AKG Bensheim

Englisch-Theater-AG: „Twelve Angry Men“ am AKG in Bensheim

Die Englisch-Theater-AG beeindruckte im Speichertheater mit ihrer Inszenierung des Klassikers „Twelve Angry Men“.

Von 
Eva Bambach
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Die Englisch-Theater-AG des Alten Kurfürstlichen Gymnasiums überzeugte im Speichertheater mit ihrer Inszenierung von „Twelve Angry Man“. © AKG

Bensheim. Der Theaterraum des Alten Kurfürstlichen Gymnasiums (AKG) liegt oben unter dem Dach – an warmen Tagen ist es dort stickig, heiß, es gibt kaum einen Lufthauch. Besser hätte der Ort für die Premiere der Englisch-Theater-AG nicht gewählt sein können. Denn was im Speichertheater am Dienstagabend mit „Twelve Angry Men“ auf die Bühne kam, lebt auch von Enge, Schwüle und drückender Atmosphäre.

Reginald Roses Drama „Twelve Angry Men“, das 1954 zunächst als Fernsehspiel erschien und später zu einem Bühnenklassiker wurde, spielt in einem Geschworenenraum eines amerikanischen Gerichtsgebäudes. Zwölf Menschen sind aufgefordert, ein einstimmiges Urteil über das Schicksal eines 16-jährigen Jungen zu fällen, der des Mordes an seinem Vater angeklagt ist. Bei einem Schuldspruch droht dem Angeklagten die Todesstrafe. Das Stück beginnt unmittelbar nach Prozessende, als sich die Geschworenen zur Urteilsberatung zurückziehen. Schnell treten die sozialen Unterschiede und persönlichen Hintergründe der Beteiligten zu Tage, doch eint sie alle die Hoffnung, der Enge möglichst schnell zu entrinnen („I’m sure they locked the door“).

Zunächst scheint die Sache auch eindeutig, die Beweislage erdrückend – eine Nachbarin will den Mord beobachtet haben, ein alter Mann will den Täter weglaufen gesehen haben und das Tatmesser wurde im Besitz des Jungen gefunden. Elf der zwölf Geschworenen stimmen in einer ersten Abstimmung für „schuldig“. Nur einer stimmt für „nicht schuldig“ – nicht, weil er von der Unschuld überzeugt wäre, sondern weil er sich angesichts der drohenden Todesstrafe in der Verantwortung sieht, sich ernsthaft mit den Vorwürfen auseinanderzusetzen.

Entgegen der Widerstände der anderen hinterfragt er die Aussagen der Zeugen und weist auf Widersprüche hin. Die Dynamik in der Gruppe verändert sich im Laufe des Stücks, Vorurteile, persönliche Frustrationen und soziale Spannungen treten offen zutage. Einige zeigen deutlich emotionale Motive und persönliche Projektionen und rassistische Gründe für ihr Urteil. Doch immer mehr Geschworene erkennen diese Hintergründe und beginnen, an der Schuld des Angeklagten zu zweifeln.

Plädoyer für Verantwortungsbewusstsein, Zivilcourage und faire rechtsstaatliche Verfahren

Die Aufführung der Englisch-Theater-AG war eine beeindruckende Ensembleleistung, die der Textlastigkeit der Vorlage mit überzeugenden schauspielerischen Charakterisierungen begegnete. Das intensive Spiel der so unterschiedlichen Persönlichkeiten, der Schlagabtausch in den Dialogen und das ganz allmähliche Kippen der Meinungen kamen gut zum Tragen, weil sich alle ernsthaft mit ihren Rollen auseinandergesetzt hatten. Jeder der „zwölf wütenden Männer“ – in dieser Inszenierung überwiegend weiblich besetzt – trug mit klar erkennbarer Figur zur Spannung bei. Die hitzigen Auseinandersetzungen, etwa des Geschworenen Nr. 8 als zentraler Figur und seiner emotionalen und rassistischen Gegenspieler Nr. 3 und Nr. 10, wurden glaubwürdig umgesetzt.

Die Inszenierung war nicht nur ein kraftvolles Plädoyer für Verantwortungsbewusstsein, Zivilcourage und faire rechtsstaatliche Verfahren. Sie zeigte auch die Problematik gruppendynamischer Prozesse und welche fatalen Auswirkungen persönliche Vorurteile und soziale Spannungen haben können. Das klug und sparsam gestaltete Bühnenbild förderte die Konzentration auf die dichte Dialogführung und die spannungsgeladene Atmosphäre.

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Die Aktualität und Relevanz des Themas unterstrichen Themenplakate im Vorraum des Theaters mit Fragen wie: „Wie stehen Sie zur Todesstrafe?“, „Inwiefern beeinflusst Ihre politische Einstellung Ihr Alltagsleben?“ und „Was ist Wahrheit?“.

Eine weitere Aufführung gibt es am Freitag (6.), 19.30 Uhr. Es spielen unter der Regie von Florian Krumb: Minea Sieben, Carlo Leggieri, Lena Hartnagel, Lilly Hechler, Zoe Homa, Antonella Lotz, Viktoria Kern, Ronja Richter, Marlene Hillmanns, Till M. Endres, Dana I. Brückner, Mina Gunther, Vivienne Eberle, Sophia Herberz. Für die Technik zuständig sind Julius Leidel, Patricia Schlosser, Sarah Krüger und die Event-AG.

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