Natur - Die Schlingnatter erwürgt wie die größeren Verwandten ihre Beute / Oft Verwechslung mit der Kreuzotter

Die Zwergboa vom Schlossberg

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Brauntöne überwiegen bei der Schlingnatter. Die Flecken auf dem Rücken können jedoch ausgeprägter sein, dem Zickzackband der Kreuzottern ähneln und so zu Verwechslungen führen. Die Kreuzotter kommt aber im Kreis Bergstraße nicht vor.

© Winter/BUND Bergstraße/oh

Heppenheim. Heppenheim zeichnet sich durch eine Vielfalt von Biotopen aus - Steinbrüche, Weinberge, Gewässer, Wiesen und Laubmischwälder bilden eine abwechslungsreiche Landschaft. Das Stadtgebiet erstreckt sich über Teile von Odenwald, Bergstraße und Ried. Dieser Abwechslungsreichtum erfreut nicht nur die Menschen, sondern bietet auch Lebensräume für seltene Tierarten.

Die harmlose Schlingnatter hat es schwer mit den Menschen. Oft wird sie mit der giftigen Kreuzotter verwechselt und mitunter sogar aus lauter Angst erschlagen, obwohl alle Schlangenarten in Deutschland unter Naturschutz stehen und nicht gestört und schon gar nicht getötet werden dürfen. Beide Schlangenarten können sich in der Färbung ähneln und ähnlich groß werden, wobei die Kreuzotter etwas kleiner bleibt als die 60 bis 80 Zentimeter lange Natter.

Kreuzottern sind kleiner

Die Schlingnatter hat einen bräunlichen Körper und einen dunklen Streifen, der von der Schnauze über das Auge zum Nacken hin ausläuft. Die dunklen Flecken auf dem Rücken können manchmal etwas ineinanderfließen, so dass sie dem charakteristischen Zickzackband der Kreuzottern durchaus ähneln können.

Die Grundfärbung der Kreuzotter ist zudem sehr variabel - neben Grautönen kommen auch Brauntöne oder Schwarztöne vor. Sicher unterscheidbar sind sie bei einem Blick in die Augen: Die Natter hat runde Pupillen, die giftige Viper schlitzförmige. Doch so nah kommt man selten an die Tiere heran. Dennoch muss im Kreis Bergstraße niemand befürchten, einer Kreuzotter zu begegnen, wie Günther Hagemeister, Vorsitzender des Naturschutzbunds (Nabu) Heppenheim betont: Giftschlangen kommen in der Region schlichtweg nicht vor.

Im Gegensatz zur Schlingnatter bevorzuge die Kreuzotter kühlere Temperaturen. In Hessen komme sie lediglich in den höheren Lagen des Spessarts und im östlichen Bergland in der Rhön vor. "Bei uns muss kein Mensch Angst haben, einer Kreuzotter zu begegnen", sagt Hagemeister.

Die Furcht vor Schlangen

Die Furcht vor Schlangen scheint jedoch so tief verwurzelt zu sein, dass die Tiere in manchen Schilderungen von Zeugen schnell gigantische Ausmaße annehmen. Wenn sie dann von Schlangen mit zwei Meter Länge hören, denken die Naturschützer eher an eine ausgesetzte exotische Schlange. Vor Ort entpuppt sich die Riesenschlange dann oft als zierliche Schlingnatter.

Wie die großen exotischen Verwandten ist die Schlingnatter eine Würgeschlange, die ihre Beute umschlingt, erstickt und dann im Ganzen herunterschlingt. Bevorzugte Beute der "Zwergboa" sind Eidechsen, Blindschleichen und Mäuse. Aber auch Insekten und sogar Regenwürmer sind nicht vor ihr sicher.

Wird sie erschreckt, zischt die Schlange, rollt sich zusammen und stößt mit dem Kopf zu. Sie kann auch beißen, wenn man versucht, sie anzufassen, doch die feinen spitzen Zähnchen hinterlassen bei Menschen kaum Schaden.

Als letzte Abwehrstrategie stößt sie aus Analdrüsen ein übelriechendes, aber ungiftiges Sekret aus. Marder, Greifvögel, Eulen, Fuchs und Dachs, Igel und sogar Wildschweine lassen sich davon nicht abschrecken und haben die Natter ihrerseits auf dem Speisezettel. Außerdem müssen sich die Jungtiere auch vor den Erwachsenen der eigenen Art in acht nehmen, die die Kleinen zum Fressen gern haben.

Coronella austriaca - so der lateinische Name der Schlingnatter - bevorzugt warme, kleinteilig strukturierte Lebensräume - Biotope mit Trockenmauern, Feldrainen, Findlingen oder sonnenbeschienene Hohlwege, wie Hagemeister erläutert.

In Heppenheim komme die Schlingnatter an den Bergstraßenhängen vor, mit Schwerpunkten am Schlossberg, den Südhängen in Hambach und am Maiberg sowie in sonnenexponierten Lagen ehemaliger Sand- und Steinbrüche in den Stadtteilen, so der Nabu-Vorsitzende. Am Schlossberg ist sie bei warmem Wetter zwischen den Steinen der Trockenmauern und in den neuen Gabionen zu finden. Sie ernähre sich wohl bevorzugt von den ebenfalls seltenen und geschützten Mauereidechsen. In der Vorstadt berichteten viele Anwohner von Schlingnattern in den Gärten hinter den Häusern, sagt Hagemeister.

In den Wingerten selten geworden

Mitglied Georg Müller aus der Siegfriedstraße trage die Jungschlangen immer hoch zum Schlossberg, damit sie auf der B 460 nicht überfahren werden. Auch aus Kirschhausen gebe es Berichte von Schlangenfreunden über sich sonnende Schlingnattern in den Gärten. Rar gemacht habe sich die Schlange mittlerweile in den Weinbergslagen Heppenheimer Stemmler und Eckweg. Dort fehlten mittlerweile kleinstrukturierte Landschaften mit Mauern und Feldrainen. Auch die Eidechsen als Lieblingsnahrung seien überall zurückgegangen.

Eher ungewöhnlich für Schlangen ist, dass die Weibchen keine Eier ablegen, sondern gegen Ende des Sommers nach vier Monaten Tragzeit bis zu 15 voll ausgebildete Jungschlangen auf die Welt bringen. Die Eier entwickeln sich vollständig im Leib der Mutter. Bei der Geburt reißen die Eihäute, so dass die fertigen Jungschlangen schlüpfen. Ruppig geht es bei der Paarung zu: Im Kampf um die Weibchen können sich die Männchen gegenseitig verletzen. Auch die Weibchen bekommen beim Liebesspiel Bisse ab. mam

Steckbrief: Schlingnatter

Name: Schlingnatter (Coronella austriaca), auch Glattnatter genannt. "Coronella" (Krönchen) beschreibt die Zeichnung auf dem Hinterkopf, "austriaca" geht auf die erste Beschreibung in Österreich zurück.

Verwandtschaft: Gattung Glattnattern, Familie Nattern, Unterordnung Schlangen.

Vorkommen: Europa und Westasien bis in den Iran, in Deutschland Schwerpunkt in Weinbauregionen im Süden, im Norden in Heide und Hochmoor.

Größe: 60 bis 80 Zentimeter

Alter: 10 bis 15 Jahre

Entwicklung: Die Weibchen bringen nach vier Monaten Tragezeit im Spätsommer vier bis 15 voll ausgebildete Jungschlangen auf die Welt.

Gefährdung: Gefährdet. mam

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