Heppenheim. Heppenheims Stadtrat Helmut Bechtel (73) tritt aus der SPD aus. „Diese Entscheidung habe ich nicht kurzfristig gefasst. Schon viele Monate hadere ich mit der einstigen Volkspartei“, schreibt er in seiner Begründung.
Der SPD-Ortsverein wurde von der Nachricht überrascht. „Schade, schade“: So reagierte Ortsvereinsvorsitzender Norbert Schmitt. Offenbar war es nicht nur die Unzufriedenheit mit der Rolle, die die SPD in der Bundesregierung spielt, die Bechtel dazu bewog, sein Parteibuch zurückzugeben. Er kritisiert auch den Ortsverein.
Bechtel erinnert daran, dass er 1990 in die SPD eingetreten ist. „Geworben hat mich Jochen Struwe, lange Fraktionsvorsitzender und mein Nachbar“, schreibt der Stadtrat. Er erinnert auch an die Erfolge, die er mit der SPD in der Heppenheimer Kommunalpolitik gefeiert hat, so an die Bürgermeisterwahl 2006, die der Sozialdemokrat Gerhard Herbert gewann. Mit Herbert ist Bechtel bis heute ebenso befreundet wie mit Schmitt.
Enttäuscht war Bechtel von Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Als SPD-Spitzenkandidatin hatte sie schon vor der Landtagswahl 2023 erklärt, im Fall einer Niederlage in Berlin zu bleiben. „Eine taktisch unkluge Aussage“, wie Bechtel meint.
Wut über Zögern des Bundeskanzlers
Er kritisiert auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Kanzler Olaf Scholz. „Der Bundeskanzler brachte mich mit seinem ständigen Zögern in Wut, besonders in Bezug auf den Ukrainekrieg.“
Das Verhalten des SPD-Vorstandes in Heppenheim habe das Fass zum Überlaufen gebracht. Mit Blick auf die Kommunalwahl 2026 wollte Bechtel wissen, ob er erneut für den Magistrat oder für die Stadtverordnetenversammlung nominiert wird. Er ärgert sich, weil er darauf keine Antwort erhalten hat.
Ortsvereinsvorsitzender weist die Vorwürfe zurück
Er ist seit 1997 kommunalpolitisch aktiv. Zunächst war er Stadtverordneter, ab 2000 ein Jahr lang ehrenamtlicher Stadtrat, bis er 2006 erneut in den Magistrat gewählt wurde. Diesem Verwaltungsgremium gehört er bis heute an, und dieses Ehrenamt will er auch nach dem Parteiaustritt bis zum Ende der Wahlperiode behalten. „Ich hätte gerne noch einige Jahre drangehängt“, sagt er. In der Öffentlichkeit ist Bechtel seit 20 Jahren vor allem als Behindertenbeauftragter bekannt. Für seine Verdienste wurde er 2002 mit dem Ehrenbrief des Landes Hessen ausgezeichnet.
SPD-Ortsvereinsvorsitzender Schmitt bedauert Bechtels Entscheidung. Dessen Vorwürfe weist er zurück. Innerhalb des Ortsvereins sei bekannt, dass sich die Partei erst nach der Bundestagswahl am 23. Februar auf den Kommunalwahlkampf konzentriert. „Lasst uns das alles rechtzeitig klären, aber nicht zu früh“, so sei in einer Klausurtagung der Zeitplan festgelegt worden. Allein deshalb könne niemandem eine Zu- oder Absage erteilt werden.
Ortsvereinsvorsitzender bedauert die Entscheidung
Nach der Klausur seien zwar Arbeitsgruppen gebildet worden, die sich mit dem Wahlprogramm und der Organisation befassen. Die AG, in der Personalfragen geklärt werden, solle im März oder April die Arbeit aufnehmen, sagte Schmitt.
Das Bedauern des SPD-Ortsvereinsvorsitzenden und früheren Landtagsabgeordneten klingt überzeugend. Schmitt weiß, wie wertvoll sein Freund Bechtel für die SPD war und erwähnte die Art und Weise, wie er das Amt des Behindertenbeauftragten ausübt. „Eine ganz tolle Arbeit“, sagt Schmitt.
Ein schwacher Trost für die Heppenheimer Sozialdemokraten: Dem Austritt von Bechtel stehen zwei Eintritte gegenüber. ai/ü
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