Umstrittene Personalie - SPD sieht Vetternwirtschaft und Parteiprotektionismus im Landratsamt

MdL Norbert Schmitt ätzt gegen "Gschpusi-Politik" beim Kreis

Von 
Karl-Heinz Schlitt
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Bergstrasse. Noch 106 Tage bis zur Kommunalwahl: Klar, dass da der Ton rauer und die Nachrichtenlage delikater wird. Bei der gestrigen Jahresabschluss-Pressekonferenz der Kreis-SPD reichte der Blick bis in die Schlafzimmer von Politikern.

Nicht jeder aus der sozialdemokratischen Führungscrew fühlte sich wohl dabei. Der Landtagsabgeordnete Norbert Schmitt allerdings giftete: "Mir reicht's jetzt." Auf die Palme gebracht hat ihn eine - wie er es nannte - "Gschpusi-Politik" bei einer Personalentscheidung im Heppenheimer Landratsamt. Dort wurde zum 1. Dezember Diana Stolz als Nachfolgerin des Leiters der Personalabteilung, Klaus Ahlheim. Er tritt zum Jahresende in den Ruhestand.

Über Abordnung zum Spitzenjob

Die 34 Jahre alte Juristin aus Idstein im Taunus gehörte bis vor kurzem als persönliche Referentin zum inneren Zirkel der inzwischen aus der Landesregierung ausgeschiedenen hessischen Sozialministerin Silke Lautenschläger. Hinter der "Abordnung" der Landesbeamtin an die Bergstraße wittert Sozialdemokrat Schmitt "Parteibuchwirtschaft" - und nicht nur das. Stein des Anstoßes ist für ihn auch die private Verbindung von Stolz mit einem bekannten Bergsträßer Kommunalpolitiker.

Ein doppeltes Geschmäckle

Das eine muss nichts mit dem anderen zu tun haben. Doch es bleibt ein Geschmäckle. Das gilt allerdings auch für den öffentlichen Umgang mit dem heiklen Thema. Nachdem er sich erst einmal in Rage geredet hatte, kommentierte Schmitt auch gleich noch süffisant die Partnerschaft der ehemaligen Stolz-Chefin Lautenschläger mit dem ebenfalls ausgeschiedenen Regierungssprecher Dirk Metz.

Dass man in politischen Stilfragen unterschiedlicher Meinung sein kann, ließ sich unschwer an den Gesichtern der Teilnehmer an der Pressekonferenz ablesen. Vor allem der Bundestagsabgeordneten und SPD-Unterbezirksvorsitzenden Christine Lambrecht war es erkennbar unbehaglich bei Schmitts Schielen durchs private Schlüsselloch.

Pensionär als Chef

In der politischen Bewertung der Personalie Stolz war sich die SPD-Runde aber wieder einig. Eine Frau "ohne jegliche Personalerfahrung" mit der Personalleitung für 1100 Mitarbeiter zu betrauen, hält nicht nur Norbert Schmitt für "tolldreist". Zumal auch noch "getrickst" und mit dem Instrument der "Abordnung" von einer Landesbehörde ans Landratsamt die bei der Neubesetzung von Stellen übliche Ausschreibung umgangen worden sei. Dies ist nicht zum ersten Mal passiert: Der Referent des Ersten Kreisbeigeordneten Thomas Metz kam nach dessen Amtsantritt mit einem vergleichbaren Vorgehen auf seinen Posten.

Die SPD-Spitzenkandidatin für die Kreistagswahl, Katrin Hechler, vermisst einen Personalentwicklungsplan und hegt den "Verdacht der Vetternwirtschaft". Ob bei der Öffentlichkeitsarbeit, im Bürgerservice oder im Tourismusbüro: Überall werde Personal aufgebaut oder "geparkt". Im "Haus der Gesundheit" stehe ein Veterinärmediziner an der Spitze und ihm mit dem ehemaligen Amtsleiter Dr. Manfred Zolg ein Pensionär zur Seite, kritisiert Hechler.

"Jeden Tag eine Skandalblase"

Dass die SPD den Wahlkampf mit harten Bandagen zu führen gedenkt, zeigte sich auch an anderer Stelle. Beim neuen Ministerpräsidenten Volker Bouffier vermisst der Landtagsabgeordnete Schmitt jeglichen Gestaltungswillen: "Stattdessen sticht man bei ihm jeden Tag in eine neue Skandalblase", lästert der Polit-Haudegen aus Heppenheim.

Im Landtag kommt es zum Schwur

Seit Mitte des Jahres gehört er Personalkommission des Landes an. Finanz- und atompolitischer Sprecher ist er schon länger. Als solcher lässt er nicht nur an der Laufzeitverlängerung für das Kernkraftwerk Biblis kein gutes Haar. Empörend findet er auch, dass das Land den Kommunen "jährlich 344 Millionen Euro wegnimmt". Dem Kreis fehlen dadurch 5,5 Millionen in der Kasse. Die SPD will darüber im Landtag namentlich abstimmen lassen und die beiden CDU-Abgeordneten von der Bergstraße zum Schwure bringen.

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