Einhausen. Mit der Deichsanierung zwischen Einhausen und Biblis wird die Weschnitz ihr Aussehen nachhaltig verändern. Im Moment gleicht der Fluss auf weiten Strecken einem Kanal. Nach dem Umbau wird sich das Gewässer an einigen Stellen weiter in die Landschaft ausbreiten. Die Deiche werden dort versetzt, um mehr Platz für den Wasserlauf zu bieten. Das dient dem Hochwasserschutz und ermöglicht gleichzeitig die Rückkehr zu einem naturnahen Gewässer. Die Planungen wurden bereits bei mehreren Gelegenheiten in Einhausen und Biblis vorgestellt.
Zwischen den Deichen gibt es dann nicht nur Raum für Wasser. Dort werden je nach Pegel auch Grünflächen und Wasserspielplätze entstehen. „Wir werden keine Spielgeräte aufstellen, sondern Felsbrocken, und Bereiche mit Schlamm und Kies schaffen“, berichtet Ulrich Androsch. Der Geschäftsführer des Gewässerverbandes Bergstraße, der für die Deichsanierung zuständig ist, erläuterte jetzt im Gespräch mit dieser Zeitung den aktuellen Planungsstand.
Kommunen in der Pflicht
Bei der sechs Kilometer langen Strecke zwischen Biblis und Einhausen müssen insgesamt zwölf Kilometer Deich ertüchtigt werden. Dieses Vorhaben wird voraussichtlich 30 Millionen Euro kosten. Bei der ersten Vorstellung des Projekts war von 10 Millionen Euro die Rede. Doch schon schnell war, klar, dass das nicht reichen wird.
75 Prozent der Kosten übernimmt das Land Hessen. Den Rest muss der Gewässerverband bezahlen. Das Geld kommt von den Kommunen, die zum Verband gehören. Die Deichsanierung orientiert sich an dem statistischen Wert eines 200-jährlichen Hochwassers für den Rhein, in den die Weschnitz bei Nordheim mündet. „Wenn die Weschnitz bei einem Rheinhochwasser nicht mehr abfließen kann, staut sie sich auf“, erklärt Ulrich Androsch. Und zwar auf einer Strecke von bis zu 15 Kilometer. Da kann es dann zu Überschwemmungen kommen.
Von Biblis bis zum Rhein sind die Weschnitzdeiche bereits ausgebaut worden. Dafür war die Abteilung Staatlicher Wasserbau des Landes Hessen zuständig. Auf dem Gebiet zwischen Biblis und Einhausen sind die Kommunen in der Pflicht und daher der Gewässerverband. Dieser hat das Regierungspräsidium Darmstadt mit dem Projektmanagement beauftragt. Der Verband ist auch Bauherr, aber die Oberleitung wird der Staatliche Wasserbau übernehmen.
In der laufenden Planungsphase gab es drei Bürgerbeteiligungen. „Wir hatten auch viele Einzelgespräche mit Landwirten“, berichtet Ulrich Androsch. Für den Deichbau und die Ausweitung der Weschnitz werde Land gebraucht. Das treffe Landwirte, die bisherige Ackerflächen verlieren. Aber auch Eigentümer von Flächen, die für den Deichbau benötigt werden. Deshalb wird es ein Flurbereinigungsverfahren geben.
Hütten in Biblis müssen weichen
Einige Grundstücksbesitzer, die im Bereich Werrtor bei Biblis ohne Genehmigung Hütten gebaut haben, müssten diese abreißen, falls sie dem Deichbau im Weg stehen. Entwarnung habe es dagegen auf Bibliser Gemarkung inzwischen für den Geflügelzuchtverein, den ZAKB sowie den Hundeplatz und die Tierpension gegeben. Diese seien von der Deichsanierung, anders als ursprünglich angenommen, jetzt doch nicht betroffen.
Spätestens im Januar 2023 soll das Planfeststellungsverfahren beginnen. Ulrich Androsch rechnet damit, dass dieses bis 2024 beendet ist. Falls nach der Genehmigung zeitnah die finanziellen Mittel bereitgestellt werden, könnten die europaweiten Ausschreibungen schnell erfolgen. „Im Jahr 2025 fangen wir an zu bauen“, stellt Ulrich Androsch in Aussicht. „Vielleicht sind im Herbst 2024 schon vorbereitende Baumaßnahmen möglich.“ Aufgrund der bereits geführten Gespräche mit betroffenen Landbesitzern und Landwirten geht Androsch davon aus, dass die meisten Konflikte befriedet sind und den Genehmigungsprozess nicht aufhalten. Besonders die Landwirte schimpften über den Verlust von Ackerland, berichtet er.
Der Geschäftsführer verweist auf die gesetzlichen Vorgaben für Hochwasserschutz und Ökologie, die bei der Deichsanierung berücksichtigt werden müssen. „Ein Drittel der kanalisierten Länge eines Flusses wird geweitet, das ist gesetzlich geregelt“, macht er deutlich. „Das ist wichtig für das Ökosystem.“
Auf dem Gelände zwischen den Deichen kann sich die Weschnitz bei Hochwasser breit machen. Stellenweise wird innerhalb der Dämme eine bis zu 400 Meter breite Fläche vorhanden sein. Genügend Raum für Wiesen, die von Landwirten gepachtet werden können. Denn der Fluss braucht nicht das ganze Jahr über den gesamten Raum. Rampen ermöglichen die Zufahrt mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen.
Aber es gibt auch Einschränkungen für die Landwirte: Da es sich dabei um Überschwemmungsgebiet handelt, sei der Einsatz von Dünger und Pestiziden untersagt. Außerdem müsse die erste Mahd ausfallen, so Androsch, damit die Pflanzen länger stehen bleiben und auch die Insekten etwas davon haben. Innerhalb der Deiche werden künftig auch die Überbleibsel eines Auwalds liegen.
Dämme später doppelt so breit
Weiterer Platzbedarf entsteht außerdem durch eine Verbreiterung der Deiche. „In der Höhe bleiben sie in etwa gleich, aber sie werden massiver, also doppelt so breit wie bisher“, erklärt der Verbandsgeschäftsführer. Zusätzlich erhalten die Schutzwälle eine Berme. Das ist ein Absatz an der Böschung für den Deichverteidigungsweg. „Bei einem Dammbruch müssen schwere Fahrzeuge zur Einsatzstelle fahren können“, macht Ulrich Androsch deutlich. Auf der Deichkrone sei dies nicht möglich. Die sei gar nicht darauf ausgerichtet, von oben schwere Lasten zu tragen, und zudem bei Hochwasser durchweicht.
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