Eigentlich heißt er Hans-Joachim Ritter. Doch bekannt ist der Mann, der seit fast 30 Jahren die Gebäude des früheren "Welker-Komplexes" als Hausmeister betreut und eine Firma für Gebäudereinigung betreibt, als "Achim". Heute wird er 70 Jahre alt.
Achim Ritter wurde 1944 in Jena geboren und wuchs im Nachkriegs-Frankfurt (sein Vater war Sachsenhäuser) mit vier Geschwistern auf. Nach der Trennung der Eltern ging es mit der Mutter noch vor Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nach Jena zurück.
Erster Ausreiseantrag 1976
Seinen ersten aussichtslosen Ausreiseantrag stellte Ritter 1976. "Wir kamen mit dem System nicht zurecht", sagt Ritter und meint damit die ständige Überwachung. Um dieser Situation zu entkommen, hatte sich der gelernte Kranführer mit seiner Familie den Sommer über auf ein Gartengrundstück zurückgezogen. Acht Anträge stellte er in Folge, bis der Entschluss, mit Freunden zu demonstrieren, gereift war. Mehrere Wochen stellten sie sich zu einem Demonstrationskreis in Jena auf den Marktplatz. Um einer Verhaftung zu entgehen, hielten sie keinerlei Transparente hoch. Immer wieder wurden sie von der Stasi auseinander getrieben, bis letztendlich ein Student mit einer Petition zur Ständigen Vertretung nach Ostberlin geschickt wurde. Ein Foto der Demonstrierenden kam in den Westdeutschen Nachrichten, und Franz Alt berichtete in der Sendung "Report".
Seit 1984 in Heppenheim
Am 3. August 1983 durften die Familien in die BRD ausreisen. Ritter kam mit seiner Exfrau und den beiden Kindern bei Verwandten in Recklinghausen unter. Im Januar zog die Familie nach Heppenheim. Ritter fand Anstellung als Hausmeister im damaligen "Welker-Komplex" - den Gebäuden an der Lehrstraße mit Starkenburg-Passage. Sie befanden sich damals noch im Rohbau. Architekt Siegfried Welker drückte dem Geburtstagskind die Schlüssel für die neue Wohnung in die Hand und ließ ihn übergangsweise in seinem Büro arbeiten. Ritter pauste die Pläne und war täglich auf der Baustelle unterwegs - kennt also jede Rohrleitung quasi persönlich.
1985 wurde ein Teil der Starkenburg-Passage mit Kaufhaus, Fitness-Center, Bistro, Bäckerei, Friseurgeschäft und chinesischem Restaurant eröffnet. 1986 folgte der Rest. Das einzige Geschäft, das davon noch heute am Platz ist, ist das Brillengeschäft "Optik Brand".
Achim Ritter ist in zweiter Ehe glücklich verheiratet. Mit seiner Frau Uschi gönnt sich der Mann, der schon längst seine Rente genießen könnte, fünf Wochen Urlaub auf der Insel Bali.
Erst am Samstag wird gefeiert
Weil für Ritter heute ein ganz normaler Arbeitstag ist, wird erst am Samstag mit den Kindern und Enkelkindern aus beiden Familien gefeiert werden. Nur eines wird am Ehrentag anders sein als normal: Das Telefon des gefragten Hausmeisters wird noch öfter klingeln. dj/BILD: jährling
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