Windhund-Coursing

Kuralpe als Schauplatz für einen Wettbewerb unter Windhunden

Windhund-Coursing: Auf der Kuralpe trafen sich Besitzer von Windhunden aus dem In- und Ausland zu einem Wettbewerb.

Von 
Thomas Tritsch
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Afghanische Windhunde sprinten beim Coursing auf der Kuralpe. © Thomas Neu

Staffel. Ausgeprägter Brustkorb, stark aufgezogene Bauchpartie und sehnige, muskulöse Läufe. Dazu ein spannkräftiger Rücken und eine hoch flexible Wirbelsäule. Der lange Hals geht in einen schmalen, aerodynamischen Kopf über. Die perfekte Anatomie für schnelle Sprints und Ausdauerrennen in mittlerem Tempo: Windhunde haben aber nicht nur einen sportlichen Körperbau und eine elegante Silhouette: sie verfügen über weit stehende Augen, die sich relativ seitlich am Kopf befinden und ihnen ein weites Blickfeld ermöglichen. Das macht sie zu erstklassigen Jägern.

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Windhunde haben ihre Beute daher immer gut im Blick. Auch den falschen Hasen, der stundenlang über die große Wiese auf der Kuralpe geflitzt ist: ein Knäuel aus Fell und bunten Bändern, das an einem Kevlarband befestigt ist und von einer Motorwinde rasend schnell über das Feld gezogen wird. Die besten Hunde fixieren den Köder permanent mit den Augen, wenn sie ihn über lange, gerade Passagen verfolgen und dabei auch in engen Kurven und Wendungen nicht aus dem Visier verlieren.

Über ein Dutzend verschiedene Windhundrassen

Es war ein international besetztes Feld, das sich zwei Tage lang zu einem sogenannten Coursing auf der Kuralpe getroffen hat. Bei diesem Wettbewerb wird eine echte Jagd auf einen Hasen im freien Feld simuliert. Diese Disziplin bereitet vor allem den orientalischen Windhunden große Freude.

Über ein Dutzend Windhundrassen werden eingesetzt. Und alle haben ein gemeinsames Merkmal: Sie verfolgen ihre Beute mit den Augen. Der englische Begriff lautet „Sighthounds“. Bei der Simulation werden die Bewegungen der Attrappe vom Hund als Flucht gewertet und sind für das Tier der entscheidende Auslöser, um das Objekt zu verfolgen. Weil die Jagd auf lebendes Wild gesetzlich verboten ist, hat sich diese unblutige Variante außer den rein tempoorientierten Hunderennen schnell als Sport durchgesetzt.

Auch beim Coursing ist Schnelligkeit gefragt, wie Ursula Arnold aus Lindenfels erläuterte. Die erfolgreiche Züchterin hat sich seit Mitte der 80er Jahre auf Azawakh-Windhunde spezialisiert. Sie wurden ursprünglich von den Tuareg in Westafrika gezüchtet, wo sie Nomaden bei der Jagd unterstützen und Zelte bewachen. „Seit 1981 bereisen wir die Ursprungsregion der Azawakh, wo wir die Hunde in ihrem heimatlichen Terrain kennengelernt haben.“

Die Vorbereitungen sind intensiv und zeitaufwendig

1990 begann die Zucht mit dem ersten Rüden aus Afrika. Die Liste der Zuchterfolge ist endlos. Auch beim Coursing in Staffel hatten Arnolds Hunde die Nasen vorn. Ihre Azawakh-Hündinnen Ain Segou und X`Tamanrasset belegten die beiden ersten Plätze. Und auch die Rüden kamen ausnahmslos aus der Zucht von Ursula und Reinhard Arnold, die in Lindenfels viel Platz für ihre erfolgreichen Sprinter und Langstreckenläufer haben.

Für ihren Verein, den Club für Windhundrennen Frankfurt, hatte Ursula Arnold die Wiese auf der Kuralpe als Wettkampfplatz organisiert. „Wir saßen im Restaurant, haben auf die gegenüberliegende Wiese geschaut und gedacht: ideales Terrain für die Windhunde.“ Die Familie Bormuth vom Kreuzhof gab grünes Licht, und so konnten die Vorbereitungen beginnen, die bei einem solchen Wettbewerb durchaus aufwendig und zeitintensiv sind. Schließlich muss das weitläufige Gelände vorher gesichtet und präpariert werden. Mäuselöcher können die Tiere in ihrem Jagdinstinkt auf eine falsche Fährte locken – was mehr als einmal vorgekommen ist.

Punkte für Geschicklichkeit, Folgen, Kondition und Jagdlust

Auch das gehört zu diesem Sport dazu. Ebenso wie das Installieren des Seils durch zahlreiche im Boden verankerte Spulen und Rollen, um dem Kurs (und dem Schlepphasen) die nötigen Kurven zu bieten. Wenn die Jury das OK für den Start gibt, können die Hunde jeweils im Doppel starten und den „Hasen“ hetzen. Alles muss genau koordiniert sein.

Zwei Enduro-Motorräder sind im Einsatz, um die weiten Wege auf der Wiese schneller zurückzulegen. Die Biker bringen den Köder zurück oder kümmern sich um technische Probleme entlang der Strecke. Kommuniziert wird über Funk oder Handy. „Bitte noch einmal neu starten“, ordnet die Coursing-Richterin Martina Franz (Saarland) an. Sie hat die Hunde genau im Blick.

Schnelligkeit ist nur eines von mehreren Kriterien, auf die sie achtet. Punkte gibt es außerdem für Geschicklichkeit, Folgen, Kondition und – ganz wichtig – für die Jagdlust: also die Motivation des Hundes, dem Hasen zu folgen und sich dabei nicht ablenken zu lassen.

Am Start waren bis zu 80 Tiere am Tag. Afghanen und Galgo Espanol, Podenco Ibicenco und Podenco Canario, Saluki und Deerhounds – und Greyhounds, die schnellsten von allen. Sie erreichen kurzzeitig Geschwindigkeiten von bis zu 70 Kilometern pro Stunde.

Erfolgreiches Heimspiel für Lindenfelser Hunde

Vor dem Start stehe eine Tierarztkontrolle an. Unter anderem werden die Hunde auf eine gültige Tollwutschutzimpfung gecheckt. Offizieller Veranstalter war der Deutsche Windhundzucht- und Rennverband. Die Laufzusammenstellung erfolgte im Losverfahren. Rund um das Gelände waren viele Stellplätze für Wohnwagen und Wohnmobile reserviert. „Ein perfekter Ort für diese Art von Hundesport“, so Ursula Arnold, die permanent in Bewegung war, um die Dramaturgie des Tages einhalten und spontane Hakeleien in der Logistik schnell beheben zu können.

Das Coursing ist eine relativ junge Sportart, die von den Hunden eine enorme Aufmerksamkeit verlangt, da sie in dem oft unübersichtlichen Parcours leicht das Objekt aus den Augen verlieren können, so die Züchterin. Die Sichthetzjagd ist auch für Zuschauer spannend, von denen sich immer mehr am Rande der Wiese einfanden. Die Tiere sind zwischen und nach den Läufen mit einem Windhundmantel vor Kälte geschützt. Die Muskulatur muss warm und locker bleiben, wie bei jedem Athleten. Der Schutz der Hunde hat oberste Priorität.

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Die Azawakh-Sprinter aus Lindenfels sind ihrem guten Ruf gerecht geworden. Sie haben ihr Heimspiel erfolgreich absolviert und danach wieder einige Tage der Ruhe und Regeneration genossen. Wirklich faul ist ein Windhund aber nie, wie Ursula Arnold betont. Und wie viel Bewegung braucht ein solcher Läufer? Zwei mal 20 Minuten sind ausreichend. Manche gehen drei bis vier Mal täglich an die frische Luft. Die Züchterin aus Lindenfels manchmal nur ein Mal, dann aber zwei Stunden lang. „Wir haben ein riesiges Grundstück“, lacht Ursula Arnold und entschwindet mit ihrem flotten Schritt schon wieder in der weiten Tiefe der Wiesen.

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