Lesung - Andrea Sawatzki und Christian Berkel präsentierten in Sankt Peter die Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens

TV-Stars machten Kirche zum "Tatort"

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Nuancenreich lasen Andrea Sawatzki und Christian Berkel in der Kirche Sankt Peter die Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens.

© köppner

Heppenheim. "Eine Weihnachtsgeschichte" von Charles Dickens lasen am Sonntag Andrea Sawatzki und Christian Berkel in der Pfarrkirche Sankt Peter. Der Andrang war groß, der Beifall gewaltig - eine besonders gelungene Einstimmung auf kommende Feiertage.

Wenn die Kirche Sankt Peter ihre Pforten für eine weltliche Veranstaltung öffnet, ist immer mit einem herausragenden kulturellen Ereignis zu rechnen. Das wissen die Bergsträßer, und so hatten Andrea Helm, Managerin der Sparkassenstiftung Starkenburg, und ihr Team für die "Weihnachtsgeschichte" von Charles Dickens, gelesen von Andrea Sawatzki und Christian Berkel, schon kurz zuvor fast alle Eintrittskarten verkauft; einige wenige Tickets lagen für Kurzentschlossene noch an der Abendkasse bereit.

Mittel- und Seitenschiff in der vielfarbig illuminierten Kirche füllten sich am Sonntagnachmittag stetig. Zwei Videowände links und rechts des Hauptaltars sorgen für allseits gute Sicht, und als Helmut Vorschütz seine Sänger vom Jugendchor in den Altarraum geleitete, verstummten die Gespräche und erwartungsvolle Stille breitete sich aus. "Thy Word" und das dynamische Stück "Yakanaka Vangheri" mit der grandiosen jungen Solistin Sabrina Schön forderten den ersten großen Applaus ein - dank der vielgerühmten Akustik klang der fast wie Donnerhall.

Bühnenpräsenz und Charisma

Eine gelungene Einstimmung, auch wenn die Plätze, die alle Zuschauer im Blick hatten, noch frei waren: Vor dem Altar, unter dem großen Adventskranz, auf dem seit dem Morgen das zweite Lichtlein brannte, harrten Tisch und Stühle auf die Hauptpersonen des "literarisch-musikalischen Events", wie Hausherr Thomas Meurer in seiner Begrüßung ankündigte. Als der Beifall verebbte, hatte der Dekan noch ein hübsches Wortspiel in petto. Erinnernd an zwei bekannte TV-Auftritte der Schauspieler - den Part der Frankfurter Hauptkommissarin Charlotte Sänger sowie die Rolle des Ernst Günther Schenck -, sagte er: "Ich hätte mir niemals träumen lassen, dass unser Dom mal ein Tatort wird, liebe Frau Sawatzki - und mit Sicherheit, lieber Herr Berkel, wird es heute kein Untergang."

Beide Darsteller bringen Bühnenpräsenz und gehöriges Charisma mit, sind in Lesungen geübt - Andrea Sawatzki hat als jüngstes Hörbuch gerade Jilliane Hoffman's "Samariter" herausgebracht - und können ihre geschulten Stimmen ausdrucksstark einsetzen. Berkel gibt den Ebenezer Scrooge als grantelnden Geizhals und Misanthrop, knurrig und kurz angebunden, Sawatzki liest unter anderem den Schreiber Bob Cratchit und kann sogar dem Ton der Glocken bei der vierten Wiederholung im Text noch eine Nuance mehr entlocken.

Es macht Freude, den beiden zu lauschen und mit ihnen Scrooge, Jacob Marley und den Geistern der Weihnacht zu folgen. Berührend schilderten die beiden Schauspieler das bescheidene, aber aufrechte Leben des Schreibers und seiner Familie mit dem kleinen, verkrüppelten Tim, machten das Entsetzen seines grimmigen Arbeitgebers und Halsabschneiders deutlich und steigerten die Dramatik, als beim dritten Block ihrer dialogischen Lesung der Geist der künftigen Weihnacht Scrooge die letzte Chance eröffnet, seinem Leben einen Sinn zu geben. Berkel ließ den alten Kauz verschmitzt und mit diebischer Freude seine Läuterung feiern - ein stimmungsvolles Finale, dem die Sopranistin Tanja Rutz-Schwinn mit dem Bette-Midler-Song "From a distance" und einem dahinschmelzenden "White Christmas", im Duett mit Ehemann Jürgen Rutz, einen weiteren Glanzpunkt aufsetzte, den auch die beiden Schauspieler mit Respekt zu würdigen wussten.

Der Auftritt mit den beiden Prominenten beflügelte am Sonntag auch die beteiligten Bergsträßer Chöre. Der Männergesangverein Harmonie aus Brombach-Kröckelbach begeisterte unter der Leitung von Thomas Reisig ebenso wie der Namensvetter aus Heppenheim. Gemischter Chor und New Harmonists hatten mit Dirigent Tobias Freidhof nicht nur den "Weißen Winterwald" geprobt, sondern als Höhepunkt des Auftritts auch eins der schönsten Weihnachtslieder, César Francks "Panis Angelicus", gemeinsam mit der Heppenheimer Sopranistin Tanja Rutz-Schwinn einstudiert. Frenetischer Beifall war der Lohn.

Nach der Veranstaltung scharten sich etliche Fans aus dem Publikum um Andrea Sawatzki, die ihre Bücher, auch die Neuerscheinung "Der Blick fremder Augen", einen Psychothriller, signierte. Draußen, im Festzelt des Fördervereins, hatten die Mitglieder noch eine gute Weile zu tun, schenkten Glühwein, Orangensaft und Prosecco aus und verkauften Snacks. Der Erlös wird gebraucht; denn in der Kirche ist schon wieder ein Gerüst aufgebaut - die Erhaltungsarbeiten nehmen kein Ende. jn

Ein Dankeschön für drei Chöre

Für Andrea Helm, die Managerin der Sparkassenstiftung Starkenburg, war die "Weihnachtsgeschichte" von Charles Dickens ein Höhepunkt im Jubiläumsjahr. Bei der 15. und abschließenden Veranstaltung, dem sechsten Abend des Ehrenamtes am Montag (28.) im Bürgerhaus Mörlenbach mit Aufführung des brandneuen Familienmusicals "Der kleine Prinz" von Deborah Sasson und Jochen Sautter nach Antoine de Saint-Exupérys Welterfolg, wird auch der Gesamtbetrag aus der Jubiläums-Benefizaktion übergeben.

Am Sonntag hatte Andrea Helm zudem eine gute Nachricht für alle drei Chöre, die bei der Lesung mitgewirkt hatten: Wie der Vorstand der Sparkassenstiftung beschlossen hat, erhalten Kinder- und Jugendchor, MGV Harmonie Brombach-Kröckelbach und Harmonie Heppenheim jeweils 500 Euro für die weitere Vereinsarbeit.

Für die drei Dirigenten, Jürgen Rutz und Christian Berkel gab es ein Weinpräsent, Blumen für Tanja Rutz-Schwinn und Andrea Sawatzki, und für die Mädchen und Jungen das Jugendchors - passend zum Nikolaus - ein kleines Dankeschön aus Schokolade. jn

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