Schwanheim. Corona war ein Klacks und auch die auffällige Häufung der Kündigungen im Liebfrauen-Kindergarten in Bensheim können sie nicht schrecken, denn was die Eltern der Schwanheimer Kindergarten-Kinder seit Jahren mitmachen, sprengt alle bisher bekannten Betreuungsproblematiken in den Kita-Einrichtungen der Stadt.
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Seit fast zwei Jahren müssen sich die Eltern mit einer Notfallsituation arrangieren, die sie und auch ihre Kinder an die Grenzen der Belastbarkeit bringt. Krankheitsbedingte Ausfälle, die Kita-Leitung ist dauerhaft krank, und nicht besetzte Stellen machen eine verlässliche Kinderbetreuung nicht möglich.
Seit Jahren ist der ehrenamtlich tätige Kirchenvorstand - der Schwanheimer Kindergarten ist in der Trägerschaft der evangelischen Kirche - nicht in der Lage, für eine Verbesserung der Situation zu sorgen.
Das Verständnis der berufstätigen Eltern ist erschöpft
Inzwischen ist für die Eltern das Ende der Fahnenstange erreicht, denn die Auswirkungen dieser unklaren Situation sind vielfältiger Natur. Zum einen zeigen sich die ständig wechselnden Betreuungssituationen bei den Kindern in Verhaltensauffälligkeiten und Aggressivität, zum anderen ist auch bei den Arbeitgebern der berufstätigen Eltern das Verständnis erschöpft. Immer wieder wurden die Eltern am Morgen damit konfrontiert, dass mangels Personal keine Betreuung möglich ist und kurzfristig musste eine Lösung gefunden werden. Das macht kein Arbeitgeber auf Dauer mit.
Wie in der jüngsten Sitzung des Ortsbeirates Schwanheim von einer Mutter zu hören war, gehört sie dem Elternbeirat des Kindergartens im zweiten Jahr an und hat in dieser Zeit noch keine Stabilität in der Betreuungssituation erlebt. Aktuell sei der Kindergarten an zwei Tagen geschlossen und an den übrigen Tagen könnten gerade mal 25 Kinder für vier Stunden betreut werden. Sowohl für Eltern als auch für die Kinder sei das eine enorme Belastung. „Wir fühlen uns von der Kirche und von der Stadt im Stich gelassen“, so die Mutter.
Kinderbetreuung verzeichnet einen "ungewohnt hohen Krankenstand"
Auch für Professor Nicolai Hannig, der an der TU Darmstadt den Lehrstuhl für neuere Geschichte leitet, ist das Maß voll. Sein Sohn ist seit drei Jahren im Kindergarten, doch er sei in dieser Zeit noch keine fünf Tage am Stück in der Einrichtung gewesen. „Das Problem wurde lange Zeit nicht ernst genommen“, so Hannig, der die Situation aus diesem Grund jetzt auch öffentlich macht. Allerdings ist man im Hintergrund in Gesprächen und Sitzungen nicht untätig gewesen und auch Ortsvorsteher Konrad Klapfenberger hat sich eingeschaltet. Man hat sich um Aushilfskräfte bemüht, zu denen in dieser Woche eine weitere Kraft dazu kommen sollte, doch diese ist plötzlich erkrankt.
Überhaupt verzeichnet der städtische Eigenbetrieb Kinderbetreuung aktuell einen „ungewohnt hohen Krankenstand“, so die stellvertretende Leiterin Dorothea Aßmann. Das bringt auch die kommunalen Kitas unter Druck, zumal man generell hinsichtlich des Personals keineswegs aus dem Vollen schöpfen kann.
Weiterhin mit eingeschränkten Betreuungszeiten rechnen
Dazu kommt, dass die Schwanheimer Einrichtung unter kirchlicher Trägerschaft steht. Das soll sich allerdings zum 1. August diesen Jahres ändern, denn dann wird der städtische Eigenbetrieb die Trägerschaft übernehmen. Das entbindet nicht von der Personalsuche, aber die Erfahrung zeige, dass die Anstellung in einer kommunalen Einrichtung von Erzieherinnen und Erziehern bevorzugt wird.
Die Voraussetzungen für die Übernahme der Trägerschaft werden in den kommenden Wochen geschaffen. Zunächst muss die Eigenbetriebskommission in ihrer Sitzung am 22. April die entsprechende Entscheidung treffen und dann müssen die städtischen Gremien dem Wechsel zustimmen.
Bis dahin werde die Stadt versuchen, die Schwanheimer Eltern entsprechend ihrer Möglichkeiten zu unterstützen. So ist Dorothea Aßmann zuversichtlich, dass die erkrankte Aushilfskraft spätesten ab der kommenden Woche wieder zur Verfügung stehe. Mit eingeschränkten Betreuungszeiten müsse aber nach wie vor gerechnet werden.
Wie von Nicolai Hannig zu erfahren war, haben sich die Eltern in ihrer Not schon selbst dazu entschlossen, abwechselnd in den Familien eine Notbetreuung zu leisten. Auch um die Kinder nicht ständig neuen Betreuungspersonen auszusetzen.
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