Bensheim. In der jüngsten Sitzung des Ortsbeirats Zell, die von zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern besucht wurde, standen unter anderem die Zukunft des evangelischen Gemeindehauses und die Fällung der Trauerweide an der Gronauer Straße auf der Tagesordnung.
Zu Beginn stellte die Leiterin des Bensheimer Stadtarchivs, Claudia Sosniak, die Planungen für eine Wanderausstellung zum 40-jährigen Jubiläum der Stadtteil-Dokumentation Bensheim im Jahr 2027 vor. Die Ausstellung soll in sämtlichen Stadtteilen Bensheims gezeigt werden und das Leben nach der Eingemeindung sowie deren Folgen beleuchten. Geplant ist die Erstellung von 18 Schautafeln sowie einer einleitenden Introtafel, ergänzt durch historische Fotos, die von Menschen aus den jeweiligen Orten zusammengebracht werden sollen.
Für die Wanderausstellung werden insgesamt rund 5.300 Euro benötigt. Der aktuelle Spendenstand liege bei 2.907,30 Euro. Weitere Firmen sowie die Bürgerstiftung sollen noch angefragt werden, um die fehlenden Mittel einzuwerben. Da die Stadtteildokumentation in Zell derzeit unter Personalmangel leide und dringend Nachwuchs sucht, werden Menschen die interessiert sind, bei der Organisation der Materialien zu helfen gebeten, sich beim Ortsbeirat zu melden.
Im weiteren Verlauf der Sitzung berichteten Kirchenvorsteher Martin Langlotz und Pfarrer Oliver Mattes über den Stand der Planungen zur Vermarktung des evangelischen Gemeindehauses in Zell. Langlotz machte deutlich, dass der Beschluss auf einen langen, intensiven Prozess zurückgehe, der bereits 2023 mit Begehungen aller Gebäude der Kirchengemeinde begonnen habe. Hintergrund sind tiefgreifende Struktur- und Sparprozesse in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau im Rahmen des Programms „EK 2030“. Aufgrund des bundesweiten Mitgliederrückgangs – aktuell geht man von rund 4,2 Prozent weniger Kirchenmitgliedern pro Jahr aus – müsse die Landeskirche ihren Gebäudebestand deutlich reduzieren. Auch in Bensheim und den umliegenden Kirchengemeinden würden Gemeindehäuser verkauft oder die Flächen deutlich verkleinert.
Für Zell und Schönberg wurden die Gebäude von der Landeskirche als sogenannte C-Gebäude eingestuft: Das bedeutet, dass die Kirchengemeinde ab 1. Januar 2027 die Unterhaltungskosten zu 100 Prozent selbst tragen müsse und keine Zuschüsse mehr erhält. Allein für Zell entspricht dies einem Wegfall von rund 20.000 Euro jährlich im Haushalt – Mittel, die die Kirchengemeinde nach eigener Darstellung nicht aufbringen kann.
Besonders eindrücklich waren auch die Zahlen zur Mitgliederentwicklung: So hatte die Kirchengemeinde Gronau-Zell früher rund 840 Gemeindeglieder in Zell. Heute sind es noch 342 evangelische Gemeindemitglieder bei insgesamt 923 Einwohnerinnen und Einwohnern im Ort. Auch in Gronau und in den Nachbarorten zeige sich ein ähnlicher Trend. Auch die Nutzung des Gemeindehauses in Zell sei zudem sehr stark zurückgegangen. Die hohen Heiz- und Energiekosten, etwa durch die elektrische Fußbodenheizung, verstärkten den Druck zusätzlich.
Die Vertreter der Kirchengemeinde betonten zugleich, dass der Transformationsprozess nicht nur ein „Sparprogramm“ sei. Man wolle finanzielle Mittel aus Gebäuden zugunsten von Personal freisetzen. Konkret gibt es für das Zeller Gemeindehaus nun zwei Wege: Erbpacht oder Verkauf. Beides bedeutet, dass das Gebäude und das Grundstück langfristig in andere Hände übergehen. Bevor Angebote eingeholt werden, wird derzeit ein Wertgutachten erstellt, das Anfang des kommenden Jahres vorliegen soll.
Nach dem Willen des Kirchenvorstands soll die Fläche möglichst einer sozialen oder gemeinwohlorientierten Nutzung zugeführt werden. Als Wunschpartner wurden und werden deshalb insbesondere Einrichtungsträger angesprochen, etwa für betreutes Wohnen, Tagespflege oder andere soziale Angebote. Im Laufe der vergangenen Monate fanden zahlreiche Ortstermine statt, unter anderem mit der Stadt Bensheim, der Diakonie und verschiedenen Trägern aus dem sozialen Bereich. Viele Ideen scheiterten jedoch an Förderbedingungen, Finanzierungsfragen oder der Größe und energetischen Beschaffenheit des bestehenden Gebäudes.
Zugleich räumte der Kirchenvorstand mit Gerüchten auf, nach denen auf dem Areal eine Moschee oder Synagoge geplant sei. Solche Gespräche habe es zu keiner Zeit gegeben. Aus der Zuhörerschaft wurden in der Diskussion vor allem Sorgen und Kritik rund um die Auswirkungen auf das Dorfleben in Zell geäußert. Mehrere Redner wiesen darauf hin, dass in den vergangenen Jahrzehnten bereits wichtige Einrichtungen wie die Dorfschule weggefallen seien und man im Ort ein Ungleichgewicht zwischen Zell und Gronau verspüre. Besonders schmerzlich werde empfunden, dass das Gemeindehaus auf einem ehemals gespendeten Grundstück entstanden sei und nun veräußert werden müsse. Es bestehe die Sorge, dass Zell weiter an kirchlicher Präsenz verliere und der Erlös überwiegend anderen Ortsteilen zugutekomme.
Gleichzeitig wurde der Wunsch formuliert, die Zeller Bevölkerung bei der Verwendung der Mittel mitzubedenken und Angebote vor Ort zu fördern, die das kirchliche und gesellschaftliche Leben stärken. Der Kirchenvorstand zeigte Verständnis und betonte, dass man die Entscheidung nicht aus Leichtfertigkeit, sondern aus Vorgaben der Landeskirche und wirtschaftlicher Notwendigkeit getroffen habe. Zugleich versicherten die Vertreter, dass sich die Kirchengemeinde nicht aus Zell zurückziehen wolle. Gottesdienste und andere Angebote sollen weiterhin stattfinden.
Ein weiterer Schwerpunkt der Sitzung war die Fällung der Trauerweide an der Gronauer Straße. Erster Stadtrat Frank Daum erläuterte, dass der Baum im Rahmen der regelmäßigen Baumkontrollen als nicht mehr standsicher eingestuft worden sei. Ein massiver Fäulnisbefall am Stamm und die unmittelbare Lage an Straße und Gehweg hätten den Gutachter dazu gebracht, eine unverzügliche Fällung zu veranlassen. Neben der Verkehrssicherungspflicht spiele auch das weitreichende Wurzelwerk eine Rolle, das bereits zu Schäden an der Ufermauer geführt habe.
Der Magistrat habe daher entschieden, an dieser Stelle keine neue Trauerweide als Ersatz zu pflanzen. Stattdessen legte der Bauhof drei alternative Baumarten als mögliche Ersatzpflanzung vor. Der Magistrat verzichtete bewusst darauf, eine Vorzugsvariante festzulegen, und bat den Ortsbeirat, in der nächsten Zeit eine Empfehlung auszusprechen. Aus dem Gremium und der Bürgerschaft wurde dabei auf Erfahrungen mit stark allergenen Pollen hingewiesen.
Der Ortsbeirat erinnerte abschließend an den bereits festgelegten Termin für den traditionellen Grenzgang am 27. Dezember. Geplant ist eine Route in Richtung Hemsberg, Details zu Treffpunkt und Ablauf werden noch bekanntgegeben. Außerdem findet am Sonntag (16.) um 9.30 Uhr die Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag am Manlayplatz statt. Die Bevölkerung ist zur Teilnahme eingeladen.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim_artikel,-bensheim-zell-evangelisch-gemeindehaus-_arid,2340906.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim.html
