Jubiläum

Einhäuser Schachspieler ließen sich einst von Lorschern nicht abschwarten

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Jörg Keller
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Einhausen. „Die Lorscher hatten geglaubt, uns auf die billige Tour abschwarten zu können. Sie waren daher sehr enttäuscht, als sie eine Niederlage einstecken mußten.“ In kunstvoll verzierter Schönschrift hatte Franz Gärtner einst das erste Mannschaftsergebnis des Einhäuser Schachklubs festgehalten. Mit 6:4 siegten am 5. Oktober 1947 die Denksportler aus der Weschnitzgemeinde bei einem Freundschaftsspiel anlässlich der Kerwe gegen die Klosterstädter. Dabei gab es den Einhäuser Verein zu diesem Zeitpunkt gerade erst wenige Monate.

Am 5. März 1947 hatten einige Schachfreunde aus dem Ort durch den Gemeindediener zu einer Versammlung eingeladen. Zunächst nur mit mäßigem Erfolg. Sieben Interessierte erschienen seinerzeit. In den nachfolgenden Wochen konnten jedoch noch weitere Mitstreiter gefunden werden. Und so gründeten 14 Männer am 26. März 1947 den Einhäuser Schachklub, der damit in diesem Jahr sein 75-Jahre-Jubiläum feiern kann. Zum Vorsitzenden wurde seinerzeit Peter Massoth gewählt. Heute übt Michael Gehlhar das Amt aus. Anlässlich des runden Vereinsgeburtstages hatte er jetzt die sorgsam aufbewahrten alten Chroniken aus dem Schrank im Bürgerhaus geholt. In zwei dicken Büchern hatte Franz Gärtner seinerzeit in akkurater Handschrift die Entwicklung des Vereins festgehalten. Von der Gründung über die Ergebnisse einzelner Spieltage bis hin zu den großen Turnieren, die später folgen sollten. Das alles ergänzt mit kunstvollen Zeichnungen, einigen Fotos und Zeitungsausschnitten.

Spiellokal in der Rheinstraße

Erstes Spiellokal war der „Darmstädter Hof“ in der Rheinstraße. Das Fachwerkhaus wurde bekanntlich von der Gemeinde gekauft und wartet seit einigen Jahren auf eine Sanierung und neue Nutzung. Und viel Zeit blieb den Menschen kurz nach dem Zweiten Weltkrieg auch nicht, um sich mit einem Hobby zu beschäftigen. Im Sommer des Gründungsjahres konnte laut den Unterlagen eher selten trainiert werden, da sich die Mitglieder der „vermehrten Feldarbeit“ widmen mussten. Da blieb für die 64 schwarzen und weißen Felder auf dem Schachbrett eher weniger Zeit.

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Dennoch schlug der Verein eine positive Entwicklung ein. 1968 wurde in der Weschnitzgemeinde der Hessische Schachkongress ausgetragen – die offiziellen hessischen Meisterschaften. Ein gewaltiger Kraftakt: Der Schachklub musste damals für die Teilnehmer „160 Quartiere beschaffen“, die zum Teil bis zu zehn Tage lang in Beschlag genommen wurden. In fünf Klassen traten die Schachspieler seinerzeit im Bürgerhaus und in der Mehrzweckhalle gegeneinander an. Parallel dazu wurde im Ort die Hauptversammlung des Hessischen Schachverbandes abgehalten.

Zum 25-Jahre-Jubiläum 1972 wurden ein Blitzturnier und ein Festkommers ausgerichtet. In der 1980er Jahren spielten beim SK 47 Einhausen rund 50 Mitglieder in drei Senioren- und einer Schülermannschaft.

Ab 2006 machte der Schachklub als Gastgeber der Ried-Open überregional auf sich aufmerksam. Das zusammen mit dem SC 1970 Lorsch und dem SV Biblis im Einhäuser Bürgerhaus ausgerichtete Turnier lockte über Jahre hochkarätige Teilnehmer, darunter mehrere Groß- und Fide-Meister, nach Südhessen. Bis zum Jahr 2018 gab es 13 Auflagen der sportlichen Großveranstaltung. Beim letzten Turnier waren rund 150 Spieler ins Einhäuser Bürgerhaus gekommen. 2019 gab es nach Angaben von Michael Gehlhar Probleme, einen geeigneten Termin zu finden. 2020 machte dann schon Corona einen Strich durch die Rechnung. Eine Wiederbelebung wird es – zumindest in Einhausen – wahrscheinlich nicht geben.

Dazu würde dem SK 47 Einhausen in seinem Jubiläumsjahr die Kraft nicht reichen. 35 Mitglieder hat der Verein noch, die wenigsten davon sitzen noch aktiv am Brett. Beim Besuch unserer Zeitung hatten sich fünf Mitglieder zum Freitags-Trainingsabend eingefunden. Viele der Spieler sind bereits im Seniorenalter. Zumindest in der einen verbliebenen Bezirksoberliga-Mannschaft sind noch drei U 30-Spieler aktiv.

Aktuell können diese jedoch nicht an den Brettern auf Punktejagd gehen. Wegen Corona ist die Runde ausgesetzt. „Wir müssen von Spieltag zu Spieltag schauen“, sagt Michael Gehlhar.

Durch Corona ausgebrenst

Auch die zart wieder anwachsende Jugendarbeit wurde und wird durch Corona ausgebremst. Immerhin fünf Kinder und Jugendliche im Alter zwischen sechs und 15 Jahren waren vor der Pandemie regelmäßig zum Training erschienen. Vom Sommer bis in den November konnten sich der Schach-Nachwuchs wieder treffen. Seitdem fällt das Training aus Infektionsschutzgründen aus. Kontakt gehalten wird per Whatsapp-Gruppe. „Ich hoffe, sie kommen wieder, wenn es möglich ist“, sagt Michael Gehlhar. Neumitglieder zu gewinnen sei schwierig. Der nach dem Erfolg der Netflix-Serie „Damengambit“ vielfach beschworene Schachboom komme zumindest bei den Vereinen nicht an.

Und so wird auch das 75-Jahre-Jubiläum des SK 47 eher klein ausfallen. Man werde wahrscheinlich intern eine kleine Feier organisieren, sobald das wieder möglich ist.

Redaktion Redakteur, Ressorts Lorsch, Einhausen und Region

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