Vortrag

„Visionen statt Romantik“ für den Bensheimer Marktplatz

Der Kulturunternehmer Klaus P. Becker hat auf Einladung der BfB sein Kultur-Konzept für den Bensheimer Marktplatz vorgestellt. Nach seinen Vorstellung braucht es keinen Neubau.

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Thomas Tritsch
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Der Kulturunternehmer Klaus Peter Becker präsentierte auf Einladung der BfB sein Konzept für den Marktplatz. © Thomas Neu

Bensheim. In der Bensheimer Stadtverordnetenversammlung stand im Mai ein Antrag der Bürger für Bensheim (BfB) zur Abstimmung. Gemeinsam mit der Stadtfraktion „Vernunft und Augenmaß“ (VuA) wollten sie den Bensheimer Kulturunternehmer Klaus Peter Becker in eine Sitzung aller Ausschüsse einladen.

Thema sollte die Marktplatz-Belebung sein. Becker ist langjähriger Leiter Internationalen Sommerfestspiele Auerbach und hatte sich Gedanken gemacht, wie man den oberen Marktplatz für eine kulturelle Nutzung umgestalten kann. Die Prämisse: kein Neubau und weiterhin freie Sicht auf die Stadtkirche Sankt Georg.

Beckers Expertise in Gestalt von reich ausformulierten Notizen und Visionen blieben außen vor: Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt. Seine Ideensammlung liege der Verwaltung und den Fraktionen vor, hieß es als Begründung. Eine Anhörung in den Gremien sei daher überflüssig.

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Franz Apfel kündigte schon damals an, dass die BfB Beckers Ausführungen dennoch eine Bühne geben wolle - was am Dienstag geschehen ist. Gut 20 Gäste kamen in die Gemeinde Sankt Laurentius, um zuzuhören und mitzudiskutieren. Vielleicht nicht gerade das große Publikum, das man sich vorgestellt hatte, aber dennoch ein wichtiger Termin, so Apfel weiter: Denn am heutigen Freitag (15.) findet das Vorgespräch der Preisrichter zum städtebaulichen Wettbewerb statt. Der Prozess wird sich bis Frühjahr 2024 hinziehen. Entschieden sei noch nichts, so Apfel.

Dennoch befürchtet er, dass die Option einer Nullbebauung im weiteren Procedere unter den Tisch gekehrt werden könnte. Denn jeder Architekt habe ein natürliches Interesse daran, zu bauen. Darüber hinaus sei die für Ende Februar geplante Ausstellung der Wettbewerbsergebnisse nicht ausreichend. Die BfB will an ihrem Vorschlag einer Bürgerversammlung weiter festhalten, in der die Vorschläge öffentlich weiter diskutiert werden können.

Verschiedene Ebenen des Marktplatzes differenziert betrachten

Auch die Bürgerinitiative „Bensheimer Marktplatz besser Beleben“ will die Möglichkeit einer Nullbebauung als eine der drei potenziellen Varianten weiterhin im Spiel wissen. Gundula Bunge-Glenz und Theo Sartorius waren in Sankt Laurentius mit dabei. Auch die BI hält das sogenannte Kultur-mobil-Konzept von Klaus Peter Becker für vielversprechend, weil es die verschiedenen Ebenen des Marktplatzes differenziert betrachtet und örtliche Synergien und Konstellationen berücksichtige.

Laut BfB-Fraktionschef Norbert Koller sei es das Ziel, den zentralen Platz bis zur konkreten Umsetzung der Wettbewerbsvorschläge kulturell weitaus stärker zu nutzen. Beckers Notizen, die aktuell in der dritten Version vorliegen, umfassten die Bereiche Kultur, Gastronomie, Aufenthaltsqualität sowie kommunikative Treffpunkte und Multifunktionsflächen aus einer ganzheitlichen Perspektive.

Sein Ziel sei eine maximale Aufenthaltsqualität zu jeder Jahreszeit für alle Generationen, so Becker in seinem Vortrag. Nach dem Abriss des Hauses am Markt sei der Platz luftiger und heller geworden. „Der Marktplatz atmet wieder.“ Und er schreie geradezu nach einer kulturellen Bespielung. Einen Neubau lehnt er ab, dafür gebe es weder historische noch städteplanerische Gründe.

Die Kirche sei als baulicher Abschluss ausreichend. „Die Proportionen stimmen“, so Becker, der eine rein quantitative Belebung des Ortes als „Zwangsvorstellung“ bezeichnet und ablehnt. Eine nachhaltige Vitalisierung sei nur durch Qualität möglich. Es gehe im weiteren Prozess darum, nicht Vergangenes aufzuwärmen, sondern Neues zu gestalten. Visionen statt Romantik.

Auch die Fokussierung auf die Ansiedlung weiterer Gastronomie in einem potenziellen Neubau vor Sankt Georg hält er für falsch. Das Angebot in der Stadt sei vielfältig genug. Sollte eine Aufwertung des Platzes gelingen, würde der innerstädtische Handel und auch die Gastronomie ohnehin durch die höhere Frequentierung des Zentrums profitieren.

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Dies sei laut Becker nur auf der Basis eines stimmigen Gesamtkonzepts möglich. Alles andere sei fahrlässig, unprofessionell und dem Bürger nicht vermittelbar. In dieses Konzept integriert werden müssten auch die beiden Häuser Marktplatz 2 und 3 („Gerlach-Ensemble“), die laut Klaus Peter Becker ideal für eine Tourist-Information an zentraler Stelle seien.

Es sei sinnvoller, in diese maroden Gebäude zu investieren als in einen Neubau vor der Kirche. Den unteren Teil des Platzes sieht er eher als Frequenzbringer und „sommerlichen Hotspot“ mit einer vitalen Szene aus Geschäften und Gastronomie. Das ehemalige Kaufhaus Krämer sei für ein Café oder ein regionales Restaurant geradezu prädestiniert.

„Man muss den Marktplatz von unten nach oben denken“, so Becker, der den östlichen Teil ganzjährig als Fläche für kulturelle Veranstaltungen aller Art vorschlägt. Hier könnten lokale Musiker, Ensembles und Theatergruppen eine Bühne finden. Eine sanfte Terrassierung im Außenbereich könne als Sitzfläche dienen und würde die Struktur des Platzes verbessern.

Die BfB will sich aktuell nicht festlegen

Becker geht noch weiter: Warum das Pflaster nicht als Eislauffläche nutzen? Er verweist auf Kunststoff-Schlittschuhbahnen, auf denen man auch im Sommer Pirouetten drehen kann. Letztlich gebe es unendlich viele Perspektiven. „Es braucht aber Mut zu unkonventionellen Entscheidungen.“ Wer unbedingt bauen möchte, der sollte auf das Hoffart-Areal blicken. Dort würde ein Anbau des Parktheaters mit einem dann vergrößerten Foyer das Kulturhaus erheblich aufwerten.

Die BfB will sich angesichts der nun startenden Entscheidungsfindung nicht auf eine Variante festlegen, so Franz Apfel. Er betonte, dass die Wählergemeinschaft den aus ihrer Sicht „hoffentlich ergebnisoffenen Wettbewerb“ zunächst abwarten möchte.

„Wir legen uns derzeit nicht fest und bilden uns unsere Meinung im weiteren Verlauf.“

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