Ausstellung

Fantasiewesen und Outdoor-Küchen im Kunstgarten in Raidelbach

Im Kunstgarten von Peter Schmitt gab es Metallskulpturen, Outdoor-Küchen und Leder-Accessoires von regionalen Kreativköpfen zu sehen

Von 
Thomas Tritsch
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Zwei Besucherinnen bestaunen neugierig den aus Metall gefertigten Hammerhai des Künstlers und Veranstaltungsinitiators Peter Schmitt. © Thomas Zelinger

Raidelbach. Den Hammerhai mal wörtlich genommen: Der markante Plattenkiemer präsentiert sich ganz aus Metall mit dem Kopf eines glatten Fäustelhammers an der Front. Die Augen glänzen in Edelstahl, die Finne besteht aus flossenartig ausgesägten Ecken. Der stromlinienförmige Rumpf ist aus einem flexiblen Auspuffkrümmer und geht beinahe schweißnahtlos in einen dicken Metallbohrer über. Eine Skulptur aus Schrott. Entstanden mit Flex, Schweißgerät und Plasmabrenner. Nur mit dem Schwimmen könnte es schwierig werden.

Das freischwingende Objekt war eines von vielen Sehenswürdigkeiten im Kunstgarten von Peter Schmitt, der die Kreatur auch entworfen und gebaut hat. „Aktuell mein Lieblingsstück“, betont er.

Auf dem riesigen, rund 11 000 Quadratmeter großen Areal in Raidelbach, ein ehemaliger Bauernhof, hatte der Schmuckhändler, Inhaber der Pees Accessoires GmbH und Kreativkopf eine Handvoll Artgenossen für eine besondere Open-Air-Ausstellung um sich geschart. Die Kollektion umfasste Bilder und Plastiken, Kunsthandwerk und Metall-unikate sowie Leder-Accessoires und maßgeschneiderte Outdoor-Küchen. Eine individuelle Zusammenstellung mit kantigem Charme und scharfen Kontrasten, aber auch eine Hommage an Schönheit und Ästhetik in allen Spielarten.

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Profiköche in Sylt beliefert

Diesmal stand nicht (nur) der artenreiche Skulpturengarten im Mittelpunkt, sondern eine überwiegend regionale Fraktion an Manufakturen, Malerinnen und Möbelbauern. Wie zum Beispiel Paul Steman. Der Niederländer musste im heißen Jahrhundertsommer 2003 nicht nur schwitzen, er brütete auch eine neue Idee aus: Damals baute er seine erste Outdoor-Küche. Als passionierter Griller kannte er das Problem: Kein Kühlschrank für Bier und Lebensmittel in der Nähe, das Geschirr entweder zu Hause in der Spülmaschine oder dreckig in der Waschwanne im Garten. Nichts griffbereit außer Grillgut und Kohle. Also musste eine mobile Küche her, um allen halbseidenen Provisorien ein Ende zu machen.

Seine individuellen Kulinarik-Ensembles werden auf Kundenwunsch kombiniert und gestaltet. Wunderschöne Kochzeilen aus Granit und Holz, mit Wok-Gasgrill und mehreren Brennern, schmucken Arbeitsplatten und Kochfeldern. Als Outdoor-Cooking vor etwa zwölf Jahren hip wurde, startete Steman durch. Heute beliefert er Privatleute und Profiköche von München bis Sylt.

Rost als Gestaltungselement

Seine mobilen Küchen mit Rollen sind auch bei Events gefragt. „Ich habe noch niemals zwei gleiche Modelle gebaut“, so der Geschäftsmann, der in Zusammenarbeit mit einer am Niederrhein ortsansässigen Schmiede und einem Steinmetz weitere Spezialanfertigungen in den Genres Möbel und Accessoires anfertigt. Von der Präsentationsmöglichkeit in Raidelbach war er sofort begeistert: Die historisch anmutende Umgebung war eine feine Bühne für seine wuchtigen Unikate.

Auch Schmitts Blechnashörner, Zangen-Geckos und Bügeleisenkühe sind Einzelstücke. Erschaffen aus metallischen Resten in schöpferischer Upcycling-Manier entstehen wilde Kreaturen, komische Vögel und amüsante Fantasiewesen, die einem auf dem Areal überall begegnen. „Die jüngeren Objekte sind etwas cleaner“, kommentiert er einen leichten Trend weg von den korrodierten Stahlelementen, die seine Arbeit früher grundsätzlich geprägt haben. Aktuell sind die Objekte glatter, geschmeidiger und oberflächlich weniger schroff.

Sein Anspruch ist gleich geblieben: Metallstücke zu erhalten, in die zuvor viel Energie und Arbeit investiert wurde. Für Schmitt ist die neue Nutzung auch eine Form von Wertschätzung im wörtlichen Sinn.

Um Metall geht es auch bei TiKa-Art. Das Kürzel verweist auf die Grafikdesignerin Tina Gessinger und den ehemals als Lichtberater tätigen Kai Kleinert. Aus Metallplatten mit Gebrauchsspuren werden leuchtende Gemälde und abstrakte Farbkompositionen, die sich drinnen wie draußen wohlfühlen. Durch Schleifen und Spachteln und den Einsatz selbst gefertigter Acrylpigmente entstehen zumeist großformatige Unikate, in denen man gelegentlich auch Spuren von Blattsilber und Blattgold hindurchschimmern sieht. Auch Rost ist ein Gestaltungselement.

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Tusche-Linien unter Wachspapier

Aufgrund ihrer Struktur und Farbgebung sowie der Härte des Materials sind die Objekte einzigartig, äußere Einflüsse verändern die Motive zusätzlich. „Das Bild reift wie ein Wein“, so Kai Kleinert über die visuelle Dynamik der Arbeiten, die in einem Werkraum in Lorsch entstehen. Durch einen Abstandhalter liegen die Metallplatten beim Hängen nicht plan auf der Wand – ein enormer Effekt: Auf diese Weise wirken die Motive plastischer und „schwebender“ im Raum. In jüngster Zeit werden einige Arbeiten durch korrespondierende dreidimensionale „Foursides“ im gleichen malerischen Duktus räumlich ergänzt, was die perspektivische Wahrnehmung der Stücke nochmals erweitert.

Ursula Schlossers künstlerisches Sujet sind Menschen und der Kontext, in dem sie leben oder arbeiten. Ein vitales Interesse, das die Journalistin bereits als junge Dokumentarfilmerin an den Tag gelegt hatte.

Schlosser beobachtet die Strukturen und Befindlichkeiten der Gesellschaft und ihrer Akteure, die in ihren Bildkompositionen oftmals weniger individuell als modellhaft auftreten – manchmal als starke Protagonisten, aber auch als fragile, verletzliche Lebewesen in einer Welt, die sie nicht immer in ihren Grundzügen zu verstehen scheinen. Dabei spiegelt sie die Komplexität der menschlichen Existenz gerne auch auf einer materiellen Ebene, indem sie etwa transparentes Wachspapier für feingezeichnete Motive einsetzt, unter dem kräftigere Tusche-Linien erkennbar sind. Weitere Themen sind weibliche Rollenbilder und mentale Mitbringsel von ihren regelmäßigen Reisen durch die USA, in denen oftmals auch eine politische oder gesellschaftskritische Botschaft zu entziffern ist.

Der Komplex aus Macht und Widerstand wird auch im Bild des Bundesligaprofis Marcus Thuram von Borussia Mönchengladbach deutlich, der 2020 im Bundesligaspiel gegen Union Berlin seine Verbundenheit mit dem in den USA bei einem Polizeieinsatz getöteten George Floyd ausgedrückt hatte: Nach einem Treffer kniete sich der Franzose für ein paar Sekunden auf den Platz. Schlosser hat die kleine physische Geste mit der hohen politischen Qualität malerisch auf den Punkt gebracht. Ab 4. Juni stellt die Malerin in der Remise in Zwingenberg aus.

In Raidelbach gab es darüber hinaus handgefertigte Stücke der Bensheimer Leder-Manufaktur Griesela sowie kleine Upcycling-Objekte vin Claudia Sander zu sehen. „Unsere Kollektion passt sehr schön in diesen Kunstgarten“, so Theresa Meckel von Griesela, die unter anderem Taschen, Gürtel und Accessoires präsentiert hat.

Freier Autor

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