Unterhaltung

„Schöne Mannheims“ ernteten im Lorscher Sapperlot viel Jubel

An zwei Abenden zeigte das bekannte Frauenquartett eine Revue aus älteren Nummern, die Comedy, Gesang verschiedener Stilrichtungen und Nachdenklichkeit vereint.

Von 
Eva Bambach
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Servieren trotz Glitzerlook handfeste Kost: Die vier „Schönen Mannheims“ (von links) Stefanie Titus, Anna Krämer, Smaida Platais und Susanne Back. © Thomas Neu

Lorsch. Zäh wie Kaugummi zog sich die „Winterzeit in Wien“ bei der Zugabe – und zeigte gerade damit einmal mehr die Brillanz der vier „Schönen Mannheims“, denen es gelingt, ein hohes musikalisches Niveau mit umwerfender Komik zu verbinden und im Glitzerlook überaus handfeste Kost zu servieren. Mit Wiener Schmäh und im Schrammel-Stil werden der Geruch von erbrochenem Glühwein und das Bild von Fiakern überfahrener Katzen hervorgerufen – und noch so manche andere Zumutung. Es ist diese besondere Mischung, der Sinn für das Absurde wie für das Nachdenkliche, das Gespür für Emotionen und deren Zerstörung, das Wissen um Balance und Timing, mit dem die „Schönen Mannheims“ ihr Publikum um den Finger wickeln.

Zwei ausverkaufte Abende im Sapperlot zeugen davon. Am Dienstag- und am Mittwochabend stand mit „Glanzstücke – Beschd of 2.0“ – eine Revue aus älteren Nummern auf dem Programm, die viele Wiederholungstäterinnen im überwiegend weiblichen Publikum angezogen hatte, die sich sehr über bekannte und geliebte Stücke freuten. Es gibt regelrechte Fangruppen, die sich möglichst keinen der Auftritte in der Metropolregion entgehen lassen.

Dabei geht die Bedeutung der „Schönen“ weit über das Regionale hinaus. Denn längst hat sich das Quartett vom regionalen Geheimtipp zur festen Größe im deutschsprachigen Kulturraum entwickelt. Mit ihren Programmen – und ihrem Faible für das anderswo oft mit Skepsis betrachteten Mannheimer Idiom - füllen die „Schönen Mannheims“ auch Theater und Kleinkunstbühnen von Kiel bis München und von Wien bis Zürich. Seit vierzehn Jahren – ein Running Gag im Programm – sind sie mit ihren eigenen Stücken zusammen auf der Bühne.

Bekannte Melodien mit umgedichteten Texten

Steffi Titus am Flügel lässt die Zuhörer in bekannten Melodien schwelgen, deren umgedichtete Texte von Anna Krämer, Susanne Back und Smaida Platais in einem ungeheuer variablen Stil vorgetragen werden. Vom einfach gestrickten Schlager bis zur gewaltigen Opernarie ist alles dabei – immer absolut plausibel und genregerecht vorgetragen. Wie gut, dass die „Schönen“ nicht nur beeindruckend gut singen, sondern dabei auch fabelhaft schauspielern können! Ein besonderes Erlebnis dabei, insbesondere im Mannheimer Kontext, ist die Reverenz an Joy Fleming, die Anna Krämer mit Kraft und emotionaler Tiefe und einer wunderbar jazzigen, erdig-rauchigen Stimme auf die Bühne brachte. Doch das war bei weitem nicht die einzige Stelle im Laufe des Abends, die furiosen Jubel, Pfiffe, schlichtweg haltlose Begeisterung im Saal auslöste. Schon die Nummer gleich darauf brachte das Publikum wieder zum Toben, denn die „Bohemian Rhapsody“ mit Texten wie „Ich trag ne fette Silhouette mit mir rum“ zu unterlegen und an der ikonischsten Stelle den Beelzebub zum Kühlschrank mutieren zu lassen – das sind schon sehr charmante Ideen, um so mehr, wenn man das Ganze auch noch gesanglich so tadellos hinkriegt.

Vom Alltag der alternden Frau und Tücken der Technik

Thematisch kreiste vieles um den Alltag der dezent alternden Frau, um die Tücken und Lächerlichkeiten moderner Technik vom Navi bis zur KI und um die Frage, ob ein Leben ohne Facebook-Account und Thermomix möglich ist. Mit viel Spaß am Sprachspiel wurden zum Beispiel die Möglichkeiten von Wörtern wie Tracker und Trecker, Wok, Vogue und woke ausgelotet. Und manchmal brauchte es gar kein Zutun, weil die Realität mitunter selbst zur Satire wird: Einer der vielen Programmhöhepunkte war die Originaltonspur einer Folge des „7. Sinns“ aus dem Jahr 1975 über das Fahren mit Stöckelschuhen und „viel zu engen Hosen“.

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Eva Bambach
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Das Publikum bekam von allem was: Comedy und Gesang, Schlager und Jazz, Musical und Opernklänge, Show und Nachdenklichkeit. Bei allem Spott und aller Selbstironie kamen auch sentimentale Töne zum Tragen – gelegentlich – und stets mit etwas Witz, der den Boden unter dem Pathos ein wenig wackeln ließ.

„Es ist immer wieder fantastisch in Lorsch“, erklärten die „Schönen“ zum Abschied und meinten damit nicht nur das Publikum, sondern – wie zuvor schon in einem Lied besungen – auch das Team hinter der Bühne und hinter dem Zapfhahn, allen voran aber HaPe und Silvia Frohnmaier, die einen so wunderbaren Ort wie das Sapperlot geschaffen haben.

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