Stadtbibliothek

Weg für den Umzug der Bensheimer Bibliothek wird freigemacht

Der Haupt- und Finanzausschuss stimmt für die Aufhebung des Sperrvermerks im Haushalt. Erst dadurch können die Planungen weitergehen.

Von 
Anna Meister
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In der Innenstadt soll die Stadtbibliothek weiter durch ihren Standort in der Alten Gerberei vertreten sein. © Thomas Neu

Bensheim. Nichts hält länger als ein Provisorium – diese altkluge Weisheit soll sich in Sachen Stadtbibliothek nicht bewahrheiten. Darüber, dass die Institution so schnell wie möglich in die Innenstadt zurückkehren soll, besteht Einigkeit in der Bevölkerung und der Politik. Davor muss die Bibliothek aber erst einmal wieder ihre Türen an den beiden Übergangsstandorten öffnen.

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Immerhin an dieser Stelle ist man nun einen Schritt weiter: Der Haupt- und Finanzausschuss hat sich in seiner vergangenen Sitzung einstimmig dafür ausgesprochen, den Sperrvermerk im diesjährigen Haushalt in Höhe von 200 000 Euro aufzuheben und damit den Weg für die Umzugsplanungen in die Alte Gerberei und die Schwanheimer Straße 151 freizumachen.

Die Stadtbibliothek bietet künftig mit insgesamt 920 Quadratmetern an zwei Standorten gelegen einen Bestand mit etwa 38 000 Medien zur Ausleihe und Nutzung vor Ort. Digitale Angebote, wie die Onleihe und Filmfriend ergänzen das Portfolio.

Standort in der Innenstadt soll als Anlaufpunkt sichtbar bleiben

Neben der Grundversorgung mit Medien zur Unterstützung der schulischen Bildung, der Aus- und Weiterbildung, der allgemeinen Information und der kreativen Freizeitgestaltung liegt der Schwerpunkt der Arbeit im Bereich Leseförderung und Medienprojekte für Kinder und Jugendliche.

Mit dem Standort in der Innenstadt soll die Stadtbibliothek als zentraler Anlaufpunkt sichtbar bleiben. Eine hohe Aufenthaltsqualität, gute Erreichbarkeit und die Wahrnehmung der Stadtbibliothek als Treffpunkt sind laut Verwaltung aufgrund der stadtnahen Lage, der Beliebtheit des Gebäudes sowie des authentischen Charakters gewährleistet.

Auf 250 Quadratmetern mit zwei Ebenen sollen dort 10 000 Kindermedien, rund 36 Zeitschriften-Abos mit 800 Heften und noch einmal 100 bis 200 aktuelle Medien aus den Bereichen Belletristik und Sachliteratur angeboten werden.

Medienstandort der Stadtbibliothek in der Schwanheimer Straße

Die Dependance in der Innenstadt, die hauptsächlich als Kinderbibliothek sowie Veranstaltungsort für Kinder genutzt werden wird, soll eine Präsentationsfläche für Neuerscheinungen, eine Ruhe-Lese-Zone mit Zeitungen und Zeitschriften für Erwachsene, die Medienverbuchung und Beratung, eine Garderobe, ein kleines Café-Angebot an der Theke und zwei Bildschirmarbeitsplätze erhalten.

Das ehemalige Firmengebäude in der Schwanheimer Straße 151 wird als Medienstandort, Lern- und Arbeitsort fungieren. Es wird außerdem die Arbeitsplätze für das Team beherbergen. 670 Quadratmeter auf zwei Etagen bieten Platz für 8500 Medien im Bereich Belletristik, 16 500 Sachmedien, 1600 Jugendromane, 1500 AV-Medien und etwa 100 Gegenstände der „Bibliothek der Dinge“.

Außenbereich für Medienflohmärkte

Eine 24-Stunden-Rückgabe und die Selbstverbuchung von Medien soll ermöglicht werden, der Standort dient zudem als Veranstaltungsort für Jugendliche und Erwachsene. Ein großer Lern- und Arbeitsbereich mit zwei PC-Arbeitsplätzen, ein kleines Café-Angebot und Sitzgelegenheiten ergänzen das Angebot.

Der Außenbereich des Geländes könnte zum Beispiel für Medienflohmärkte genutzt werden. 15 Parkplätze direkt am Gebäude und eine Busanbindung sorgen dafür, dass auch dieser Standort erreichbar ist.

Für beide Objekte liegen die Entwurfsplanungen vor, auf Grundlage derer nun die Einholung der Baugenehmigungen ansteht. Parallel dazu ist die Beauftragung weiterer Fachplanungen notwendig – für Beleuchtung und EDV. Die Entleerung des Anwesens Alte Gerberei läuft aktuell.

Kosten für die Herrichtung beider Standorte

Die Verwaltung hat bereits erste Kosteneinschätzungen für den Umzug beziehungsweise die nötigen Vorarbeiten geliefert: Die aktuelle grob geschätzte Summe für die Gesamtmaßnahme beträgt vorbehaltlich der Ausschreibungsergebnisse etwa 212 000 Euro ohne Beleuchtung und EDV – Einsparungen sind möglich und werden derzeit geprüft.

Für die Schwanheimer Straße werden etwa 96 500 Euro fällig. Hiervon sind aber noch einmal 40 000 Euro abzuziehen, da der Vermieter die Investition für Beschattung und Klimatisierung übernimmt. Die Hälfte dieser Kosten wird dann auf eine Laufzeit von fünf Jahren mit der Miete verrechnet, so der aktuelle Verhandlungsstand (etwa 350 Euro monatlich).

Stadt Bensheim hat sich bereits um Fördermittel beworben

Die Kosten für die Herrichtung der Alten Gerberei belaufen sich auf 87 000 Euro. Davon sind etwa 68 500 Euro für neue Möbel veranschlagt. Angeschafft werden müssen sie, weil die Bestandsmöbel von ihrer Höhe nicht in die Räume passen. Auch wegen der Statik kann man nicht auf den Bestand zurückgreifen, erklärte Erste Stadträtin Nicole Rauber-Jung. Zudem müsse die alte Bühne des Theaters vollständig mit Stufen verkleidet werden, da sich dort vornehmlich Kinder aufhalten sollen und keine Sturzgefahr bestehe. In die Schwanheimer Straße können die Bestandsmöbel mit umziehen.

Die Stadt Bensheim hat sich um Landesfördermittel bei der Hessischen Fachstelle für Bibliotheken beworben. Sollten diese zugeteilt werden, müssen Kriterien erfüllt werden: So sind die Arbeiten in einem festgelegten Zeitfenster auszuführen und abzurechnen. Konkret heißt das, Aufführungsbeginn nach Erhalt des Bescheides (voraussichtlich Mai), die Fertigstellung und Abrechnung muss bis November 2024 erfolgen. Bis zu 45 Prozent der Kosten für Möblierung und Beleuchtung könnten übernommen werden. Die Auftragssumme muss von der Stadt vorfinanziert werden. Handlungsfähig ist sie nun durch die Aufhebung des Sperrvermerks.

Beginn des Mietverhältnisses ab 1. Juni angedacht

Aktuell besteht noch das Mietverhältnis für den Neumarkt, allerdings zahlt die Stadt schon seit geraumer Zeit keine Miete mehr. Grund sind die zahlreichen Schäden, die schon während der Nutzung bekannt waren (wir haben berichtet). Aktuell lagern an diesem Standort alle Medien in Kistenverpackt und vor Feuchtigkeit geschützt.

Zum Mietvertrag für das Objekt in der Schwanheimer Straße 151 laufen aktuell noch die Verhandlungen. Beginn des Mietverhältnisses ist für den 1. Juni dieses Jahres geplant. Die Mietdauer soll fünf Jahre plus Verlängerungsoption betragen. In einem Änderungsantrag hatte die Koalition aus CDU, SPD und FDP gefordert, den Mietvertrag auf drei Jahre abzuschließen. Diesem Wunsch hatte der Vermieter schon im Vorfeld eine Absage erteilt.

Mietkosten sollen sich auf gleichbleibendem Niveau halten

„Man muss dazu sagen: Realistisch betrachtet ist es nicht wahrscheinlich, dass die Stadtbibliothek in den kommenden drei Jahren wieder vollständig in die Innenstadt zurückziehen wird“, sagte Rauber-Jung. Die Stadt habe bereits mehr als 20 Standorte geprüft, geeignet ist jedoch keiner. Und auch ein Neubau lässt sich nicht innerhalb so kurzer Zeit errichten.

Vom Vorschlag, bis zum Ende des Jahres ein endgültiges Zuhause für die Bibliothek zu definieren, rät die Baudezernentin dringend ab. „Die Untersuchungen, die für die Prüfung von Standorten nötig sind, kosten eine Menge Geld. Dafür sind in diesem Jahr keine Mittel im Haushalt eingestellt. Das können wir nicht einfach ins Blaue hinein machen.“

Der Mietvertrag wird nach allen nötigen Prüfungen dem Magistrat zur Beschlussfassung vorgelegt, danach entscheidet abschließend der Haupt- und Finanzausschuss.

Die Mietkosten sollen sich etwa auf dem bisherigen Niveau bewegen, so Rauber-Jung. Da aktuell keine Zahlungen an den bisherigen Vermieter fließen, ergebe sich hieraus ein Puffer. Dazu kommen noch freie Mittel aus dem Eigenbetrieb Stadtkultur.

Fragen zu click und collect

„Wir können es kaum erwarten, dass es weitergeht, ganz glücklich sind wir mit der Vorlage aber nicht“, sagte Tobias Heinz (CDU). So vermisste er darin den Begriff „click und collect“, der gänzlich verschwunden sei. Das werfe Frage auf. Zudem ist ihm wichtig, zu berücksichtigen, dass es sich bei beiden Objekten um ein Provisorium handle. „Wir können nicht jedes Angebot aufrechterhalten, sondern sollten uns auf die Kernaufgaben konzentrieren.“

In der Beschlussvorlage überschreite die Kalkulation die Höhe der nun freigegebenen 200 000 Euro. „Wie sollen die Kosten, die über den Posten im Haushalt hinausgehen, gedeckt werden?“ Mit dem Sperrvermerk habe bewirkt werden sollen, Detailinformationen zu bekommen und auf dieser Grundlage zu entscheiden, kritisierte Heinz.

Das Problem bei der Sache: Ohne freie Mittel keine konkrete Planung. „Die 200 000 Euro waren grob geschätzt. Ohne die Freigabe des Sperrvermerks konnten wir keine genaueren Angaben machen, weil alle weiteren Planungen auch weitere Kosten verursachen“, erklärte Rauber-Jung. Bezüglich click und collect gehe es nicht um die Frage, ob, sondern in welcher Form – Stichwort Personal – es angeboten werden kann.

"Bibliothek der Dinge"

Winnie Lechterbeck, die Leiterin der Stadtbibliothek, erläuterte auf die Frage, ob das Angebot denn nötig sei, die Funktion der „Bibliothek der Dinge“. Das Angebot soll am Übergangsstandort präsenter gemacht werden. „Es werden zum Beispiel E-Reader oder Tonie-Boxen verliehen.“ Das laufe sehr gut. Auch umliegende Bibliotheken, Heppenheim oder Viernheim etwa, bieten eine Bibliothek der Dinge an. „An dieser Stelle müssen wir konkurrenzfähig bleiben“, so Lechterbeck.

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Wolfgang Bauer
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Harald Boeddinghaus (FDP) sah das anders: Kernthema solle click und collect am Standort Alte Gerberei bleiben. „Ja, wir müssen konkurrenzfähig sein. Aber dafür muss die Bibliothek erst einmal wieder aufmachen.“

Auf die Kritik, man lege zu viel Augenmerk auf den Standort in der Schwanheimer Straße, entgegnete Rauber-Jung: „Es wurde nie kommuniziert, dass dieser Standort nur ein Lager werden soll, sondern das Angebot des Innenstadt-Standortes ergänzt mit Möglichkeiten zum Lernen und Arbeiten. Wir brauchen auch in der Übergangszeit Angebote für alle Gruppen, da uns die Leute sonst abwandern.“

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