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Lautertaler Schiedsfrau: „Es gibt Leute, die nicht mehr mit mir sprechen"

„Bei schwierigen Fällen konnte ich nachts nicht schlafen“: Fünf Jahre lang hat die frühere Gemeindevertreter-Vorsitzende das Amt ausgeübt, mit Wolfgang Hechler als Stellvertreter an ihrer Seite.

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Philipp Kriegbaum
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Heidi Adam war Schiedsfrau für die Gemeinde Lautertal. Ihr Stellvertreter Wolfgang Hechler bleibt zunächst noch im Amt. © Philipp Kriegbaum

Lautertal. „Ich habe unterschätzt, was das mit mir macht“, sagt Heidi Adam heute über das Amt der Schiedsfrau der Gemeinde Lautertal. Fünf Jahre übte sie es aus, Wolfgang Hechler war ihr Stellvertreter. 60 Konfliktfälle landeten in dieser Zeit auf ihrem Schreibtisch.

Carmen Maus-Gebauer wurde am 20. Juni von der Gemeindevertretung zu ihrer Nachfolgerin gewählt und inzwischen auch vom Amtsgericht Bensheim ernannt. Wolfgang Hechler bleibt noch im Amt, bis auch für die Vertretung ein Nachfolger gefunden und gewählt wurde.

Das Amt hat sie mehr angefasst, als Heidi Adam das zu Beginn ihrer Amtszeit erwartet hatte: „Bei schwierigen Fällen konnte ich nachts nicht schlafen“, sagte sie im Gespräch mit dieser Zeitung und ergänzte: „Es gibt Leute, die nicht mehr mit mir sprechen.“ Denn jeder glaube, er stehe auf der richtigen Seite. „Diejenigen, die mich angerufen haben, erwarten, dass ich auf ihrer Seite bin. Ich darf mich aber auf keine Seite schlagen.“

Heidi Adam betont, dass es nicht ihre Aufgabe gewesen sei, Urteile zu fällen. Denn die Aufgabe einer Schiedsperson bestehe gerade darin, eine Einigung herbeizuführen und ein aufwendiges Gerichtsverfahren zu verhindern. Das entlaste die Justiz und häufig auch den Geldbeutel der Streitparteien. Ein Richter müsse auch schon mal einen Gutachter hinzuziehen, der schnell mehrere Tausend Euro koste.

44 ihrer Einsätze habe sie als sogenannte Tür-und-Angel-Fälle abwickeln können. Davon spricht man, wenn es der Schiedsperson gelingt, am Ort eine Einigung herbeizuführen. In 16 Fällen kam es zu einem förmlichen Schlichtungsverfahren. Dazu lud Heidi Adam die Parteien zum Gespräch ins Rathaus ein.

In zwei dieser Fälle brachte Wolfgang Hechler seine Expertise als Diplom-Vermessungsingenieur im Ruhestand ein. Denn häufig sind Grenzstreitigkeiten Ursache für Fehden, die schon einmal dazu führen könnten, dass Nachbarn über Jahrzehnte nicht miteinander reden, so Adam. „Und dann heißt es: Sie müssen das jetzt mit dem klären.“

Der richtige Umgang mit den Konfliktparteien ist die eine Seite des Schiedsverfahrens, die Bürokratie die andere. Einladungen zu Konfliktgesprächen müssen nachweisbar zugestellt, das Ergebnis exakt auf einem Formular protokolliert werden.

Nur in vier Fällen gab es keine Einigung

Die Rahmendaten gab Heidi Adam stets vor dem Gespräch auf dem Computer ein und druckte das Formular aus. Sofort nach dem Gespräch wurde das Ergebnis handschriftlich festgehalten und das Protokoll unterschrieben. Durch die Unterschrift beider Parteien wird ein geschlossener Vergleich „justiziabel“, kann also eingeklagt werden.

Das funktionierte in zwölf der 16 förmlichen Schlichtungsgespräche. Nur in vier Fällen war keine Einigung zu erzielen. Heidi Adam nennt das eine „sehr positive Bilanz“. Zumal es Fälle gebe, in denen überhaupt keine Einigung gewollt sei, aber der Weg zum Gericht erst nach einem erfolglosen Schiedsgerichtsverfahren offen ist.

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Für Tür-und-Angel-Fälle muss kein Protokoll geschrieben werden, doch: „Unter 20 Arbeitsstunden ist auch ein Tür-und-Angel-Fall nicht erledigt.“ Für all das erhalten die Schiedsleute nur eine kleine Aufwandsentschädigung. „Ich will meinem Land dienen“, sagt Wolfgang Hechler zu seiner Motivation. Und Heidi Adam bestätigt: „Diese Aussage teile ich voll und ganz.“

Freier Autor Schwerpunkte: Lokales Lindenfels / Lautertal, Chorgesang, Vereine, Hintergründe.

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