Bensheim. Mehr als 30.000 Quadratmeter Fläche, Platz für 300 bis 400 Wohnungen und ein neues Zuhause für bis zu 1000 Menschen: Allein diese Zahlen zeigen, welche Chance die Entwicklung des ehemaligen Firmengeländes der Sanner-Gruppe in Auerbach bietet. Unter dem neuen Quartiersnamen „Alte Stobbefabrik“ bringt die Familie Sanner als Bauherrin und Eigentümerin sowie tief verwurzelte Auerbacher Familie ihre über 130-jährige Verbundenheit mit dem Ort und ihren Anspruch an verantwortungsvolle Baukultur in das Projekt ein. Die Namensgebung ist eine charmante Hommage an die ursprünglichen Produkte der im Jahr 1894 gegründeten Firma, die sich im Laufe der Zeit zum Weltmarktführer für Trockenmittelverschlüsse entwickelt hat.
Die Familie Sanner und die für die Entwicklung des Geländes eigens gegründete Immotolia GmbH & Co. KG, vertreten durch Geschäftsführer und Familienmitglied in der fünften Generation Hendrik Friedrich, hat ein Werkstattgespräch initiiert, bei dem die Stadt unterstützend zur Seite stand.
Lange Geschichte und wichtiger Industriestandort
In diesem Rahmen nahmen Vertreterinnen und Vertreter der Bensheimer Kommunalpolitik teil, um die Ideen und Perspektiven für die Entwicklung zu diskutieren. Ziel ist es, auf dieser bedeutenden Konversionsfläche ein nachhaltiges und lebenswertes Wohnquartier zu schaffen, das modernen Anforderungen an Stadtentwicklung, Umweltverträglichkeit und sozialer Durchmischung gerecht wird.
Das Areal blickt auf eine lange Geschichte zurück: Ein Jahrhundertlang war es ein wichtiger Industriestandort der Sanner-Gruppe. Mit der Verlagerung der Produktion in das Gewerbegebiet Stubenwald II ergibt sich nun die einmalige Chance, das Gebiet neu zu konzipieren und in einen attraktiven Wohn- und Lebensraum zu verwandeln. Dabei sollen nicht nur zeitgemäße und bezahlbare Wohnangebote entstehen, sondern auch ein Quartier, das durch nachhaltige Bauweisen, innovative Mobilitätskonzepte und hohe Aufenthaltsqualität geprägt ist. Denkbar dabei ist auch die Kombination aus Kindergarten und betreutem Wohnen. Dies spiegelt die Grundidee, die im Viertel umgesetzt werden soll: generationenübergreifendes Wohnen von 0 bis 99 Jahren. Zudem soll das Areal alleinlebenden Menschen räumliche Veränderungen ermöglichen, damit sie den Anschluss an die Gesellschaft nicht verlieren.
Bedeutung des Projekts für Stadtentwicklung betont
Das Werkstattgespräch am vergangenen Samstag, an dem 33 Vertreterinnen und Vertreter der Kommunalpolitik sowie Stadtplanungsexperten als auch Fachleute aus den Bereichen Architektur und Mobilität teilnahmen, bot eine Plattform für intensive Diskussionen und kreativen Austausch. Wichtige Programmpunkte waren dabei eine Standortbegehung, ein Impulsvortrag von Stadtplanungsexperte Prof. Torsten Becker zu nachhaltigem und sozialem Wohnungsbau sowie Workshops zu den Themen „Nutzungen, Bau- und Wohnformen“, „Mobilität“ und „Freiräume, Klima/Ökologie, Energie“.
Bürgermeisterin Christine Klein betonte die Bedeutung dieses Projekts für die Stadtentwicklung, das ihr „persönlich schon seit vielen Jahren und bereits vor Beginn ihrer Amtszeit im Jahr 2020 ganz besonders am Herzen liegt“. Denn es handele es sich nicht um ein Projekt „eines anonymen Investors“, so die Bürgermeisterin im Rahmen ihrer Begrüßung. „Wir haben hier das Projekt einer Familie mit einer besonders emotionalen Bindung zu diesem Ort. Einer Familie, die großen Wert darauf legt, Auerbach mit Visionen auszurichten. Als ortsansässiger Bauherr entwickelt die Familie mit vielen innovativen Ideen ihren ehemaligen Firmensitz weiter und legt somit den Grundstein für die nächsten Generationen.“
Quartier soll Ort der Begegnung werden
Erste Stadträtin und Baudezernentin Nicole Rauber-Jung schloss sich diesem Gedanken an und ergänzte: „Das Gelände bietet uns die einmalige Chance, ein modernes und nachhaltiges Wohnquartier zu schaffen, das den Bedürfnissen unterschiedlichster Bevölkerungsgruppen gerecht wird. Wir wollen hier ein lebendiges Quartier entwickeln, das sozialen Zusammenhalt fördert, möglichst klimaneutral geplant ist und ein hohes Maß an Lebensqualität bietet. Entscheidend ist dabei der enge Dialog mit der Politik, der Fachwelt und nicht zuletzt der Bürgerschaft.“
Das Quartier soll ein Ort der Begegnung werden, in dem Menschen unterschiedlicher Generationen und sozialer Hintergründe zusammenleben. Geplant sind daher sowohl Miet- als auch Eigentumswohnungen, wobei auch ein gewisser Anteil an Wohnbauten vorgesehen ist, um auch Menschen mit geringerem Einkommen eine Wohnperspektive zu bieten. Ein besonderes Augenmerk legt Hendrik Friedrich auf eine generationenübergreifende Gestaltung. Neben familienfreundlichen Wohnformen werden sowohl seniorengerechte Wohnungen als auch Singlewohnungen und andere barrierefreie Wohneinheiten geschaffen, um ein inklusives Zusammenleben zu ermöglichen.
Anbindung an öffentlichen Nahverkehr und durchdachte Verkehrsplanung
Auch der Aspekt der Nachhaltigkeit spielt eine zentrale Rolle bei der Entwicklung. Neben energieeffizienten Gebäuden sollen ressourcenschonende Baumaterialien verwendet werden, um die Umweltbelastung zu minimieren. Ein innovatives Energiekonzept wird sicherstellen, dass das Viertel einen klimafreundlichen Beitrag zur Stadtentwicklung leistet. Begrünte Dachflächen, Baumpflanzungen und ein intelligentes Regenwassermanagement sollen darüber hinaus dazu beitragen, das Mikroklima positiv zu beeinflussen.
Die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr sowie eine durchdachte Verkehrsplanung sind weitere wichtige Elemente des Projekts. Fahrradfreundliche Wege, Carsharing-Angebote und eine reduzierte Pkw-Nutzung sollen das Quartier besonders nachhaltig und zukunftsfähig machen.
Ergebnisse des Werkstattgespräches treffen auf Visionen des Bauherrn
Ergänzt werden soll das Areal durch großzügige Freiflächen, die als Orte der Begegnung und Erholung dienen. Hochwertige Aufenthaltsräume, Sport- und Spielmöglichkeiten in einer begrünten Atmosphäre sollen für eine hohe Lebensqualität sorgen und Raum für gemeinschaftliches Leben bieten. Auch eine Kindertagesstätte soll in die Planung integriert werden, um das Angebot für junge Familien zu ergänzen. Ebenso stellt die Idee des betreuten Wohnens einen besonderen Punkt in der Entwicklung des Areals dar. Gemeinsame Treffpunkte wie ein Café und entsprechende anderweitige Aufenthaltsorte (In- und Outdoor) sind angedacht.
Die Ergebnisse des Werkstattgesprächs sollen nun in die weitere Planung einfließen und als Grundlage für die nächsten Schritte dienen. Zunächst sollen die Workshopergebnisse mit Anliegerinnen und Anliegern erörtert werden, bevor im Mai die Bevölkerung zu einer Informationsveranstaltung eingeladen wird. Die Stadt Bensheim setzt dabei auf eine enge Zusammenarbeit mit der Familie Sanner, der Immotolia GmbH & Co. KG sowie allen relevanten Akteurinnen und Akteuren.
Festzuhalten bleibt, dass die Ergebnisse des Werkstattgespräches zwischen den politischen Vertreterinnen und Vertretern und den Visionen des Bauherrn in vielen Bereichen übereinstimmen, betonte Stadtplaner Prof. Torsten Becker. „Ein besonderer Dank gilt den Vertreterinnen und Vertretern der Politik und der Verwaltung, die sich in einem ganztägigen Workshop besonders stark engagiert haben“, betonte Hendrik Friedrich und ergänzt: „Es ist schön zu sehen, dass wir hierdurch maßgeblich in unserer Zielvorstellung unterstützt wurden, dass das Baugebiet nicht von woanders hierher gespiegelt wird, sondern eine eigenständige Entwicklung für den Ort Bensheim-Auerbach sein soll. Hiermit wollen wir wiederum ein Vorbild für andere darstellen, bei kommenden Baugebieten einen ähnlichen Weg einzuschlagen.“ ps
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