Wirtschafts-Vereinigung

Zwei „Familienunternehmen“ auf Wachstumskurs

Business-Treff mit geringer Beteiligung im Café Storch – Familienzentrum und Frauenhaus als Gastgeber

Von 
Thomas Tritsch
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Die Wirtschaftsvereinigung Bensheim (WVB) hatte zum Business-Treff ins Familienzentrum Bensheim eingeladen. Dort stellte auch Martina Evertz, Vorsitzende des Frauenhaus-Vereins, die Arbeit ihrer Einrichtung vor. © Thorsten Gutschalk

Bensheim. Es ist ein mittelständisches Familien-Unternehmen auf Wachstumskurs: Knapp 170 Mitarbeiter, ein breites Portfolio an Dienstleistungen, eine starke Expertise und ein gesellschaftlicher Auftrag. Der Jahresumsatz rangiert bei über fünf Millionen Euro. Soziales Engagement ist kein freiwilliges Anhängsel, sondern ein Alleinstellungsmerkmal.

Das Bensheimer Familienzentrum hat sich in fast drei Jahrzehnten von einem Mütterzentrum mit kleinem Angebot zu einer facettenreichen Institution mit hoch professionellen Strukturen weiterentwickelt.

Es war ein besonderer Business-Treff, zu dem die Wirtschafts-Vereinigung Bensheim (WVB) am Mittwoch eingeladen hatte. Das Familienzentrum war gemeinsam mit dem Verein Frauenhaus Bergstraße – ebenfalls mit Sitz in Bensheim – Gastgeber des Netzwerks, das in regelmäßigen Abständen lokale Unternehmen und Einrichtungen besucht. WVB-Vorsitzender Jan Siefert konnte am Abend im Café Storch an der Hauptstraße nur wenige Mitglieder und Gäste begrüßen. Diejenigen, die gekommen waren, erlebten beide Vereine gleichsam aus allernächster Nähe.

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Die Diplom-Sozialpädagogin Katharina Naegele, ab 2016 Geschäftsleiterin und seit September hauptamtliche Vorständin des Familienzentrums, und die Beiratsvorsitzende Birgit Siefert informierten über die Entwicklung und Aktivitäten des Zentrums, das 1997 erste Kursangebote organisiert hatte und als gemeinnütziger Verein von einem hauptamtlichen Vorstand und dem Leitungsteam geführt wird. Der Beirat des Familienzentrums ist in beratender Funktion tätig. Das Team wird von zahlreichen Ehrenamtlichen ergänzt – und es werden immer mehr.

Birgit Siefert betonte, dass die Arbeit nach ihrem Rückzug aus dem Vorstand nach neun Jahren und der personellen Neuausrichtung geräuschlos weitergegangen ist. Die Kontinuität an der Spitze sei auch deshalb gewährleistet, weil der komplette alte Vorstand in den Beirat gewechselt ist. Die Erfahrung und kooperative Stärke bleiben also unter einem Dach.

Das Familienzentrum ist inzwischen Träger von insgesamt neun Kinderbetreuungseinrichtungen. In Bensheim sind das die Krippen Kastanienbaum (Ärztehaus am Hospital) und Weidenkätzchen (Werner-von-Siemens-Straße), die Bewegungskita Hollerbusch (Sparkassen-Allee), die Spielgruppe Bienengarten (Jacob-Löhr-Straße) sowie die Schülerbetreuung an der Kirchbergschule. Weitere Einrichtungen sind in Heppenheim (Kita Sonnenblume), Lampertheim (Kita Farbenfroh) und Lorsch mit der Kita Wiesenkinder und dem Naturkindergarten.

Auch die über 120 Tagespflegepersonen im Kreisgebiet werden vom Familienzentrum betreut und ausgebildet. Ein vielfältiges und umfangreiches Kursprogramm sowie eine Fülle an Betreuungs-, Begegnungs- und Beratungsangeboten ergänzen das Spektrum der Aktivitäten des Familienzentrums, wie Katharina Naegele erläuterte.

Neben den hauptamtlichen Mitarbeitern sind rund 30 ehrenamtliche Kräfte tätig. Der Verein verfügt mit dem zentralen Standort in der unteren Fußgängerzone über Räumlichkeiten, die quasi immer ausgebucht sind und täglich genutzt werden. Hier haben die Mitarbeiter alle Spielräume, die sie benötigen.

Seit 2022 wurde die Adresse außerdem binnen weniger Wochen zu einer zentralen Anlaufstelle für geflüchtete Familien aus der Ukraine. Naegele berichtete von einer Vielzahl an Aktivitäten wie Vernetzungstreffen, Wohnraumvermittlung, Sprachcafé, Spendenaktionen und gemeinsame Essen mit den geflüchteten Familien. Auch der Kleiderbasar für bedürftige Familien werde gut frequentiert. Um das sehr umfangreiche Kursprogramm preisgünstig anbieten zu können, kalkuliert das Haus so knapp, dass die Gebühren nicht kostendeckend sind. Spenden gehören zu den wichtigen Einnahmequellen. Beim Betrieb und der Unterhaltung der Räumlichkeiten ist der Verein auch auf die Unterstützung der Stadt angewiesen. Der Zuschuss ist bis mindestens 2025 garantiert.

Der Verein Frauenhaus Bergstraße wird vom Land Hessen über den Landkreis finanziert – zu 90 Prozent. Das bedeutet, dass man von den 400 000 Euro Pauschale 40 000 Euro selbst finanzieren muss. In diesem Jahr wird das 1988 eröffnete Frauenhaus 35 Jahre alt. Und steckt mitten in einer Umbau- und Sanierungsphase, wie Vorsitzende Martina Evertz betonte, die mit ihrer Stellvertreterin Konstanze Hiemenz beim Business-Treff dabei war. Das Frauenhaus bietet Unterkunft und Schutz für Frauen ab 18 Jahren mit und ohne Kindern, die von Häuslicher Gewalt betroffen sind, sowie Beratung und Unterstützung. Wer innerhalb der Ehe oder in einer Beziehung körperliche oder seelische Gewalt erleidet oder sich bedroht fühlt, aber nicht im Frauenhaus aufgenommen werden möchte, kann sich an die Beratungs- und Interventionsstelle wenden. Träger ist der Verein, der für die gesamte Geschäftsführung zuständig ist. Dem Vorstand obliegen die Vertragsverhandlungen, das Akquirieren von weiteren Geldern, die Personalführung und die Repräsentation in der Öffentlichkeit.

Neben der Förderung durch öffentliche Mittel über das Land Hessen erhält der Verein vom Kreis Bergstraße einen Zuschuss zu den Personal- und Sachkosten. Durch die Neustrukturierung der Förderung der sozialen Hilfen von Seiten der Hessischen Landesregierung (Kommunalisierung) werden die Landesgelder ebenfalls über den Kreis ausgezahlt. Diese Finanzierung steht für den Betrieb und die Aufrechterhaltung zur Verfügung, so Martina Evertz. Die Beratungs- und Interventionsstelle wird ausschließlich aus Landesmitteln finanziert.

Der finanzielle Beitrag durch Eigenmittel steigt auch aufgrund insgesamt höherer Kosten. Der Verein finanziert unter anderem einen Deutschunterricht für Frauen und Kinder sowie eine Hausaufgabenhilfe. Jede Bewohnerin, die eine eigene Wohnung bezieht, erhält eine Art Starthilfe, die den Frauen den Neubeginn erleichtern soll. Weil die Jahresbeiträge der 120 Mitglieder eher gering ausfallen, ist auch dieser Verein auf Spenden angewiesen, so die Vorsitzende.

Martina Evertz betont: fast jeden dritten Tag stirbt eine Frau in Deutschland – getötet von ihrem Partner oder Ex-Partner. Nach Angaben des Bundeskriminalamts wachsen die Fallzahlen häuslicher Gewalt. 71 Prozent der Opfer sind Frauen, während die Täter zumeist Männer sind (76,3 Prozent). „Wir brauchen auch die Männer, um das Thema tief in die Gesellschaft tragen zu können“, so die Vorsitzende.

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