Einhausen. Schräge Vögel lassen sich in keine Schublade stecken. Schräge Vögel sind unangepasst, rotzfrech, freiheitsliebend, meist extrovertiert, flatterhaft, dann wieder naiv und aufmüpfig. Sie halten sich an keine Hackordnung, aber sie sind eben auch liebenswert und vor allem ein bisschen bekloppt. Und schräge Vögel trauen sich was.
Man mag sie, einige belächeln sie, andere wiederum bewundern sie, weil sie ihr eigenes Ding machen, ohne sich um die Mehrheitsmeinung zu scheren. So ähnlich wie es die Puppenspieler-Clowns des Darmstädter Kikeriki-Theaters tun, die auf ihrer Tournee wieder einmal in Einhausen ihren Schabernack trieben und dabei kein Blatt vor den Mund nahmen – wie immer vor ausverkauftem Haus. Selbst Thomas Gottschalk mit seiner finalen Sendung „Wetten dass“ hatte gegen die verrückten Gaukler, die ihr Herz auf der Zunge tragen, keine Chance.
Lustvolles Spiel mit Blödeleien und Frechheiten
Die Mehrzweckhalle war proppenvoll, als Seniorchef und Oberclown Roland Hotz dem Publikum das „nicht allerbeste, aber bekloppteste Theater“ mit seinem neusten Theaterstück „Schräge Vögel“ – ganz in der Tradition großer Spaßmacher und Gaukler – als lockere Folge kurzer Sketche ohne durchgängige Handlung ankündigte. Gleichzeitig warf er einen Blick zurück auf die Gründung des Kikeriki-Ensembles im Jahr 1979. „Warum stehen wir hier. Wir suchen bei Euch Liebe und Zuneigung“ stellte Tausendsassa Hotz unmissverständlich mit einem Augenzwinkern klar – und stieß auf ungeteilte Zustimmung.
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Political Correctness war den Vollblutkomödianten und Kikeriki-Puppenspielern von jeher fremd. Und ist es noch immer. Sie blödeln was das Zeug hält, provozieren, sinnieren ganz scheinheilig darüber, ob den Eskimos (übersetzt Rohfleischesser) nach dem Aus des „Zigeunerschitzels“ das gleiche Schicksal droht und warum der „Führerschein“ unangreifbar ist. Dass von vornherein klar ist, wer an diesem Abend die Oberhand hat, stellten sich die drei Akteure im Clowns-Look mit roten Nasen, weiten Hosen und Riesenschlappen an den Füßen vor.
Wie im Programm angekündigt, präsentieren sich die „Alten vom Kikeriki nicht nur von Herzen gern als Schräge Vögel“ sondern sind mächtig stolz auf ihren ganz eigenwilligen „Lattenzaun“. Und eben hinter jenem treiben die Spaßmacher ihr lustvolles Spiel, gespickt mit allerhand Blödeleien, Frechheiten, Derbheiten und Wortspielereien.
Hahn Paul gerät an seine Grenzen
Mit dabei das Maskottchen des Hauses Hahn Paul, der für die Verwirklichung seines experimentellen Theaterstücks zunächst einmal handwerklich an seine Grenzen gerät und dabei pausenlos auf Schwyzerdeutsch grummelt, und die beiden Publikumslieblinge, die Ratten-Punks und besten Freunde Abrazzo und Körbel mit dem unwiderstehlichen Sprachfehler.
Der hessisch babbelnde Kasper hingegen ist alles andere als amüsiert, als ihm sein Gretchen ein Kuckucksei unterschieben will. Salvatore heißt der kleine Bengel, der nach einer Bühnen-Stoßgeburt das Licht der Welt erblickt und den vermeintlichen Papa mit seinem schwarzen Schnurrbart irritiert.
Kikeriki-Urgestein Hotz steigerte den Lachpegel der Zuschauer in seiner Rolle als stockbesoffener, lallender und völlig derangierter TV-Moderator und nicht ganz so trinkfeste Gordon-Dry-Gin-Werbeikone noch einmal gewaltig. Am Ende gab´s lang anhaltenden Applaus für die „Schrägen Vögel“ Bernd Körner, Lukas und Roland Hotz und Steffen Stürz alias Mister Stütz Helmutson am Piano. Regie führte Lidja Zambelli.
Schrecksekunde kurz vor der Pause: Nach einem Notfall musste das Programm für etwa fünfzehn Minuten unterbrochen werden. Wenig später gab der Veranstalter Entwarnung. Der betreffenden Person gehe es den Umständen entsprechend gut. Allgemeine Erleichterung auf der Bühne und im Saal.
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