Bergsträßer Weinfrühling

Eine Mini-Messe für Weinfreunde in Bensheim

Bergsträßer Weinfrühling: Weintreff im Bensheimer Bürgerhaus mit knapp 200 Weinen und Sekten aus 20 Betrieben.

Von 
Thomas Tritsch
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Der Weintreff im Bensheimer Bürgerhaus bildete am Samstag den Auftakt zum Bergsträßer Weinfrühling. © Thomas Zelinger

Bensheim. Der Weinabsatz ging letztes Jahr um vier Prozent zurück. Aufgrund der überdurchschnittlichen Verluste sank der Marktanteil deutscher Weine an den eingekauften Weinmengen um zwei Prozentpunkte auf 42 Prozent. Allein der Schaumwein-Konsum ist konstant geblieben. Es perlt auf hohem Niveau. Auch an der Hessischen Bergstraße.

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Die meisten Betriebe beim Weintreff hatten einen oder mehrere Sekte mitgebracht, die im Bürgerhaus verkostet werden konnten. Bei der traditionellen Weinmesse hatten Besucher Gelegenheit, das komplette Spektrum des kleinen Anbaugebiets kennenzulernen und mit Winzern und Kellermeistern ins Gespräch zu kommen.

Veranstaltungen rund um Wein, Kulinarik, Kultur und Landschaft

Wer Details über den Verlauf des Weinjahrs, Trends bei Rebsorten oder die Bodenbeschaffenheit bestimmter Lagen wissen wollte, der war im Kultur- und Kongresszentrum am Samstag goldrichtig. Die Veranstaltung des Bensheimer Verkehrsvereins und den hiesigen Weingütern ist nach wie vor die beste Gelegenheit, aber auch die einzige, um die Weinlandschaft in konzentrierter Form zu verkosten und mit Erzeugern zu plaudern.

Der Termin ist traditionell der Auftakt zum Bergsträßer Weinfrühling, der bis Ende Mai andauert und zahlreiche Veranstaltungen rund um Wein, Kulinarik, Kultur und Landschaft bündelt.

Bürgermeisterin und Weinkönigin betonten die Vielfalt der Rebsorten

Die Szene war nahezu komplett vertreten. 19 Betriebe präsentierten von 15 bis 20 Uhr nahezu 200 Weine und Sekte. Als Gastweingut war diesmal die Vier Jahreszeiten Winzer eG dabei, die in Bad Dürkheim (Pfalz) mit etwa 280 Mitgliedern eine Rebfläche von 524 Hektar bewirtschaftet. Die Gäste wurden unter anderen durch Bürgermeisterin Christine Klein und die Bergsträßer Gebietsweinkönigin Nina Kaltwasser begrüßt. Auch sie betonte die bemerkenswerte Rebsortenvielfalt im Anbaugebiet. Das liegt an sehr unterschiedlichen Bodentypen auf rund 460 Hektar Ertragsfläche, aber auch an der Lust der Betriebe, andere Wein-Typen mit neuen Aromen auszuprobieren beziehungsweise dauerhaft zu etablieren. Neben „südlichen“ Sorten wie den roten Syrah, Merlot oder Cabernet Sauvignon wird auch der weiße Sauvignon Blanc in immer mehr Weingütern angebaut.

Jüngstes Weingut der hessischen Bergstraße war vertreten

Beim Weintreff war die charismatisch markante, aber stilistisch durchaus facettenreiche Sorte beim Heppenheimer Weingut Freiberger, bei der Bergsträßer Winzer eG, der Odenwälder Genossenschaft Vinum Autmundis und bei Schloss Schönberg aus Bensheim anzutreffen.

Das jüngste Weingut der Hessischen Bergstraße, im Besitz der Unternehmerfamilie Streit, wurde am Samstag von Julien Meissner repräsentiert, der mit seinem Team auch die Weinberge für das Sekthaus Griesel bewirtschaftet. Der Spätburgunder-Fan hatte einen Roten aus dem Barrique mit feinen Beerennoten und minimalem Restzucker mitgebracht.

Wenige Meter weiter wartete ein Hauch Südfrankreich – aus Auerbach! Mit seinem Shiraz Blush hat Hanno Rothweiler einen Rosé kreiert, der die elegante Leichtigkeit der Provence-Cuvées interpretiert, aber eigentlich ganz souverän daherkommt. Ein weiß gekelterter Rotwein aus dem Fürstenlager, der zu den gefragten Weinen des Sechs-Hektar-Betriebs zählt.

Naturwein aus Rotem Riesling vom Weingut Feligreno

Dass die Hessische Bergstraße auch Naturweine in petto hat, demonstriert das Weingut Feligreno. Der gelernte Koch und Sommelier Jannik Jährling hat den kleinen Bio-zertifizierten Betrieb (Ecovin) 2021 in Zwingenberg nach mehreren gastronomischen Stationen übernommen und konsequent weiterentwickelt.

Fast 200 Weine und Sekte aus 20 Betrieben konnten am Samstag im Bürgerhaus beim Weintreff verkostet werden. © Thomas Zelinger

Der sechs Wochen spontan auf der Maische vergorene Naturwein aus Rotem Riesling, unfiltriert und ungeschwefelt, weist lediglich 1,6 Gramm Restzucker pro Liter auf und wächst auf sogenanntem Gabbro: ein kompaktes, grobkörniges magmatisches Gestein plutonischen Ursprungs, nach dem auch ein weiterer Wein des Hauses benannt ist. Die Gerbstoffe aus den Schalen machen den Orange-Wein von Feligreno zu einem ursprünglichen Wein, auf den man sich allerdings einlassen muss, da er nicht den gängigen, oft uniformen Geschmacksmustern der konventionellen Kollegen entspricht. Nicht besser, aber anders.

Junge und kreative Weinmacher bereichern die Bergstraße

Vielfalt ist an der Hessischen Bergstraße ohnehin die Losung. Rothweiler und Simon-Bürkle (Zwingenberg) bewiesen, dass Lemberger (Blaufränkisch) sich nicht nur in Württemberg wohlfühlt. Sebastian und Michael Jäger wollen demnächst alle Weine ihres 18 Hektar Betriebs unter dem Label Jäger vermarkten, damit wird das Weingut der Stadt Bensheim sanft entschlummern.

Damit dürfte die Kollektion nicht nur übersichtlicher, sondern auch stilistisch klarer werden. Auf positive Resonanzen stießen am Samstag unter anderen ein Chardonnay-Weißburgunder, der erstmals 2021 komponiert wurde, sowie der trockener Riesling „Im Langen Jakob“, der nach einem Bensheimer Flurstück benannt ist.

Klassische Familienbetriebe trafen auf Traditionsbetriebe der Bergstraße

Barbara und Patrick Amthor bewirtschaften mittlerweile sechs Hektar Rebfläche und gehören wie Weinbau Koob (ebenfalls Heppenheim) zu den jungen und kreativen Weinmachern des Anbaugebiets, die auch Mut zu halbtrockenen Weinen oder Cuvées zeigen. Barbara Amthor hatte eine neue, feinherbe Weißwein-Cuvée aus dem Jahrgang 2023 dabei, die sie „Mit Dir“ getauft hat. Simon-Bürkle hatte eine besonders große Auswahl im Angebot, darunter auch den Vorzeige-Riesling Diorit, einen feinherben Silvaner und den Sekt „Aurea“ aus 2017, der sehr schön gereift ist. Er wurde 2021 zum 30. Geburtstag des Betriebs vorgestellt.

Traditionsbetriebe wie die Bergsträßer Winzer eG, die Domäne Bergstraße (Hessische Staatsweingüter) und Mohr aus Bensheim waren im durchweg gut gefüllten Bürgerhaus natürlich ebenso vertreten wie klassische Familienbetriebe, die mitten in einem Generationswechsel stehen.

Weine hören auf "Roaslie", "Wanda"und "Anja"

Auf knapp zwei Hektar produziert Volker Dingeldey im Gronauer Tal alle Jahre wieder beständig gute Qualitäten im Nebenerwerb. Tochter Eva ist nach ihrer Ausbildung eingestiegen und präsentierte unter anderen einen fruchtsüßen Riesling mit dem Kürzel „HdZ“: das bedeutet „Hinter den Zäunen“ und verweist auf einen Weinberg direkt hinter dem Familien-Anwesen.

Etwa 50 Jahre alte Reben wurden selektioniert und spontan im Holzfass mit weinbergseigenen Hefen vergoren. „Fritz“ ist ein nach dem Großvater benannter Riesling-Gutswein. Auch das Alsbacher Weingut von Anja und Sebastian Kühnert gibt seinen Kindern gerne Namen: Ihre Weine heißen unter anderem Rosalie (ein Rosé), Wanda (ein Merlot) oder Anja, wie sich ein fassgereifter Chardonnay vorstellt.

2015 gegründeter Sekt-Betrieb an der deutschen Spitze

Im Zentrum des Bürgerhauses war die Odenwälder Weininsel platziert: Betriebe wie Edling, Vinum Autmundis, Lohnmühle und das Weingut Eidmann hatten Weine aus der Enklave der Bergstraße dabei. Der Bereich Umstadt umfasst insgesamt fünf Einzellagen. Weit entfernt, und doch verbunden. Die 30-Kilometer-Tour in den nördlichen Odenwald konnte man sich dank des Weintreffs sparen.

Zurück zum Sekt. Die Erfolgsgeschichte von Griesel & Compagnie ist bekannt. Der 2015 gegründete reine Sekt-Betrieb hat es in wenigen Jahren an die deutsche Spitze geschafft. Kellermeisterin Rachele Crosara hatte eine Auswahl der Traditions-Linie mitgebracht.

Weintreff 2024 als kommunikative Mini-Weinmesse

Auch der „Von Wiesen“-Obstwein-Kollektion stand eine roséfarbene Koproduktion mit dem Pfälzischen Weingut Seckinger aus Niederkirchen zum Verkosten bereit. Im Oktober werden die neuen Réserve-Sekte der Linie Granite Parcellaire aus den Auerbacher Einzellagen Höllberg und Fürstenlager vorgestellt.

Der Weintreff 2024 hat seinen Ruf als kommunikative Mini-Messe für Betriebe und als ideale Orientierungsmöglichkeit für Weinfreunde bestätigt. Nirgends sind aktuelle Entwicklungen in der regionalen Szene so präsent wie bei diesem Tasting, das trotz der zwischenzeitlichen Hochfrequenz an Gästen einigermaßen entspannt abgelaufen ist.

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Veröffentlicht
Von
red
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Ein paar mehr Spucknäpfe hätten es am Samstag aber durchaus sein können. Auch, wenn es manchmal wehtut, wenn der Bergsträßer Wein in die anonyme Sammelentsorgung tropft.

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