Zum Artikel „Eine gute Bibliothek ist im Stadthaus nicht möglich“ vom 30. März:
Eigentlich wollte ich mich nicht zum Interview mit Herrn BM Grunert äußern, jedoch ist den im „MM“ abgedruckten Leserbriefen doch noch etwas hinzuzufügen: Am 1. April habe ich das Interview mit Herrn BM Grunert im ,MM’ gelesen und seine Ausführungen zunächst als Aprilscherz verstanden. Aber dem ist nicht so. Ca. 100 Millionen für eine Bibliothek, dazu der Wegfall eines Parkhauses mit fast 500 Parkplätzen. Das Interview strotzt vor Arroganz. Über die Finanzierung spricht man nicht so gerne, alleine der Vergleich, dass für Feuerwachen ähnliche Beträge aufgewendet werden, ist grotesk.
Auch wenn das bestehende Parkhaus nur an sechs bis acht Wochenenden mit knapp 500 Parkplätzen voll ausgelastet sein soll, so ist bei einer „normalen“ Auslastung von ca. 400 Parkenden an den übrigen Tagen zu fragen, wo diese alternativ ihr Fahrzeug unterbringen sollen. Der Wegfall des Parkhauses entspricht einem weiteren Schlag in die Magengrube des Innenstadt-Einzelhandels, Kunden aus der Vorderpfalz, auf die der Handel dringend angewiesen ist, werden verzweifelt – aber nur einmal – einen Parkplatz suchen, weitere Leerstände und der Wegfall von Arbeitsplätzen sind vorprogrammiert, aber die Befürworter sind gut alimentiert und haben keine Arbeitsplatzsorgen. Darüber hinaus parken viele gerade auch ältere Menschen in diesem zentral gelegenen Parkhaus, um eine der zahlreichen Arztpraxen im Umfeld aufzusuchen.
Dass eine Bibliothek vorhanden sein sollte, ist unbestritten. Aber in dieser Dimension und an diesem Standort gleicht das Vorhaben einem Schildbürgerstreich, eine Suche nach Alternativen scheint man unter fadenscheinigen Argumenten (Denkmalschutz für Wände und Mobiliar etc.) brüsk abzulehnen. Da man jedoch bereits eine siebenstellige Summe in Architektenwettbewerbe investiert hat, muss wohl so gebaut werden.
Ähnlich propagiert auch Herr Stadtrat Reinhold Götz (als AR-Mitglied der GBG) auf seinen Wahlplakaten die Notwendigkeit dieses Baus (natürlich ohne Nennung der Kosten). Es wird dann vermutlich ein „Sondervermögen“ sprich Schulden von 100 Millionen aufgelegt, der Bürger übernimmt ja den erheblichen Schuldendienst! Und ach ja, die Folgekosten für diesen überdimensionierten Bau (Unterhalt, Personal etc.) ignoriert man gerne, genauso die fehlenden Einnahmen des bestehenden Parkhauses, die sicherlich aktuell die Millionengrenze p. a. übersteigen und nicht anderweitig kompensiert werden dürften. Aber es muss ja gebaut werden, koste es was es wolle, auch nachfolgende Generationen werden noch daran zu knapsen haben.“
Ein fähiger Architekt könnte die Bibliothek im Stadthaus in N1 planen und bauen und sogar mit einem Lichthof versehen. Auch die gewünschten neuen Erfordernisse, wie Makerspaces, 3D-Drucker usw. könnten dabei berücksichtigt werden. Das bestätigten mir zwei Architekten unabhängig voneinander, auch unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes. Geht der Denkmalschutz vor Natur- und Umweltschutz? Man muss sich tatsächlich fragen, ob Bürgermeister Dirk Grunert wirklich der Umweltpartei der Grünen angehört? Oder hat er noch nichts davon gehört oder gemerkt, dass es in der Innenstadt von Mannheim immer heißer wird!
Es ist überaus wichtig, die wertvolle Fassadenbegrünung am Parkhaus N2 zu erhalten, da sie für das Stadtklima vonnöten ist. Diese speichert und verdunstet Wasser und wirkt so kühlend im Sommer auf die Umgebung. Gleichzeitig bindet sie Schadstoffe aus der Luft. Das ganze Jahr hören die Anwohner die Vögel in der Fassadenbegrünung zwitschern.
Zudem ist das Parkhaus in N2 sehr gut ausgelastet und nicht nur an sechs bis acht Samstagen, wie von Herrn Grunert behauptet, sondern auch an ganz gewöhnlichen Werktagen. Das haben mir Anwohner aus der Nachbarschaft berichtet und ich habe mich auch schon des Öfteren selbst davon überzeugen können, wenn ich das Parkhaus nutzte. Es ist ein sehr beliebtes Parkhaus, gerade auch bei den vielen auswärtigen Besucher, welche die gute Erreichbarkeit und die kurzen Wege in die Innenstadt schätzen. Schließlich soll die Innenstadt weiter attraktiv bleiben und nicht veröden! Es ist außerdem eine Ressourcenverschwendung, wenn bestehende Bestandsgebäude nicht genutzt und umgewidmet werden. Durch den Abriss des Parkhauses wird die Umwelt unnötig durch Dreck und Lärm belastet. Der Neubau verschlingt wieder wertvolle Ressourcen. Von den Kosten ganz zu schweigen.
Die benötigten finanziellen Mittel können an anderer Stelle besser eingesetzt werden, wie z. B. Sanierung der maroden Infrastruktur oder die fehlende Kinderbetreuung. Was soll mit dem Stadthaus in N1 passieren? Soll es in Zukunft leer stehen und dem Verfall preisgegeben werden, wie das ehemalige technische Rathaus am Collini-Center? Mannheim braucht endlich eine Umweltpartei, die sich diesen Namen auch verdient!
Was lange währt, sollte endlich gut werden. Wie Bürgermeister Grunert im Interview schildert, ist die Stadt schon lange auf der Suche nach einem neuen, geeigneten Standort für eine ihrer wichtigsten außerschulischen Bildungseinrichtungen. Schon der Umzug der Zentralbibliothek in das neue Stadthaus N 1 Anfang der 1990er Jahre war eine Notlösung. Das Dalberghaus platzte aus allen Nähten, aber ein anderes Gebäude stand nicht zur Verfügung. Da bot sich eine freie Etage im neuen Stadthaus an, die allerdings für eine Bibliothek weder vorgesehen noch geeignet war. Jetzt hat die größte Stadt der Metropolregion Rhein-Neckar die einmalige Chance, an zentraler Stelle in der Innenstadt ein zukunftsweisendes Gebäude zu errichten, das alle Angebote der Stadtbibliothek bürgerfreundlich unter einem Dach vereint und die Innenstadt aufwertet.
Machen wir Mannheimer endlich auch, was viele Gemeinden im In- und Ausland in den letzten Jahren vorgelebt haben, die essenzielle Wichtigkeit einer solchen Bildungseinrichtung für ihre Stadt zu erkennen und ein vorbildhaftes, zeitgemäßes neues Bibliotheksgebäude zu errichten! Neben den konventionellen Medienangeboten hätten Bürgerinnen und Bürger jeden Alters einen anregenden Treffpunkt ohne Konsumzwang. Schülerinnen und Schüler könnten sich treffen, um zu lernen, zu spielen und sich auszutauschen. Wichtiger denn je, digitale Inhalte könnten zur Verfügung gestellt und digitale Kompetenzen vermittelt werden. Diese große Chance sollte nicht leichtfertig vertan werden, zumal in nächster Zukunft ein noch größeres Desaster droht, da die Bibliothek auf Grund des Verkaufs des Dalberghauses bis Ende des Jahres im Stadthaus zusammengepfercht wird! Zurück in die Steinzeit!
Info: Originalartikel unter https://t1p.de/wijqn