Schönberg. Es hat nur knapp zwei Stunden gedauert, bis die Trockenmauer von Gras, Gestrüpp und Waldreben befreit war. Vorausgegangen war eine konzertierte Aktion des Landschaftspflegeverbands Bergstraße. Rund 30 ehrenamtliche Helfer trafen sich am Samstagfrüh auf einer Wiese westlich der Straße „Am Rosengrund“ im Norden des Ortsteils, um die Steinmauer freizulegen.
Auf diese Weise werden die Steine und Hohlräume wieder von der Sonne erwärmt und bieten so verschiedenen Pflanzen- und Tierarten einen Lebensraum. Solche von Menschenhand geschaffenen Biotope werden immer seltener. Sie bieten mit ihren zahlreichen Nischen und Ritzen Reptilien und Amphibien, aber auch Spinnen, Käfern und Insekten Schutz und Unterschlupf. Der Verbandsgeschäftsführer Martin Schaarschmidt, der in Schönberg aufgewachsen ist, hatte die Fläche vor zwei Jahren wieder einmal besucht und sich vorgenommen, den üppigen Bewuchs irgendwann zu entfernen. Gemeinsam mit der Geschäftsstellenleiterin Stefanie Seitz wurde der erste Landschaftspflegetag des Verbands in Schönberg terminiert.
Lebensraum für seltene Tierarten
Organisatorische Partner waren der Schönberger Verschönerungsverein, die Freiwillige Feuerwehr und die Stadt Bensheim. Auch Mitglieder des Ortsbeirats und des Nabu Bergstraße beteiligten sich an der Maßnahme, die schon nach kurzer Zeit einen sichtbaren Erfolg gezeigt hat. „Selbst anpacken bei der Landschaftspflege“, lautet das Motto. Bei den Aktionen können und sollen alle mitmachen, die Lust haben, etwas für ihre Umwelt zu tun, so Stefanie Seitz.
Trockenmauern sind laut Verband besonders schützenswerte Elemente unserer Kulturlandschaft. Sie stellen für viele wärmeliebende und zum Teil sehr seltene beziehungsweise gefährdete Arten wie Mauereidechsen und Schlingnattern einen wichtigen Lebensraum dar. Werden die Mauern allerdings durch den Bewuchs von Brombeeren, Efeu und anderen Gehölzen stark beschattet, können sich die Steine nicht ausreichend erwärmen, so dass die ökologische Bedeutung dieser Biotope verloren geht.
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Der Einsatz passte bestens zum Aufgabenspektrum des Landschaftspflegeverbands, der es als gemeinschaftliche Aufgabe ansieht, die Natur für zukünftige Generationen zu bewahren. Daher waren auch die jungen Helfer am Samstag besonders gern gesehen. „Das sind die Naturschützer von Morgen“, so Seitz. Ein weiterer zentraler Ansatz ist die enge Kooperation von Politik, Landwirtschaft und Naturschutz, um gemeinsam möglichst viel zu erreichen. Der Verband wurde 2022 in Lautertal als gemeinnütziger Verein ohne behördliche Befugnisse gegründet. Keimzelle waren die beiden Biodiversitätskonferenzen des Kreises Bergstraße. Der Startschuss fiel im Jahr darauf. Die Zusammenarbeit in diesem interdisziplinären und offenen Bündnis erfolgt freiwillig und gleichberechtigt – somit öffnen sich bei Projekten die Türen oft schneller als bei einem formalen und hierarchisch organisierten Vorgehen.
16 Kommunen machen mit
Die Hauptaufgabe besteht darin, den Erhalt und die Entwicklung natürlicher und kultureller Landschaftselemente zu fördern. 16 der 22 Kommunen im Kreis Bergstraße sind bereits beigetreten. Hinzu kommen landwirtschaftliche Betriebe, Vereine und Verbände sowie Privatpersonen als fördernde Mitglieder. Die Finanzierung erfolgt neben den Mitgliedsbeiträgen durch Zuschüsse des Landes Hessen für Personalkosten. Diese sind gebunden an Aufgaben aus einem jährlichen Arbeits- und Maßnahmenprogramm.
„Es hat sich gelohnt“, bilanzierte Martin Schaarschmidt, der seit vielen Jahren beim Landschaftserhaltungsverband (LEV) Rhein-Neckar in Baden-Württemberg arbeitet und bereits viele ehrenamtliche Projekte geleitet hat. Nach dieser ersten Aufwertung der Natursteinmauer, die mitten durch ein geschütztes FFH-Gebiet (Flora-Fauna-Habitat) verläuft, könnte sich Schaarschmidt auch eine Sanierung des Walls vorstellen. „Vielleicht lassen sich dafür Fördermittel akquirieren!“ Die Maßnahme am Rosengrund war im Vorfeld mit dem Forstamt Lampertheim (Hessen Forst) und dem Regierungspräsidium in Darmstadt abgestimmt worden. Damit alles seine Richtigkeit hat.
Kaum Infos zur Geschichte
Gegen Mittag wurden die Rechen, Heckenscheren, Hacken und Heugabeln beiseite gelegt. Mit einem gemeinsamen Imbiss im Haus am Dorfplatz endete ein erfolgreicher Landschaftspflegetag mit großem Vorher-Nachher-Effekt. Und so manchen Erinnerungen: Einige der Helfer hatten hier schon als Kinder gespielt. Über die Geschichte der Mauer ist übrigens wenig bekannt. Auch Manfred Schaarschmidt, über vier Jahrzehnte Vorsitzender des Schönberger Verschönerungsvereins und Kenner der lokalen Geschichte, konnte am Samstag keine harten Fakten mitteilen. Die Tiere, die dort jetzt wieder ein Zuhause finden, interessiert das ohnehin nicht.
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