Einhausen. Das zerschlissene Kassenbuch aus dem Dezember 1873 hat der Verein vor einigen Jahren neu binden lassen. Die Gründungsmitglieder haben darin vor 150 Jahren alle Ausgaben akribisch aufgeschrieben. „Drei Kästchen Streichhölzer“ zum Beispiel. Und auch das jährliche Weihnachtsgeschenk für den Einhäuser Schullehrer, der den Chor leitete, findet sich darin: eine Uhr, ein Sessel, in manchem Jahr auch Lebensmittel.
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Am Freitagabend hat der Gesangverein Eintracht 1873 sein 150-jähriges Bestehen gefeiert. Im evangelischen Gemeindehaus gab es einen Empfang für Mitglieder und geladene Gäste. Beginn und Ende markierten die Aktiven, wie könnte es anders sein, mit einem Lied: „Hey! Das ist Musik für dich“, mit dem die damals 21-jährige Peggy March im deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest 1969 in Madrid antrat, und „Ein bisschen Frieden“, mit dem die 17-jährige Nicole den Wettbewerb im Jahr 1982 für Deutschland gewann.
Dazwischen gratulierten in rund eineinhalb Stunden unter anderen Landrat Christian Engelhardt, der Vorsitzende der Einhäuser Gemeindevertretung Florian Schumacher, Pfarrerin Beatrice Northe und der Vorsitzende des Sängerkreises Bergstraße Heinz Ritsert, der dem Verein die Kreismedaille in Gold für besondere Verdienste um den Chorgesang sowie eine Urkunde überreichte. Die Glückwünsche des zweiten Einhäuser Gesangvereins Liederkranz überbrachte Anna Küchel-Müller. Die Reihe der Gratulanten spiegelt die Einsätze der Eintracht wider: So singen die 25 Aktiven des gemischten Chors bei Veranstaltungen und wichtigen Anlässen der Gemeinde und der Kirchen und unterstützen den Liederkranz, zum Beispiel bei dessen jährlichem Laternenfest im Sommer.
Pfarrerin Beatrice Northe führte in ihrer Rede den Gedanken aus, dass die Sänger der Eintracht durch ihr Hobby mit den Aktiven aller Epochen seit Gründung des Vereins verbunden seien. Sie würdigte den Chor als ihren „Kirchenchor“ und gab den Anwesenden die Botschaft mit auf den Weg, dass die Menschen doch mehr singen mögen.
„Ihr singt jetzt alle mit!“
Alexander Hedderich, Vorsitzender des Einhäuser Vogelvereins und Sohn der stellvertretenden Eintracht-Vorsitzenden Elke Hedderich, trug in Vertretung des erkrankten Vorsitzenden Hermann Burk dessen überarbeitete und aktualisierte Vereinschronik vor. Darin findet auch Erwähnung, dass es für einige Mitglieder des damaligen Männerchors ein „harter Beschluss“ war, als im Jahr 1976 aus Mitgliederschwund Frauen mit einbezogen werden sollten. Im Gespräch mit dem Bergsträßer Anzeiger erzählt Elke Hedderich, dass sie sich noch gut daran erinnert, wie ihr Mann, der seit seinem 14. Lebensjahr bei der Eintracht sang, eines abends nach der Singstunde nach Hause kam und sagte: „Ihr Frauen singt jetzt alle mit!“ So kam es, dass etliche Ehepaare über Jahrzehnte gemeinsam bei der Eintracht gesungen haben.
An den offiziellen Teil schloss sich der gesellige bei Häppchen und Wein an, der erst nachts um 12 Uhr zu Ende ging. Hedderich hatte ein Foto des Chors aus den 1980er-Jahren mitgebracht, das Anlass für allerlei Erinnerungen bot. Auch die drei Sängerinnen, die in diesem Jahr vom 2021 aufgelösten Chor aus Bensheim-Langwaden zur Eintracht gewechselt sind, waren dabei.
Höhepunkte in den fast 50 Jahren, in denen Elke Hedderich in der Eintracht singt, seien spontane Auftritte beim jährlichen Vereinsausflug gewesen, etwa im Bamberger oder Limburger Dom. In einem Büchlein hat sie die Aktivitäten Jahr für Jahr akribisch aufgeschrieben. Vielleicht bewahren und lesen es die Sänger der Eintracht auch nach weiteren 150 Jahren.
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