Gedenken

Blick zurück, um aus dem zu lernen, was einmal war

Gemeinde Einhausen, Kirchen und Parteien luden zu ökumenischem Gottesdienst anlässlich des 85. Jahrestags der Pogromnacht

Von 
Christa Flasche
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Einhausen. In Einhausen gab es im Rahmen eines ökumenischen Gottesdienstes in der katholischen Pfarrkirche St. Michael am vergangenen Donnerstag, 9. November eine Veranstaltung, die an die Ereignisse vor 85 Jahren erinnerte.

Der Begriff der „Reichspogromnacht“ steht für die Ermordung und Verschleppung jüdischer Menschen vom 9. auf den 10. November 1938 in ganz Deutschland, aber auch für das Anzünden von Synagogen und die Zerstörung tausender Geschäfte, die von Juden betrieben wurden. Solche Dinge passierten auch in Einhausen und der näheren Umgebung. Zum Gedenken in der Kirche hatten neben der Gemeinde und den Kirchen auch die SPD und die Grünen eingeladen. Für die SPD sprach deren Vorsitzender Reimund Strauch.

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In der Andacht ging es um den Blick zurück, um aus dem zu lernen, was einmal war. „Wir schweigen, weil wir für das Entsetzliche keine Antwort haben“, das traf die Stimmung der Versammelten in der Kirche. Sprachlosigkeit mache sich breit. Eine weitere Botschaft, die an diesem Abend gesendet wurde: Die Opfer von damals dürften keinesfalls vergessen werden, und das Grauen dürfe sich nicht wiederholen.

Der diesjährige Gottesdienst und die anschließende Gedenkveranstaltung am Rathaus stand unter ganz anderen Vorzeichen als in den vergangenen Jahren. Die Andacht hielt Pfarrerin Beatrice Northe. Das jüdische Leben nicht nur in Deutschland hat mit dem 7. Oktober in diesem Jahr eine neue und ganz besondere Brisanz bekommen. Heute kommt der Judenhass vor allem aus Regionen jenseits unserer Grenzen. Dabei spielen sehr lange zurückliegende politische Ereignisse eine Rolle.

Strauch zitierte aus einem Tagebucheintrag, in dem sich die Schreibende wünschte, wieder einmal Mensch zu sein und nicht als Jüdin diffamiert zu werden. Sich einmal im Jahr zu treffen und zu erinnern, das reiche nicht, so Strauch.

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Northe erinnerte in der Andacht auch an eine lang zurückliegende Zeit, in der Juden sorglos waren und sich sicher fühlten. Doch dann kam alles anders. Die Botschaft: dass auch damals bereits die Sicherheit trügerisch war und man sie durchaus auf die heutige Zeit übertragen kann. Northe zitierte aus dem Buch des Propheten Jesaja, wo es um die Zerstörung Israels im Jahr 587 vor Christus geht.

Wichtig sei, im Dialog zu bleiben

Die Pfarrerin erinnerte im Rahmen der Andacht an Margot Friedländer. Auch diese Frau hätte sich nie vorstellen können, durch welche Hölle sie und ihre Familie später gehen mussten. Nach 64 Jahren in den USA sei Friedländer im Alter von 88 Jahren doch noch nach Deutschland gekommen und lebe bis heute in Berlin. „So etwas wie damals, das darf nie wieder geschehen“, hat auch sie vor kurzer Zeit wiederholt. Wichtig sei es, im Dialog zu bleiben. Friedländer habe durchaus Stellung bezogen, doch sie habe das nicht einseitig gemacht, stellte die Pfarrerin bei dieser Gelegenheit klar. „Einen gerechten Krieg gibt es nicht“, ergänzte sie.

Im Anschluss an den Gottesdienst fanden sich die Besucher zu einer Schweigeminute an der Holocaust-Gedenktafel am Einhäuser Rathaus ein und legten dort Blumen nieder.

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