Beedenkirchen. Eine Dorfkirche habe es schon immer in Beedenkirchen gegeben, das im Jahre 1012 erstmals urkundliche erwähnt wurde, sagt der evangelische Pfarrer Reinald Engelbrecht. Das Gotteshaus wurde 1712 mit dem Bau der Westempore fertiggestellt. Die Kirchen in Lautertal und Lindenfels, was sie einzigartig macht und was das Besondere an den Gemeinden ist, die sie mit Leben füllen, wird diese Zeitung in loser Folge vorstellen. Beedenkirchen macht den Anfang.
Seit neun Jahren ist Reinald Engelbrecht Pfarrer im Lautertaler Ortsteil. Er wohnt mit seiner Familie im angrenzenden Pfarrhaus mit Pfarrscheune und ist in der Kirchengemeinde der Ansprechpartner für Hochzeiten, Taufen und Beerdigungen.
Gottesdienste finden in der Dorfkirche regelmäßig statt. „Ich bin gerne Pfarrer hier“, sagt Engelbrecht. Er ist zuständig für die 450 Gemeindemitglieder in Beedenkirchen mit Felsberg, Kuralpe, Schmal-Beerbach, Staffel und Wurzelbach. Es ist die kleinste Kirchengemeinde im Dekanat Bergstraße.
Herberge für Lorscher Mönche
Bei einem Rundgang zeigt der Pfarrer das Gotteshaus von innen. Seinen Arbeitsplatz in der Lautertaler Gemeinde auf dem Berg mag Engelbrecht sehr. Der Architekt der Kirche ist unbekannt. Sie enthält Reste einer gotischen Vorgängerin. Ihr Stil ist hessisches Bauernbarock.
Da die Bauherren damals kein Geld für echten Marmor aus Italien hatten, wurde die Kirche innen mit Holz verkleidet und marmor-ähnlich angemalt. Sie gehörte die meiste Zeit zur Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und dem späteren Großherzogtum Darmstadt, nicht wie die anderen Kirchen im Lautertal, zur Grafschaft Erbach.
„Der Fels, auf dem die Dorfkirche steht, war noch im 8. Jahrhundert eine keltisch-germanische Versammlungsstätte“, erläutert Engelbrecht. Hinter der Kirche das Pfarrwäldchen, da das Kloster Lorsch den Urwald Odenwald besiedeln wollte. Der Odenwald wurde gerodet für Dörfer und Ackerbau.
In Beedenkirchen lebte einst eine Mönchsgemeinschaft vom Kloster Lorsch. Für den Ortsnamen gibt es drei verschiedene Theorien. Eine besagt hier gab es drei Beeten: weibliche Heiligen Figuren im keltisch-germanischen Raum. Die zweite Theorie besagt: An diesem Ort gab es zwei Kirchen. Am Eingang zum Friedhof auf der linken Seite gibt es Reste einer Kapelle. Die dritte Theorie sagt, es bedeute „Heilige Frau“ keltischen Ursprungs.
Dass an diesem Ort früher schon Gotteshäusern standen, lässt sich an den Grundmauern ablesen. Wann die Kirche gegründet wurde, weiß man nicht, nur, dass Beedenkirchen vor der Reformation zur Mutterkirche wurde. Ab 1452 waren Pastoren im Ort ansässig. Die Reformation fand in Beedenkirchen wohl um 1550 statt, der erste evangelische Pfarrer Wenzel ist von 1551 bis 1569 verzeichnet. Von da an hatte die Kirche eine eigene Pfarrstelle.
Die Pfarrer bauten ihre heutige Dorfkirche nach und nach auf. Noch heute spüren Besucher die Kraft, wenn man die Gottesdienste im Pfarrwäldchen hinter der Kapelle besucht. Jagdhornbläser eröffnen dort die Gottesdienste für den Heiligen Hubertus, den Schutzheiligen des Waldes und heimischen Wildes. Christina Boss-Engelbrecht, Ehefrau des Pfarrers, nutzt das Wäldchen für ihren Lesekreis: Einmal im Monat treffen sich Frauen aus Lautertal und Umgebung, um ein Buch zu besprechen. Im Anschluss an den Gottesdienst isst die Kirchengemeinde dort oft zusammen.
Lebendige Gemeinde
Es gibt in der Gemeinde außerdem einen Projektchor, der im Winter in die Kirche und Pfarrscheune zu Stubenmusik einlädt. Die Kirchengemeinde unterhält seit 52 Jahren eine Freundschaft mit Bruckberg, einer Einrichtung der Diakonie Neuen-Dettelsau für Menschen mit Beeinträchtigungen. Jedes Jahr kommen sie zu Besuch nach Beedenkirchen, um mit der Kirchengemeinde zu feiern. Wegen der Corona-Pandemie mussten die Besuche und gemeinsamen Feste ausfallen.
Engelbrecht freut sich, dass seine Kirche eine Station auf dem Pilgerweg Camino Incluso ist, dem neuen Odenwälder Pilgerweg für alle. Er führt von Bensheim-Auerbach bis nach Heidelberg. Pilger mit und ohne Rollstuhl können jederzeit die Kirche besuchen und sich ihren Pilgerstempel abholen. Sie können im Freizeitheim vor der Kirche schlafen und im Gemeindehaus das barriere- freie WC nutzen. „Wir sind eine lebendige evangelische Kirchengemeinde, die immer offen für Neues ist“, lautet das Fazit von Pfarrer Engelbrecht.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/lautertal_artikel,-lautertal-dorfkirche-mit-holz-statt-marmor-in-beedenkirchen-_arid,1874167.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/lautertal.html
[2] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/lindenfels.html
[3] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.bergstraesser-anzeiger.de/dossiers_dossier,-_dossierid,250.html