Lautertal. Die CDU Lautertal feiert am kommenden Sonntag ihr 50-jähriges Bestehen. Allerdings sind die Christdemokraten schon länger als ein halbes Jahrhundert im Lautertal engagiert. Und das nicht nur, weil der Gründungstag des Gemeindeverbandes der 27. Januar 1972 war. Vielmehr gehen die Anfänge christlich-demokratischer Politik in den Ortsteilen der Gemeinde schon auf die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zurück, wie Erich Sauer berichtete.
Sauer war nicht nur bei der Gründung 1972 dabei, sondern ist seither ununterbrochen für die CDU in der Gemeinde engagiert. Er war Vorsitzender der Jungen Union, saß im Kreistag und im Reichenbacher Ortsbeirat und gehört bis heute der Lautertaler Gemeindevertretung an.
Die Gründungsversammlung traf sich im Reichenbacher Gasthaus Zur Traube. Josef Löw wurde damals zum Vorsitzenden gewählt, Philipp Marquardt und Philipp Schäfer waren seien Stellvertreter. Erich Sauer wurde Schriftführer, Walter Meyer Rechner. Hintergrund für die Gründung sei die Gebietsreform gewesen, erinnert sich Sauer. Vorher habe es in den Dörfern im Lautertal vorrangig Bürgerlisten gegeben. Parteilisten seien allgemein erst in den 70er Jahren aufgekommen.
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Zur ersten Lautertal-Wahl habe es ein starkes Interesse gegeben, als CDU anzutreten. Doch schon 1946 habe es CDU-Kandidaten bei Wahlen gegeben. Kurz nach dem Krieg habe sich unter anderem der Beedenkircher Bürgermeister Wilhelm Roß für die Partei engagiert. Unmittelbar vor der Gründung des Gemeindeverbandes seien es dann hauptsächlich Valentin Winkler, Willi Müller und Josef Löw gewesen.
Da sich die Gemeindevertretungen aus den heutigen Ortsteilen zu spät auf die Modalitäten des von der Landesregierung betriebenen Zusammenschlusses einigten, regierte in der neuen Gemeinde Lautertal zunächst der Staatskommissar Kurt Radke. Im März 1972 durften dann die Bürger eine politische Vertretung wählen. In der ersten Gemeindevertretung saßen zwei Leute von der CDU: Irene Gorka und Erich Sauers Vater Ludwig. Immerhin 9,2 Prozent der Stimmen hatten die Christdemokraten bekommen, die sich die Unterstützung des bürgerlichen Lagers mit der damals mächtigen Freien Wählergemeinschaft (FWGL) teilen mussten. In den Gemeindevorstand wurde Philipp Hannewald entsandt.
Die Beteiligung an den ersten Kommunalwahlen sei sagenhaft gewesen, sagte Erich Sauer. Im Oktober 1972 mussten die Lautertaler wieder abstimmen, weil die Gemeinde im Sommer erweitert worden war. Damals hätten sich 92,5 Prozent der Wähler beteiligt. Die CDU musste etwas Federn lassen und kam nur noch auf 8,7 Prozent. Das war aber keine politische Niederlage, denn bei der Wahl drehten sich die Mehrheitsverhältnisse: Die SPD, die im März noch den Kürzeren gezogen hatte, konnte mit der Bürgervereinigung Lautertal nun eine Mehrhit in der Gemeindevertretung bilden.
Die Folge war, dass der FWGL-Mann Karl Germann mit großem Widerwillen den Platz auf dem Bürgermeister-Stuhl räumen musste. Josef Weitzel von der SPD wurde sein Nachfolger. Für die CDU sei damit eine schwierige Zeit angebrochen, denn in der Folge habe sich die SPD über Jahre hinweg eine absolute Mehrheit in der Gemeindevertretung gesichert, so Erich Sauer. Die Gemeinde habe große Aufgaben beim Ausbau der Infrastruktur vor sich gehabt, gleichzeitig aber wegen der großen Gewerbesteuer-Einnahmen von der Lauterner Chemiefabrik kaum Zuschüsse bekommen.
Wichtiges Thema Wasser
Eines der wichtigsten Themen sei die Sicherung der Trinkwasserversorgung gewesen. Der Bau des Verbundnetzes zwischen den Ortsteilen sei hochumstritten gewesen, erinnert sich Sauer. Bürger aus den wasserreichen Ortsteilen im Osten der Gemeinde hätten es nicht recht eingesehen, warum „unser Wasser“ nun in die Tiefzone gepumpt werden sollte. Die Wasserfrage sei letztlich wahlentscheidend gewesen, als 1981 die CDU mit der FWGL eine Mehrheit in der Gemeindevertretung gegen die SPD errang.
Allerdings markierte die Wahl auch den Beginn der in der Region oft belächelten „Lautertaler Verhältnisse“. Als 1985 die Amtszeit von Bürgermeister Weitzel auslief, hatte der vier Jahre Auseinandersetzungen mit der andersfarbig dominierten Gemeindevertretung hinter sich. Die CDU wählte mit den Freien Wählern Gottfried Beyß zum Verwaltungschef, verlor aber kurz darauf die Kommunalwahl, so dass sich die politischen Auseinandersetzungen mit der umgekehrten Machtverteilung fortsetzen.
1991 wurde Weitzel wieder Bürgermeister, wobei sich bereits interne Spannungen zwischen den Sozialdemokraten und ihrem Spitzenmann bemerkbar machten. Zwei Jahre später verlor die SPD dann wieder die Mehrheit, auch, weil die Grüne Liste in die Gemeindevertretung einzog. Geprägt war diese Wahl vom Streit um den Bau eines Golfplatzes am Hohenstein.
Erst nach der ersten Bürgermeister-Direktwahl 1995, die eine hohe politische Mobilisierung in Lautertal brachte, kehrte Ruhe ein. Wahlsieger war Jürgen Kaltwasser, der 21 Jahre lang die Verwaltung führen sollte.
Es sei also eine „wechselvolle Geschichte“ gewesen, die die CDU in Lautertal erlebt habe, resümierte Erich Sauer. Allerdings sei es beständig bergauf gegangen. Von den einst knapp neun Prozent der Stimmen sind die Christdemokraten 2021 erstmals zur stärksten Fraktion in der Gemeindevertretung geworden. Dies sei auch die Folge der verfehlten Politik von SPD und Grünen in den Jahren vor 2016 gewesen, ist sich Erich Sauer sicher.
„Finanzkrise ist noch nicht vorbei“
Damals habe der Wähler bereits eine erste Quittung ausgestellt für die Finanzkrise und den Drang, auch gegen den Willen der Bürger Windkraftanlagen in der Gemeinde bauen zu wollen. Dass 2021 die Wahl mit ähnlichen Mehrheitsverhältnissen ausgegangen sei, war auch für Erich Sauer überraschend. Offensichtlich hätten die Wähler noch nicht vergessen, wer für die Probleme in Lautertal verantwortlich sei.
Für die CDU sei das ein „Vertrauensbeweis“ gewesen, auch für ihre Anstrengungen bei der Bewältigung der finanziellen Probleme. Dabei seien die Entscheidungen nicht immer leicht gefallen, hauptsächlich bei der Streichung freiwilliger Leistungen für die Bürger. Hier seien die Vorgaben der Kommunalaufsicht aber eindeutig gewesen.
Er sei weiterhin überzeugt davon, dass die Finanzkrise noch nicht vorüber sei, sagte Erich Sauer. Dennoch sei es richtig gewesen, den Grundsteuer-Satz zu Beginn des Jahres von 1050 auf 850 Punkte zu senken. Dass die CDU sich zunächst der vom Gemeindevorstand vorgeschlagenen Senkung auf 950 Punkte widersetzt hatte, um letztlich eine Senkung auf 850 Punkte zuzustimmen, ist für Sauer kein Widerspruch. Zwischen dem Vorschlag des Vorstandes und dem Beschluss der stärkeren Senkung sei bekannt geworden, dass die Gemeinde erneut einen Haushaltsüberschuss verbucht habe. Daher sei die Entlastung der Bürger folgerichtig gewesen.
Sauer sagte, er erwarte nicht, dass die Grundsteuer wieder angehoben werden müsse. Auch in der Zukunft werde die CDU sich für die Interessen der Lautertaler einsetzen. Als aktuelles Beispiel nannte er die marode Brücke im Felsenmeer. Die CDU werde einen Antrag in die Gemeindevertretung einbringen, die Brücke im nächsten Jahr zu erneuern. Das sei ein wichtiges Projekt, bei dem er darauf hoffe, dass die Gemeindevertretung sich einig zeige, so Erich Sauer.
Wichtig sei es auch, bei den Neubaugebieten weiterzukommen. Sauer verhehlte nicht, dass er sich von der Gemeindespitze manchmal mehr Engagement wünscht. Das sei auch wichtig, weil Bauprojekte immer teurer würden. Da sei es wichtig, sich intensiv um Zuschüsse zu bemühen. Das sei umso bedeutsamer, weil die in den 70er Jahren schon wichtige Sicherung der gemeindlichen Infrastruktur immer noch ein großes Thema sei.
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