Kultur

Stehende Ovationen für zwei Heppenheimer Jung-Schauspieler

Von 
rid/ü
Lesedauer: 
Julia Varycheva in der Rolle der Constance und Lars Gußmann als Musketier Porthos. © Janina Steinbach

Heppenheim/Ludwigshafen. Fast zehn Minuten stehende Ovationen und begeisterte Jubelrufe: Die rund 600 Zuschauer im Ludwigshafener Pfalzbau-Theater feierten am Freitagabend geradezu frenetisch die gelungene Premiere des Musicals „Drei Musketiere“ aus der Feder von Rob und Ferdi Bolland. Hinter dem Publikum liegen über drei Stunden beste Unterhaltung, musikalisch anspruchsvolle Gesangsdarbietungen, spannende Degenkampfszenen, beeindruckendes Schauspiel, tolle Kostüme und ein stimmiges Bühnenbild. Auf die Bühne gebracht haben das Spektakel nicht etwa ausgebildete professionelle Musicaldarsteller, sondern das Junge Ensemble des Theaters im Pfalzbau – Jugendliche und junge Erwachsene aus der Region, die unter der Leitung von Regisseurin Iris Limbarth wirklich Großartiges auf die Beine gestellt haben. Mit dabei auch die beiden 18-jährigen Heppenheimer Julia Varycheva und Lars Gußmann.

Nach jedem Song Szenenapplaus

Die beiden haben großartig performt. Julia verkörperte die Constance, die Geliebte des jungen d´Artagnan, voller Charme. Lars schlüpfte in die Rolle des Musketiers Porthos – samt Fatsuit unter dem Kostüm, um ihn ein wenig pummelig aussehen zu lassen – und sorgte immer wieder für Lacher. Beide begeisterten und beeindruckten mit ihrem Gesang. Nach jedem Song gab es auch für Julia und Lars Szenenapplaus. Und das übrigens nicht nur von Familie und Freunden der Darsteller. Auch andere Theaterbesucher und Abonnenten waren sichtlich mitgerissen.

Köstlich, wie Lars in der Wirtshausszene mit den leichten Mädchen turtelt, großartig die Fechtszenen, ins Ohr gehend das immer wieder kehrende Leitmotiv „Einer für alle“ und all die vielen anderen Songs, die Lars performte. Julia, für die Rolle erblondet, verkörpert Charme, Reinheit und Unschuld der jungen Constance. Schon im Duett mit d´Artagnan – „Alles“ – zeigt sie, wie sehr sie sich im vergangenen halben Jahr weiter entwickelt hat.“ Ganz großes Kino ist ihr Solo „Gott lächelt uns zu“, es sorgt für ebenso viel Gänsehaut wie ihre große Schauspielszene in Gefangenschaft, an deren Ende ihr Tod steht. In der Pause whatsappt Julia: „Es macht Spaß!“ Und genau das merkt man jedem Mitglied des Ensembles jede Sekunde der Vorstellung an.

Nach der Vorstellung ist noch lange nicht Schluss. Familien und Freunde warten geduldig auf ihre Stars. Einer nach dem anderen kommt in Zivil heraus, wird noch einmal gefeiert. Alle sind zu Recht mächtig stolz. Auch Julias Bruder Paul ist voll des Lobes für die kleine Schwester: „Ich habe ja alles erwartet, aber es war noch viel, viel geiler!“

Im Mai wurden die beiden für ihre Rollen gecastet, ab Juli wurde geprobt, in den vergangenen beiden Wochen täglich nach der Schule bis spät in die Nacht hinein. Die zwei haben jede Menge Leidenschaft, Herzblut, Zeit und auch Geld investiert. Es hat sich wahrlich ausgezahlt.

Keine 24 Stunden später ist Julia wieder mitten in der Realität: Die Schülerin des Heppenheimer Starkenburg-Gymnasiums jobbt an der Kasse des Saalbau-Kinos. „Ich bin eigentlich nur müde“, lacht sie. Doch das Erlebte wirkt noch nach. Sie ist begeistert: „Es ist etwas ganz anderes als eine Schulaufführung“, resümiert sie. War sie sehr aufgeregt? „Gar nicht“, sagt sie. Sie habe nur gedacht: „Endlich!“„Am liebsten hätte ich jedes Wochenende so eine Aufführung!“ Doch nach der zweiten Vorstellung am Sonntagabend muss sie jetzt erst einmal bis April warten, bis das Stück wieder aufgeführt wird. Sie freut sich drauf, will auch beim nächsten Stück wieder mit dabei sein – obwohl im kommenden Jahr das Abi ansteht. Einer der drei Musketiere, so erzählt sie, habe in Rheinland Pfalz am Tag vor der Vorstellung sein Mathe-Abi geschrieben. Wenn man will, dann geht alles. ,„Auf der Bühne war ich direkt gut gelaunt und hatte richtig Bock.“

Auch Lars zieht am Tag danach ein positives Resümee: „Es war eine wirklich sehr, sehr geile Vorstellung, es war so toll!“ Er lobt auch das Publikum, das die Schauspieler mit seiner Begeisterung zu Höchstleistungen gepusht habe. Die zwei Wochen vor der Premiere seien anstrengend gewesen, wenig Schlaf, manchmal mehr Kritik als einem lieb war, proben, proben, proben. Aber: „Wenn du dann auf der Bühne stehst, sind alle Zweifel weg, man freut sich so, dass man mit gemacht hat, genießt den Applaus und weiß, wofür man so viel Zeit investiert hat.“

Ein Besuch des Musicals lohnt auf alle Fälle, nicht nur wegen der beiden Heppenheimer. Man kann dort viele außerordentliche Talente bewundern. rid/ü

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger

Thema : Festspiele Heppenheim

  • Bergstraße Festspiel-Start in Heppenheim und Worms

    Im Kurmainzer Amtshof der Bergsträßer Kreisstadt läuft die erste Saison unter neuer Leitung, am Wormser Dom ist ein gänzlich neues Stück zu sehen.

    Mehr erfahren
  • Heppenheim Weicher sitzen und besser sehen bei den Heppenheimer Festspielen

    Fliegender Wechsel im Amtshof. Noch hängt die Fahne des am Sonntag beendeten Weinmarkts über der großen Bühne, da sind schon die Veranstaltungs- und Lichttechniker für das nächste große Ereignis am Werk. Die gemeinnützige „Theaterlust“-GmbH übernimmt die Regie mit ersten Vorbereitungen für das Bühnenbild, das ab diesem Mittwoch aufgebaut wird. In wenigen Tagen beginnen die Heppenheimer Festspiele: Die Premiere von Carl Zuckmayers „Der fröhliche Weinberg“ markiert am 15. Juli nach zweijähriger Corona-Pause den Neubeginn des traditionsreichen, 1974 von Hans Richter begründeten Freiluft-Theaters. {element} Die Schauspielerin und Regisseurin Iris Stromberger hat die Intendanz übernommen, jetzt steht sie zum ersten Mal auf der Bühne, die bis Ende August der Mittelpunkt ihres Theaterlebens sein wird. Ihr Mann Ingo Schöpp-Stromberger, Geschäftsführer und Bühnenbildner der Festspiele, schaut unterdessen auf dem Pflaster nach den Markierungen fürs Podest im hinteren Teil des Hofes. Weil das Gelände abfällt, werden die Sitzplätze erhöht, damit die gute Sicht gewährleistet ist. Neues Mobiliar und neue Polster {furtherread} Und auch in die Bequemlichkeit für die Gäste wird einiges investiert. Die Stadt hat neues Mobiliar angeschafft, vierzig Tische, achtzig Bänke, zusätzlich Stühle, allesamt ausgestattet mit Rückenlehnen. Denn der Festspielbesuch konnte früher zur Strapaze werden, altgediente Theaterfreunde erinnern sich an die harten Biertisch-Garnituren. Auch Andrea Helm, Stiftungsmanagerin der Sparkassenstiftung Starkenburg, hat solche Abende erlebt, „es war doch immer eine Herausforderung“, seufzt sie. Umso erfreuter stellte sie eine Anschaffung vor, die am Dienstag der Stadt von der Stiftung als Dauerleihgabe übergeben wurde: Polster für Bänke und Stühle, maßgeschneidert für das Amtshof-Mobiliar, abwaschbar, wetterfest und mit praktischen Klettbändern zu befestigen. Bei der Auswahl der grauen Farbe hat die Intendantin ein Wörtchen mitgeredet, sieht ja auch sehr schick aus zum Weiß der Bänke, und Iris Stromberger verspricht Tischdecken und Blumen-Deko. Sie will die Menschen aus ihren bequemen Fernsehsesseln wieder ins Live-Theater locken, und dann sollen sie es auch schön haben. „Die Festspiele bekommen einen anderen Charakter“, sagt Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU), und er meint nicht nur den Anblick im Theaterhof, sondern auch die enge und offenkundig sehr gute Zusammenarbeit der Betreibergesellschaft mit der Stadt. Dass die Zuschauer in diesem Sommer unter freiem Himmel sitzen, sei angesichts wieder steigender Corona-Zahlen eine gute Sache. Für die kommenden Jahre, ergänzt Schöpp-Stromberger, solle es aber wieder einen Regenschutz geben. Premiere fast ausverkauft Neben den Polstern, die von der Stadt auch für andere Veranstaltungen genutzt werden können, spendet die Stiftung den Festspielen 20 000 Euro. „Gelebte Kulturförderung“, die sowohl bei der Sparkasse als auch bei deren Stiftung selbstverständlich sei, sagt Helm. Allmählich zieht auch der Vorverkauf an, für die erste Premiere gibt es nur noch vereinzelt Karten, an allen Abenden lohnt es, an der Abendkasse nachzufragen. In den kommenden Tagen wird der Hof sein Gesicht verändern. An der Seite wird sich die Herrmann Gastro Gruppe aus Lampertheim einrichten, die außer Wein der Bergsträßer Winzer eG und Odenwaldquelle-Wasser auch kleine Speisen anbietet. Nicht nur der weiche Sitz, auch die Bewirtung markiert die Abkehr vom sehr rustikalen Charme, der dieses Festival früher auszeichnete. Dann geht es Schlag auf Schlag, die Endproben zum „Fröhlichen Weinberg“ sind schon auf der Amtshof-Bühne angesetzt, und nach dem ersten Wochenende muss rasch umgeräumt werden, damit die bereits fertig einstudierte zweite Produktion „Cash!“ am 22. Juli folgen kann. Die Wartezeit darauf verkürzt von 19. bis 21. Juli an drei Abenden der Schauspieler Walter Renneisen – mit zwei Programmen seines Dauerbrenners „Deutschland, deine Hessen“, dazwischen moderiert er mit eigenen Erinnerungen den Abend „Als der Jazz in Deutschland laufen lernte“, zu dem Sigi’s Jazz Men musizieren. Dann wird im Wochenturnus zwischen rheinhessischem Volksstück und britischer Farce gewechselt. In beiden Komödien hat Iris Stromberger als Regisseurin ihren Ensembles nicht nur Präzision, sondern auch Tempo verordnet. Den „Weinberg“ will sie in rekordverdächtigen neunzig Minuten plus Pause auf die Bühne bringen. Die Regisseurin verspricht: „Wir sind flott unterwegs.“ job/ü

    Mehr erfahren
  • Bergstraße Die Proben von „Cash“ machen Lust auf die Festspiel-Premiere im Amtshof

    In rund sechs Wochen – am 15. Juli zunächst mit Zuckmayers „fröhlichem Weinberg“ und ab 22. Juli mit „Cash“ – hebt sich nach zwei Jahren Corona-Pause wieder der Vorhang in Heppenheim.

    Mehr erfahren

Thema : Bürgermeisterwahl Heppenheim