Bensheim. Was hat Bensheim vor 25 Jahren bewegt? Was hat die Stadtgesellschaft geärgert, wo gab es postive Entwicklungen zu vermelden? Worüber wurde im Jahr 2000 diskutiert, gestritten oder gelacht? Wie verlief der Start ins neue Jahrtausend in der größten Stadt an der Bergstraße?
Beim Blättern in den alten Zeitungsbänden wird schnell klar, nur ein einziges bestimmendes Thema gab es nicht. Breit gefächert waren die damals aktuellen Themen - angefangen vom misslungen Start ins Jahr mit der geplanten Winterwonder-Eislaufbahn bis zur „Wetten, dass?“-Challenge in Sachen Gewerbegebiet Stubenwald.
Eine Kiste Sekt als Wetteinsatz
Aber von vorne: Mit einer Eisbahn wollte die Zappalotti Marketing GmbH die Bensheimerinnen und Bensheimer zum Jahreswechsel 2000 beglücken. Der verregnete Dezember machte dem geplanten Massenspektakel „Dreams on Ice“ einen gewaltigen Strich durch die Rechnung. Unter den Erwartungen lag auch der Besuch der Silvester-Fete auf dem Beauner Platz. Hatten die Zappalotti-Geschäftsführer mit „30.000 bis 50.000 Besuchern“ spekuliert, kam nur ein Bruchteil davon. Auch das Konzert der Rodgau Monotones im Bürgerhaus und eine Karaoke-Show im Festzelt konnten das Desaster nicht abwenden. Die Zappalotti GmbH stellte nach dem misslungenem „Bensheim-2000-Event“ den Insolvenzantrag.
Nach diesem Fehlstart ins Jahr, gab es dann aber doch noch gute Nachrichten: Das vor 25 Jahren noch taufrische Gewerbegebiet Stubenwald im Bensheimer Westen sollte auf Jahre und Jahrzehnte der Stadt gute Einnahmen bringen. Mit der Vermarktung wurde im Jahr 2000 die MEGB, Marketing- und Entwicklungs GmbH Bensheim, betraut, die aus der Bensheimer Bürgerhaus GmbH hervorging. Hauptamtlicher Geschäftsführer war vor 25 Jahren Dr. Claus-Joachim Lücken, Geschäftsführer im Ehrenamt der damalige Erste Stadtrat Werner Born.
Dass sich Kommunalpolitiker im Laufe einer Stadtverordnetenversammlung verbal „in die Wolle“ geraten, war damals wie heute üblich. Vor 25 Jahren endete die Debatte um die Vermarktung des Gewerbegebietes Stubenwald im Stadtparlament aber mit einer kursiosen Wette: Franz Apfel, damals noch Fraktionsvorsitzende der Grünen Liste Bensheim (GLB) - heute Fraktionsvorsitzender der Wählergemeinschaft „Bürger für Bensheim“ - war es, der dem damaligen Bürgermeister Georg Stolle eine Wette vorschlug. Es ging dabei um die Einschätzung, wie viel Geld bis Ende des Jahres 2000 aus der Vermarktung des Stubenwald-Geländes gezogen werde. Die Latte wurde auf zehn Millionen Mark gelegt, die Apfel für nicht realistisch hielt. Wetteinsatz: eine Kiste Sekt. Nur eins hatte sich Stolle ausbedungen: „Bitte keinen Faber.“
Und der Ehrenbürgermeister sollte Recht behalten, die Erfolgsmeldung der Einnahmen in Höhe von zehn Millionen kam Ende des Jahres. Lücken betonte damals: „Es gibt weit mehr Bewerber, als wir Grundstücke haben. Es ist wichtig, die richtigen auszuwählen. Wir wollen keinen Verkauf um jeden Preis. Wäre es so, dann hätten wir die zur Verfügung stehenden Flächen schon verkauft. Wir wollen immissionsarme, zukunftsfähige Branchen, die Arbeitsplätze in guter Qualität bieten.“
1998 hatte die Stadt Bensheim über die damalige Bürgerhaus GmbH das Hofgut Stubenwald gekauft. Der Startschuss für eine Erfolgsgeschichte. Im Jahr 2000 waren drei Grundstücke im Stubenwald verkauft. In den folgenden Jahren nahm die Vermarktung rasant an Fahrt auf: Im Gewerbegebiet Stubenwald I entstanden rund 3000 Arbeitsplätze . Die letzten größeren Flächen des 30 Hektar großen Areals wurden im Jahr 2017 bebaut. Große Unternehmen wie Suzuki, SAP, TE, Baldur-Garten, HTV und Jungheinrich haben sich dort niedergelassen. Hinzu kommen ein Hotel, eine Kita sowie eine Kletterhalle und das Fitness- und Wellness-Center von Pfitzenmeier.
Im Gewerbegebiet Stubenwald II standen zwölf Hektar zum Verkauf bereit. 2020 dann die Erfolgsmeldung: Das Gewerbegebiet Stubenwald II ist ausgebucht. Mit der Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung, den Weg für die Umsiedlung der Sanner GmbH frei zu machen, sind sämtliche Flächen des Areals vermarktet. Das teilte die Marketing- und Entwicklungsgesellschaft mit. Der damalige Finanzdezernent Adil Oyan war der Ansicht: „Auch Stubenwald II mit seinen Unternehmen aus den Bereichen Automotive, IT und Elektronik sowie Pharma, Medizintechnik und Healthcare wird einen wesentlichen Beitrag leisten, den Haushalt der Stadt Bensheim zukünftig zu sichern.“
Angesichts der aktuellen Haushaltsmisere der Stadt Bensheim und des dramatischen Einbruchs der Gewerbesteuer klingen diese Aussagen heute eine wenig voreilig - allerdings waren die weltpolitischen und finanzpolitischen Entwicklungen damals noch nicht abshebar. ank
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