Musiktage

Wunderbare Brahms-Kombinationen

Zum Finale präsentierte der Oratorienchor Bergstraße „Ein deutsches Requiem“ und „Schicksalslied“

Von 
Klaus Ross
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Mit einem Brahms-Konzert des Oratorienchors Bergstraße in Sankt Georg sind die diesjährigen Bensheimer Musiktage zu Ende gegangen. © Thomas Neu

Bensheim. Mit zwei großen Werken von Johannes Brahms sorgten der Oratorienchor Bergstraße und die Kammerphilharmonie Mannheim zum Ausklang der Bensheimer Musiktage am Totensonntag für eine sehr gut besuchte Stadtkirche Sankt Georg. Auf dem Programm stand neben dem Klassiker „Ein deutsches Requiem“ opus 45 (Premiere 1869) eine echte Rarität: die ebenfalls für Chor und Orchester gesetzte Hölderlin-Vertonung „Schicksalslied“ opus 54, uraufgeführt 1871 und dem Requiem in stilistischer wie expressiver Hinsicht sehr verwandt.

Geleitet wurde das Konzert vom ehemaligen Dekanatskantor Klaus Thielitz, der dankenswerterweise die Vertretung für seinen erkrankten Kollegen Christian Mause übernommen hatte. Beide Stücke erklangen in bläsermäßig geschickt verschlankten Kammerorchester-Fassungen: Die Schicksalslied-Version (2015) stammte von dem amerikanischen Chordirigenten Russell Adrian, die Requiem-Bearbeitung (2010) von dem Berliner Kirchenmusiker Ingo Schulz.

Brahms’ viertelstündige Hölderlin-Adaption lebt vom suggestiv vertonten Gegensatz zwischen dem „sehnsuchtsvollen“ himmlischen Frieden und dem umso härter kontrastierenden Menschenleid, dessen Ausweglosigkeit der Komponist allerdings im individuell gewichtenden Orchesternachspiel charakteristisch hoffnungs- und trostvoll abmildert. Unter Klaus Thielitz’ fabelhaft aufmerksamem wie engagiertem Dirigat zeigten sich der Oratorienchor Bergstraße und die Kammerphilharmonie Mannheim schon bei diesem atmosphärisch dichten Eingangswerk in bester Verfassung.

Sanft aufblühender Auftakt

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red
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Bewegend verinnerlicht der sanft aufblühende Es-Dur-Auftaktteil, plastisch konturiert das mitreißende zentrale c-Moll-Allegro, fein ausgehört der kontemplative C-Dur-Epilog: Wer die höchst originelle Komposition noch nicht oder nicht gut genug kannte, konnte hier eine veritable Entdeckung machen – auch mit Blick übrigens auf die rein solistische Bläserbesetzung von Russell Adrian, die uneingeschränkt stimmig wirkte.

Ähnlich problemlos funktionierte Ingo Schulz’ Requiem-Version, der die famosen Bläsersolisten des auch in Sachen Streichersound rundum überzeugenden Orchesters besondere farbliche Präsenz verliehen. Klaus Thielitz bot eine mustergültig klare Brahms-Lesart in wunderbar natürlich fließenden Tempi, die jede plakativ auftrumpfende Schwerfälligkeit souverän vermied und so keinerlei Klischees über den Komponisten bediente.

Sorgfältige Detailarbeit

Seine sorgfältige Detailarbeit mit dem beeindruckend motiviert und sicher singenden Oratorienchor war in allen sieben Sätzen des Stückes durchweg spürbar – präzise balancierend zwischen klug gesteigerter Dramatik („Denn alles Fleisch, es ist wie Gras“) und liednah empfundener Innigkeit („Wie lieblich sind deine Wohnungen“).

Stilistisch wie klanglich perfekt eingebunden präsentierten sich auch die strahlkräftige junge Sopranistin Giorgia Cappello („Ihr habt nun Traurigkeit“) und der gewohnt kultivierte Bariton Georg Gädker („Herr, lehre doch mich“).

Nach gut 80 tief erfüllten Brahms-Minuten in der Bensheimer Stadtkirche gab es entsprechend langen und herzlichen Beifall.

Freier Autor Besprechung klassischer Konzertveranstaltungen seit über drei Jahrzehnten (darunter als Schwerpunkte das umfangreiche regionale Kirchenmusikangebot sowie die renommierten Kammermusikreihen der Kunstfreunde Bensheim und von Forum Kultur Heppenheim)

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