Heimatgeschichte

Von Mühlen, Müllern und einer Mopszucht

Hermann Müller forscht seit 2012 zur Heppenheimer Mühlengeschichte und hat dazu ein Buch mit über 1000 Seiten verfasst. Und noch immer gibt es Neues zum Thema zu entdecken.

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Hermann Müller ist Schriftführer des Heppenheimer Geschichtsvereins und ausgewiesener Experte für die Mühlengeschichte der Kreisstadt. © Thomas Riedel

Heppenheim. Bei Hermann Müller ist der Name Programm: Seit 2012 forscht er zur Heppenheimer Mühlengeschichte, hat dazu bereits ein Nachschlagewerk mit über 1000 Seiten veröffentlicht: „Mühlenhochburg Heppenheim“. Ursprünglich stammt Müller aus Ramstein in der Pfalz. Als er sich auf die Suche nach den Ursprüngen seiner Familie machte, stieß er auf den Verein pfälzischer Familienforscher: „Da hatte ein Bekannter ein Familienlexikon erstellt, in dem sich auch etliche Mühlen aus Heppenheim fanden. Und großzügig gesehen ist es ja Kurpfalz“, sagt Müller mit einem Schmunzeln.

Als er dann dem Heppenheimer Geschichtsverein beitrat, wollte er etwas Eigenes beitragen. „Erst hieß es, das sei ein Thema, bei dem alles erzählt ist. ,Da braucht sich keiner drum kümmern‘.“ Doch Müller blieb hartnäckig. Es wurde eine Mühlen-AG gegründet, er bekam Zugang zum Stadtarchiv. Ratsprotokolle, Grundbücher, alte Zeitungsjahrgänge – alles wurde durchgeschaut. „Manchmal habe ich in einem ganzen Zeitungsband nur eine kleine Anzeige zu einer Mühle gefunden, die zu verpachten war. Ich habe versucht, alles zu dokumentieren, sonst findet man es nie wieder.“

Dementsprechend gibt es in seinem Buch, das auch ein Müller-Lexikon beinhaltet, 2250 Abbildungen: Außenansichten, Karten und Anzeigen sowie Artikel. „Mir ist der Mensch wichtig, der auf der Mühle gearbeitet hat“, sagt der Hobbyforscher. Mit Mühlen habe sich Ende des 19. Jahrhunderts nicht viel Geld verdienen lassen. Eine Anzeige zur Mopszucht eines Müllers lässt da aufhorchen: „Das war 1892 ein Modehund, mit dem sich Geld verdienen ließ.“ Das Gespür für solche vermeintlichen Kleinigkeiten stamme aus seinem Familienforscher-Ansatz. Dass er zwölf Jahre an seinem Buch arbeiten würde, hatte er sich nicht träumen lassen: „Ich bin kein Historiker, sondern Ingenieur“, sagt Müller. „Aber ich hatte kein Limit.“

Als der wohl aus dem 15. Jahrhundert stammende Mühlgraben am Schlossberg von den Altstadtfreunden saniert werden sollte, fiel die Entscheidung, einen Mühlenrundweg für Heppenheim zu konzipieren. „Der 664 Meter lange Graben war zugeschüttet und überbaut. Er versorgte die Tugersmühle, die Schäfersmühle und die Weihersmühle mit Wasser.“ Die fünf Bäche, die durch Heppenheim fließen, bilden die Grundlage für die 80 nachweisbaren Mühlenstandorte. „Wobei an einem Standort verschiedene Mühlen betrieben wurden, etwa eine Mahlmühle, eine Ölmühle oder ein Sägewerk.“

Ungefährlich war das Müllerhandwerk nie, doch Pulvermühlen wollte niemand neben sich haben: „Deshalb hat man sie außerhalb in Fischweiher gebaut“, erzählt Müller. Bei einer Explosion im Jahr 1743 kam dort der Sohn der Müllers ums Leben. „Und 1768 wurde die kurfürstliche Pulvermühle schon wieder durch eine Explosion zerstört.“

Gut 800 Jahre reicht die Heppenheimer Mühlengeschichte zurück. Die ersten seien vor 1200 schon im Lorscher Codex erwähnt. „Heppenheim war ein größeres Dorf. Doch die Bauern aus dem Ried mussten in der Zeit des Großherzogs an der Bergstraße ihr Korn mahlen lassen.“ Im Ried selbst wurde kaum gemahlen: „Die Weschnitz war zu flach und Windmühlen hielten nicht lange.“

In Heppenheim führten die Bäche nie viel Wasser, aber sie konnten „oberschlächtig“ (von oben) auf das Mühlrad geleitet werden: „So kommt man mit wenig Wasser aus, dafür hatten die schmalen Räder Durchmesser von bis zu zehn Metern.“ Die Grundlage für 62 Wassermühlen war somit gelegt. Insgesamt verzeichnet Müller 130 Mühlen. „Darunter gab es auch eine Dampfmühle in der Lorscher Straße, aber auch eine Tretmühle, die von einem Hund angetrieben wurde.“

Am 15. Oktober Vortrag zu neuen Forschungsergebnissen

Und auch nach über 1000 Seiten sei die Heppenheimer Mühlengeschichte noch nicht auserzählt: „Da gibt es beispielsweise den Bensheimer Junker Franz von Hammerstein, der Anfang des 17. Jahrhunderts in Heppenheim eine Mühle hatte, zu dem ich noch mehr herausfinden möchte.“ Und auch der besagte Pulvermüller Urban Dreyling aus Fischweiher steht noch auf der Liste. Und dann gibt es noch Mühlen, über die Müller fast gar nichts weiß: „Irgendwo an der Niedermühlstraße muss einst eine Mühle gewesen sein. Schon seit 500 Jahren gibt es diesen Flurnamen.“ Das Interessante daran ist, dass sie nicht am Hang errichtet wurde.

Seine neuesten Ergebnisse wird Hermann Müller am 15. Oktober (Mittwoch) bei einem Vortrag ab 19 Uhr im Marstall des Kurmainzer Amtshofs vorstellen. Führungen zum Mühlenrundweg gibt es jeweils beim Mühlentag an Pfingsten, sie können aber auch für Gruppen gebucht werden. thr/ü

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