 300 Hektar großen Lindenfelser Stadtwald aufnahm. Heute seien eher die Stimmen zu hören, die zur Zurückhaltung mahnten und wirtschaftliche Interessen hinter den Baumfällarbeiten vermuteten.

Kein Wirtschaftswald

Davon will Dins nichts wissen: „Der Lindenfelser Wald war nie der Wirtschaftswald“, sagt er mit Betonung auf „der“. Bei einem „Umsatz zwischen 100 000 und 150 000 Euro“ blieben jährlich etwa 10 000 bis 20 000 Euro für den Stadthaushalt übrig, erläuterte Bürgermeister Helbig. Allenfalls in Winterkasten seien gelegentlich Fichten zum Zweck des Holzverkaufs gefällt worden.

Kürzlich habe dort ein erboster Spaziergänger das Auto des Försters gestoppt und mit dem Spazierstock aufs Dach geschlagen. In der Tat sind auf der Neunkircher Höhe derzeit große freie Flächen zu sehen. Dins erklärt, warum: 2020 hätten etwa dreimal so viele Fichten wie üblich geschlagen werden müssen – alles kranke Bäume, gestresst von Trockenheit und Borkenkäfer. Wegen des Überangebots sei der Holzpreis verfallen. Am Ende sei man froh, wenn sich überhaupt ein Abnehmer für das Holz finde.

Thomas Bauer, SPD-Fraktionsvorsitzender in der Stadtverordnetenversammlung, brachte den Vorschlag der Grünen zur Sprache, den „Wald in Ruhe zu lassen“. Der Forstfachmann lehnt das nicht rundweg ab, relativiert aber: „Nur die Sperrung befreit von der Verkehrssicherungspflicht.“

Das heißt: Solange ein Weg durch den Wald führt, müssen alle Bäume gefällt werden, deren Stämme oder Äste auf den Weg fallen könnten. Oder der Wald – und damit der Weg – muss gesperrt werden, wie im vergangenen Jahr auf einem Abschnitt des Nibelungensteiges im Schlosswald und auf dem Schenkenberg geschehen. Die ausgetrockneten Buchen dort sind vom neuen Feuerwehrhaus aus gut zu sehen.

Dins setzt bei der Aufforstung auf Esskastanie, Winterlinde, Eiche und Spitzahorn. Alles Bäume, die trockenes Klima besser vertragen. 1350 Pflanzen hat er bestellt. Die Pflanzarbeiten werden aber Aufgabe seines Nachfolgers sein, denn auf Dirk Dins wartet eine neue Herausforderung als stellvertretender Leiter des Forstamts Lampertheim. Offiziell bereits versetzt, erledigt er im Einvernehmen mit der Behörde noch einige Aufgaben im Burgstädtchen.

In seiner Lindenfelser Zeit war er von Anfang an für die SPD aktiv. Zuletzt saß er für die Sozialdemokraten im Magistrat. Er war auch Ortsverbandsvorsitzender und Stadtverordneter. Beate Gammelin bedankte sich im Namen der SPD mit Blumen bei Dins. Von der Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung gab es ein Weinpräsent aus der Hand von Thomas Bauer.

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