Heppenheim. In gleichmäßigem Tempo fährt der Traubenvollernter durch die Reihen des Weinbergs in der Lage Paulus. Bernd Schmitt steuert das eindrucksvolle Gefährt, das überall dort eingesetzt werden kann, wo die Reihen der Reben weit genug auseinanderstehen und es keine Steillage gibt.
Kaum hat man sich versehen, ist eine Reihe beidseitig gelesen. Wenige Minuten später kommt durch den engen Hohlweg der Traktor gefahren, der die geernteten Trauben abholt und zur Bergsträßer Winzer eG transportiert. Die Weinlese hat begonnen. Zaghaft noch an den ersten Tagen, aber im Laufe dieser Woche wird es – je nach Wetter – wahrscheinlich hoch hergehen in den Weinbergen Heppenheims und der gesamten Bergstraße.
Für Weinbau Koob ist es „der früheste Lesebeginn in der Geschichte“, wie Christina Lulay (geb. Koob) verkündet. Die Familie ist auch schon eifrig bei der Arbeit. Hier wird noch per Hand gelesen. Die Rebsorten Müller-Thurgau und Dornfelder waren als erste an der Reihe.
Die Winzerin ist mit dem Jahresverlauf bisher zufrieden. „Wassersorgen hatten wir 2025 eher weniger. Es war gut, dass es dann wieder umgeschwungen ist und das sonnige Wetter kam. Von Unwettern sind wir glücklicherweise wieder einmal verschont geblieben – bis jetzt. Qualität und Menge sehen gut aus und lassen uns auf einen guten Herbst und einen tollen Weinjahrgang 2025 hoffen.“ Auf dem Betrieb ist zum ersten Mal die nagelneue Weinkelter im Einsatz.
Bereits am Montag der vergangenen Woche sind die Winzer der Bergsträßer Winzer eG ausgerückt und haben dabei hauptsächlich Trauben der Sorte Solaris für Federweißer gelesen. Jetzt wurden die ersten frühen roten Rebsorten gelesen: Bernd Schmitt erntete in der Lage Paulus die Sorte St. Laurent, anderswo war die frühreife Rotweinsorte Dornfelder an der Reihe. Ab Mitte dieser Woche beginnt die Hauptlese mit der Ernte von Müller-Thurgau und auch schon des ersten Grauburgunders.
Die Winzer erwarten eine „sehr gute Qualität“ der Trauben
„Normalerweise jammert der Winzer ja“, lacht Tobias Breit, Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer der Bergsträßer Winzer eG. „Doch in diesem Jahren freuen sich die Winzer über ein recht entspanntes Jahr.“ Trocken- und Feuchtigkeitsphasen hätten sich abgewechselt, es habe nur wenig Probleme mit Trockenheit gegeben. „Was früher der goldene Oktober war für die Winzer, ist nun durch den Klimawandel der goldene, trockene August und September“, so Breit. Dazu gab es die richtige Menge Regen.
Man erwarte eine „sehr gute Qualität“ der Trauben. Die haben bereits jetzt zu einem sehr frühen Zeitpunkt im Jahr sehr hohe Mostgewichte. Die Trauben seien zudem sehr gesund dank des trockenen Wetters der vergangenen Wochen. „Auch die Menge sieht gut aus. Wir sind zufrieden“, so der Geschäftsführer.
Die Erntehelfer vom Weingut Freiberger planen, noch in dieser Woche mit der Lese zu beginnen, wie Charlotte Freiberger mitteilte. Man müsse aber das Wetter abwarten. Sie freut sich ebenfalls über „kerngesunde Trauben, die in der Reife schon sehr weit sind. Aber sie vertragen auch noch drei Tage Sonne.“ Auch Freibergers erwarten einen „schönen und guten Jahrgang“. Von den Mengen her würde es kein „riesen Herbst, aber auch kein ganz kleiner“.
Das Weingut Amthor hat am Freitagvormittag die ersten Trauben für den Crémant gelesen, wie Patrick Amthor mitteilt. Die Trauben für den Sekt brauchen nicht ganz so viel Mostgewicht. In dieser Woche geht es dann richtig los, wenn das Wetter mitspielt.
In der Woche nach dem Bensheimer Winzerfest möchten die Amthors dann durch sein mit der Lese. Amthor wünscht sich für diese Zeit wenig Regen, dafür mehr Sonne, „aber keine 30 Grad mehr“. Noch sei die Beerenhaut recht hart, so dass die Trauben noch nicht gelitten hätten.
„Jetzt müssen die Leute nur noch mehr Wein trinken“, spricht Tobias Breit ein Problem an, vor dem alle deutschen Winzer stehen: Zum einen ist der Weinkonsum zurückgegangen, zum andern wird immer öfter zu ausländischen Weinen gegriffen. „Das trifft die gesamte Weinbranche, an der Bergstraße sieht es da noch etwas besser aus. In anderen Regionen sind die Keller noch vom letzten Jahr voll. Wir haben auch noch Weine vom Vorjahr, aber lange nicht in dem Ausmaß wie anderswo.“
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/heppenheim_artikel,-heppenheim-weinlese-auftakt-winzer-_arid,2325830.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/heppenheim.html