Umwelt

Hirschkäfer in der Heppenheimer Weststadt hoffen auf Hilfe

Harry Niemann hat in seinem Garten in der Karl-Marx-Straße etwa zehn Hirschkäfer entdeckt, inklusive Larven. Die Tiere stehen auf der Roten Liste und sind besonders geschützt.

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jr/ü
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Harry Niemann in seinem Garten an der Karl-Marx-Straße. Unter den Zierkirschenbäumchen hat er die Larven entdeckt. © Jürgen Reinhardt

Heppenheim. Wirklich bedroht gefühlt hat Harry Niemann sich nicht. Aber ein bisschen unheimlich waren ihm die riesigen Insekten zunächst schon, die in den Abendstunden über seinem Garten in der Karl-Marx-Straße kreisten. Aufgefallen waren sie ihm schon im letzten Sommer, so richtig beschäftigen sie ihn aber erst in diesem: Die Hirschkäfer, von denen sich etwa zehn ausgewachsene Exemplare auf seinem Grundstück im Villenviertel westlich der B3 heimisch fühlen.

Niemann befürchtet nämlich, dass die auf der Roten Liste stehenden Tierchen vor Ort kaum Überlebenschancen haben – weil die Käferweibchen dazu neigen, die nur wenige Meter entfernte Straße krabbelnd zu überqueren, und dabei unter die Räder kommen können. Vor allem die des Stadtbusses, der im Viertelstundentakt das Grundstück passiert.

Geweih als Charakteristik der Käfer

Das Wort „Todeskorridor“, das der 39-Jährige in diesem Zusammenhang wählt, klingt vielleicht ein bisschen übertrieben – aber die Straße ist tatsächlich gut frequentiert (das Freibad ist nur wenige Meter entfernt) und meist von vorne bis hinten zugeparkt. Auch ohne Stadtbus also schlechte Karten für die Käfer, die zu den größten Europas gehören, und deren namengebende Charakteristik aus einer Art Geweih resultiert, die die Köpfe der männlichen Exemplare ziert.

Hierbei handelt es sich um Mandibeln, spezialisierte Mundwerkzeuge, die bei den Hirschkäfern vornehmlich dazu benutzt werden, um sich gegen Konkurrenten durchsetzen zu können. Weibchen haben deutlich kleinere Mandibeln, können aber, wenn sie sich bedroht fühlen, auch kräftig zwicken.

Niemann hat im Erdreich unter einer jungen Zierkirsche in seinem Garten auch mehrere Käferlarven entdeckt, was darauf hindeutet, dass sich hier eine fortpflanzungsfähige Population der Käfer befindet. Die Larven – die nach der Paarung aus den etwa 20 bis zu 75 Zentimeter tief im Boden abgelegten Eiern entstehen – sind wie die Käfer beeindruckend groß; vor der letzten Häutung können sie mehr als elf Zentimeter lang werden.

Der junge Heppenheimer, der von Nachbar Oliver Saur unterstützt wird, hofft jetzt, dass sich zumindest in der Zeit, in der die Hirschkäfer schwärmen – das ist von Juni und bis August der Fall – eine Möglichkeit findet, den Stadtbus (Linie 679) über eine andere Strecke zu führen.

BUND und Grüne signalisieren Unterstützung

Nach Paragraf 44 des Bundesnaturschutzgesetzes, so Niemann, aber auch FFH-Richtlinie stünden die Hirschkäfer unter besonderem Schutz, eine Störung der Tiere sei deshalb verboten. Was in einem dicht bebauten Viertel wie dem an der Karl-Marx-Straße nicht einfach umzusetzen sein dürfte. Der junge Heppenheimer hat sich trotzdem an Stadt, Untere Naturschutzbehörde, Naturschutzbund, BUND sowie das HLNUG (Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie) gewandt und angeregt, „eine temporäre Umleitung, Geschwindigkeitsbegrenzung oder wenigstens die Aufstellung von Warnschildern zu prüfen.“

Das ist allerdings noch nicht lange her, und deshalb kann er auch noch nicht von weiterführenden Antworten berichten. Immerhin haben ihm sowohl Heppenheims Grüne als auch die Ortsgruppe des BUND Unterstützung signalisiert. Mit dem Gang an die Öffentlichkeit möchte er darüber hinaus die Aufmerksamkeit auf das Problem lenken und seinen Teil dazu beitragen, dass „die kleinen Berühmtheiten in meinem Garten“ auch im nächsten Jahr noch von hier ausschwärmen und sich fortpflanzen können.

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