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Lesespaß für Kinder in Heppenheim

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tfk/ü
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Uschi Herberg mit Lesekisten-Rabe Fridolin und dem Kinderbuch „Das große Knuddeln”. © Krappmann

Heppenheim. Was heute gelesen wird? „Ein grünes Buch”, verrät Uschi Herberg den neugierigen Kindern. Die gucken schon einmal, ob sie das Titelbild erkennen. Viele Tiere sind darauf zu sehen, Bär, Tiger, Schlange und Tapir. Aber nein, „Das große Knuddeln” hat noch keines vorgelesen bekommen.

Für die Premiere mit Lesekiste-Plüsch-Raben Fridolin kuscheln sich die kleinen Zuhörer in die roten Sitzkissen, von wo aus sie direkt ins bunt bebilderte Buch spähen können. Wer sich noch nicht traut, darf aber auch bei Papa oder Mama auf dem Schoß bleiben und muss dann eben den Hals strecken, um zu sehen, welche neuen Tiere aufgetaucht sind. Die Mutigeren raten laut mit und dürfen auch abwechselnd die Seiten umblättern.

Kinder machen auch selbst mit

Einmal im Monat lädt die Katholische Öffentliche Bücherei (KÖB) St. Peter Heppenheim im Marienhaus Kinder ab drei Jahre die Lesekiste. Die jungen Zuhörer und ihre Eltern lassen sich erst auf Lesereise mitnehmen, wobei eben nicht nur zugehört, sondern aktiv mitgemacht wird. Danach wird noch gebastelt, gemalt oder gespielt. Diesmal falten die Kinder zusammen mit Herberg ein buntes Lesezeichen mit Kulleraugen, das auf die Ecke des Buchs gesetzt werden kann.

Seit knapp einem Jahrzehnt gibt es das Vorleseangebot der KÖB, und Uschi Herberg war fast von Anfang an dabei. Der Einladung folgen in der Regel Eltern mit Kindern im Vorschulalter, ungefähr bis sechs Jahre. Bei Weitem nicht alle kommen aus Heppenheim: „Wir hatten zum Beispiel auch schon Kinder aus Lorsch dabei.” Die Großeltern hatten aus der Zeitung von der Lesekiste erfahren. Gelesen werden Bücher „ zu Themen, die die Kinder betreffen, die aus ihrem eigenen Alltag kommen”, schildert Herberg.

„Das große Knuddeln” zum Beispiel handelt von Nashorn Theo, das eines Morgens furchtbar niedergeschlagen ist. Die anderen Tiere wollen ihm unbedingt helfen. Aber was kann man machen, wenn sich ein Freund schlecht fühlt? Die Tiere finden einen Weg, und die Kinder sind gespannt mit dabei.

Geschichten und Gedichte

Damit das Buch auch zum Alter passt, sucht Herberg vorher oft mehrere aus und entscheidet dann nach dem Alter der Kinder, die zur Lesekiste gekommen sind. Wie viele Angebote, die aufs Zwischenmenschliche setzten, hatte freilich auch dieses unter Corona zu leiden.

Erst einmal ging gar nichts mehr, später wurde nach Möglichkeit im Freien oder mit Maske gelesen. Aber mit Kindern lesen, ohne dass die Mimik zu sehen ist – das klappt nur in Grenzen. „Das war schon hart. Aber es macht trotzdem Sinn, denn jedes Kind ist es wert”, findet Herberg. Dieses Jahr nun kann endlich wieder ohne Einschränkungen vorgelesen werden. Die Zuhörer aus der Zeit vor der Pandemie sind dem Angebot mittlerweile entwachsen. Nun gilt es, von den Jüngeren neu entdeckt zu werden.

Aber nicht nur Nachwuchslesern macht die KÖB ein verlockendes Angebot. Auch für Senioren wird gelesen – mit dem Unterschied, dass sie nicht in die Bücherei kommen müssen, sondern besucht werden. Seit vergangenen November kommen Vorleserinnen ins Haus Johannes in Heppenheim und St. Elisabeth in Bensheim. Mit dabei ist Sabine Schmidtmeyer. Alle zwei Monate wird derzeit vorgelesen.

„Wenn es nach den Bewohnern geht, dann dürfte es aber häufiger sein”, berichtet sie. Ins Vorlese-Repertoire gehören Geschichten und Gedichte, die gerne zur Saison passen dürfen, sowie Mitsprech-Gedichte, bei denen die Zuhörer gemeinsam die Reimwörter ergänzen. „Zu unserer großen Überraschung funktioniert das auch bei Demenzkranken sehr gut”, berichtet Schmidtmeyer. Weil nicht nur das Gehör, sondern alle Sinne angesprochen werden sollen, war beim letzten Termin auch ein Frühlingskorb mit Blumen und Weidenkätzchen dabei. Manchmal würden Senioren sich auch zu Wort melden und selbst auswendig ein Gedicht beisteuern. Und wenn die letzte Zeile gelesen ist, dann ist der Besuch längst nicht beendet. Die Vorleserinnen nehmen sich noch eine halbe Stunde Zeit für Gespräche. „Das gefällt allen Beteiligten”, beteuert Schmidtmeyer: Auch für die Leserinnen seien diese Gespräche sehr bereichernd.

Der Lesestoff für die Senioren wird mit ganz ähnlichen Gedanken gewählt wie der für die Kinder: „Wichtig ist, etwas zu nehmen, was sie kennen, zum Beispiel etwas aus ihrer Vergangenheit.” Im Zentrum der letzten Geschichte stand etwa ein verschwundenes Kochrezept, dessen besonderer Wert darin liegt, dass die Mutter es vor langer Zeit von Hand und in Sütterlin notiert hatte.

Dass die Senioren besucht werden hat nicht zuletzt damit zu tun, dass mancher Heimbewohner nicht mehr selbst in der Bücherei stöbern kann – auch deshalb, weil die nicht barrierefrei ist. Die Kinder aus der Lesekiste schauen dagegen zum Abschluss durch die Regale und nehmen sich das ein oder andere Buch mit nach Hause. tfk/ü

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