Reichenbach. Alexander Fritz heißt der neue Vorsitzende des DGB-Ortsverbands Lautertal-Lindenfels. „Mit dem bundesweit jüngsten Ortsverbandsvorsitzenden schreiben wir heute im Lautertal ein kleines Stück DGB-Geschichte“, kommentierte Regionssekretär Horst Raupp die Wahl. Der angehende Abiturient, der am Tag seiner Wahl seinen 18. Geburtstag feierte, wurde bei der Mitgliederversammlung der Gewerkschafter einstimmig ins Amt gewählt.
Fritz, der in Lautern wohnt, ist seit seinem 16. Lebensjahr Verdi-Mitglied und arbeitet seither auch im DGB-Ortsverband mit. Vor vier Jahren trat er in die SPD ein, wo er bei den Jusos Bergstraße und im Vorstand der SPD Lautertal aktiv ist. „Ich möchte die Jugendarbeit voranbringen, Studierende und Auszubildende unterstützen. Weiterhin möchte ich mich für einen sozialverträglichen Klimaschutz, die Betriebsräte und für Schwächere einsetzen. Dabei möchte ich besonders auf den lokalen Bezug achten“, beschrieb er seine ersten Ziele.
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Dabei werden ihm die – ebenfalls einstimmig – gewählten weiteren Vorstandsmitglieder zur Seite stehen: Ingo Thaidigsmann (IG Bau) als stellvertretender Vorsitzender sowie die Beisitzer Eveline Kleinke (Verdi), Tobias Pöselt, Frank Maus (beide GEW), Siegfried Oettmeier (Verdi), Siegfried Schwarzmüller (GEW), Harald Stanka (IG Metall), Gerhard Hippler, Sara Müller und Christian Hörnle (alle GEW). „Mit diesem neuen erweiterten Vorstandsteam ist der DGB-Ortsverband Lautertal-Lindenfels breit aufgestellt“, freute sich Horst Raupp.
Eingangs stand ein trauriges Ereignis auf der Tagesordnung. Ingo Thaidigsmann erinnerte an den am 2. August im Alter von 76 Jahren nach langer schwerer Krankheit verstorbenen Ortsverbandsvorsitzenden Heinz Eichhorn. Eichhorn war jahrzehntelang hoch engagiertes Mitglied der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). Seit Sommer 1997 war er Vorsitzender des DGB-Ortsverbands – zunächst des DGB Lautertal, dann des gemeinsamen DGB-Ortsverbands Lautertal-Lindenfels. „Heinz war nicht nur ein hervorragender Vorsitzender und Kollege, sondern fehlt mir auch ganz persönlich“, betonte Thaidigsmann. „Noch im Frühjahr haben wir zusammen gesessen. Im Vorstand war zu diesem Zeitpunkt bereits der Vorschlag gereift, Heinz Eichhorn nach seinem geplanten Ausscheiden aus dem Vorstand als Ehrenvorsitzenden vorzuschlagen.“ Dies wurde nun nachgeholt.
Heun fordert höhere Renten
Bevor Thaidigsmann einen Rückblick auf die Arbeit des Ortsverbandes gab, sprach Lautertals Bürgermeister Andreas Heun zunächst zur Versammlung. Heun betonte, dass die Gewerkschaften gerade in der aktuellen Zeit besonders wichtig seien. Bei Gesprächen mit den Bürgern stelle er fest, wie ausgelaugt und zutiefst verunsichert viele Menschen seien. Es hapere an vielen Stellen, etwa bei der Gesundheitsversorgung.
Die Renten lägen teilweise nur knapp über der Grundsicherung. Dies sei für ein reiches Land wie Deutschland nicht zu akzeptieren. Es bedürfe daher starker Gewerkschaften, um sich für Verbesserungen einzusetzen. Zudem gelte es, insbesondere junge Menschen hinzuzugewinnen, so Heun.
Thaidigsmann dankte dem Bürgermeister. Man habe sich mit den Bürgermeistern von Lautertal und Lindenfels schon in der Vergangenheit regelmäßig ausgetauscht. Zudem habe sich der Vorstand immer für die wichtige Verkehrsanbindung durch das Lautertal nach Bensheim positioniert, gleichfalls für eine Verbesserung des Nahverkehrsplans. Im Gegensatz zur inzwischen verbesserten Anbindung von Beedenkirchen sei dies leider für eine direkte Verbindung von Gadernheim und Lindenfels nach Darmstadt bisher weniger erfolgreich gewesen. Der DGB wolle aber weiter daran arbeiten.
"Die aktuelle Lage ist herausfordernd"
Auch Regionssekretär Horst Raupp erinnerte an Heinz Eichhorn. „Heinz war ein Urgestein der Gewerkschaftsbewegung und fehlt als Mensch, Freund und Kollege“, so Raupp. „Es ist bedauerlich, dass er seine Wahl zum Ehrenvorsitzenden nicht mehr erleben kann. Auch die die heutigen Neuwahlen wären ganz in seinem Sinne gewesen.“
„Die aktuelle Lage ist herausfordernd. Krisen und Inflation haben Spuren hinterlassen. Viele Menschen sind verunsichert, antidemokratische Kräfte profitieren. Die massiven Preissteigerungen und der deutliche Anstieg der Energiekosten treffen vor allem kleine und mittlere Einkommen hart und die Menschen haben weniger im Geldbeutel. Die Reallöhne sind trotz guter Tarifabschlüsse gesunken, während nicht wenige Unternehmen hohe Krisengewinne eingefahren haben. Die Löhne müssen deshalb stärker steigen, die Tarifbindung ausgebaut und der Mindestlohn deutlich angehoben werden“, machte Raupp die gewerkschaftlichen Forderungen deutlich.
„Steuern sind zum Steuern da“
Zudem gefährde die Steuerpolitik von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) das Land und den sozialen Zusammenhalt. „Steuern sind zum Steuern da.“ Zu den Forderungen des DGB gehörten die Wiedereinführung einer Vermögensteuer, eine Vermögensabgabe für Superreiche sowie die Einführung einer Übergewinnsteuer, die die Gewinne der Krisen- und Kriegsprofiteure konsequent abschöpfe. „Die Reichen und Superreichen müssen einen größeren Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten als der Edeka-Verkäufer oder die Industriemechanikerin“, so Raupp weiter. „Zudem brauchen wir einen aktiven Staat, der in die Infrastruktur und Transformation investiert und für gute Arbeit und soziale Gerechtigkeit sorgt.“
Im Mittelpunkt der gewerkschaftlichen Arbeit stehe der Kampf für Gerechtigkeit. Es sei deshalb höchste Zeit, das Kräfteverhältnis zwischen Arbeit und Kapital wieder zugunsten der Beschäftigten zu verändern. Das gehe aber nur mit mitgliederstarken Gewerkschaften. Je stärker die Gewerkschaften seien, desto durchsetzungsfähiger seien auch ihre unsere Forderungen, gab Raupp einen Ausblick auf eine im nächsten Jahr geplante Kampagne zur Ausweitung der Tarifbindung.
„Die Bundesregierung plant ein Tariftreuegesetz. Diese Forderung, Aufträge nur an Firmen zu vergeben, die tariftreu sind, haben wir auch an das Land Hessen. Aktuell ist das Land Hessen selbst der größte Tarifflüchtling, gehört es doch als einziges Bundesland nicht der Tarifgemeinschaft der Länder an.“
Abschließend wies Raupp auf die Europawahl am 9. Juni hin. „Wir brauchen mehr Europa, aber mit dem Menschen und nicht dem Markt im Mittelpunkt. Dabei darf ein Rückfall in den Nationalismus nicht passieren.“
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