Bensheim. Im Juli soll in der Stadtverordnetenversammlung die Entscheidung zur Neugestaltung des Marktplatzes fallen. Wie er aussehen soll, das ist noch offen. In mehreren Workshops – sowohl gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern als auch für die politischen Entscheidungsträger – wurde und wird noch rege diskutiert und die unterschiedlichen Möglichkeiten durchgespielt.
Am vergangenen Montag hatte die Freie Wähler Gemeinschaft (FWG) zu einem Ortstermin eingeladen. Fraktionsvorsitzender Rolf Tiemann und Brigitte Hamer (Ortsbeirat Mitte) verdeutlichten auf dem Marktplatz ein Anliegen der Fraktion: „Da wir nicht nur die Gestaltung des Platzes vor der Kirche als Marktplatz sehen, sondern auch die Fachwerkhäuser, die das Bild prägen, möchten wir diese Gebäude Am Marktplatz 2 und 3 mit einbeziehen. Aus unserer Sicht ist es unverzichtbar, dass sie vor der Neugestaltung oder spätestens zeitgleich damit restauriert, instandgesetzt und möglichst auch bewohnt werden.“
Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"
Die Geschichte bezüglich der Restaurierung und Nutzung der Häuser bezeichnete Hamer als unsäglich und beschämend. „Mindestens seit 2009, also seit nun mehr als 15 Jahren, haben es weder die Stadt noch der Eigentümer geschafft, gemeinsam oder einzeln den erbärmlichen und verwahrlosten Zustand der Häuser zu beheben.“
Schön ist tatsächlich anders: Eine im vergangenen Jahr eingeschlagene Scheibe ist mit Spanplatten abgedeckt, die Farbe auf den Balken der Fachwerkhäuser blättert ab. Zur Klostergasse hin steht ein Bauzaun – damit möglicherweise herunterfallender Putz niemanden trifft. „Viele Gespräche, auch unter Einbeziehung der Denkmalbehörde, haben kein Ergebnis gebracht“, sagt Tiemann. Das müsse sich in Zukunft ändern.
„Die Vergangenheit sollte ruhen, der Blick nach vorne gehen“
„Wenn beide Seiten guten Willen zeigen und die Vergangenheit ruhen lassen können, sind wir optimistisch, dass sich eine Lösung findet und der Marktplatz wieder zur guten Stube Bensheims wird“, findet der Fraktionsvorsitzende. Die FWG fordert die Stadtverwaltung, die Marketing- und Entwicklungs Gesellschaft Bensheim sowie die Besitzerin – mittlerweile hat der ehemalige Eigentümer die Gebäude auf seine Tochter überschrieben – auf, wieder aktiv in die Bewältigung dieser Aufgabe einzusteigen.
„Eigentum verpflichtet“, gibt Hamer zu bedenken. Sollte auch ein neuen Anlauf für Gespräche scheitern, müsse sich die Stadt fragen, ob sie alle ihre Möglichkeiten ausgeschöpft habe. Denkmalgeschützte Gebäude sollten dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Ein Denkmaleigentümer müsse daher gewisse Einschränkungen seiner persönlichen Nutzungsrechte am Denkmal aus öffentlichem Interesse hinnehmen.
„Diese denkmalgeschützten Häuser sind ein wesentlicher Bestandteil des Marktplatzes und müssen daher in alle Aktionen der Neugestaltung integriert werden.“ Das denken auch die Bürgerinnen und Bürger, die am Montag gekommen waren, um mit zu diskutieren. Dazu wünschten sie sich ein gut durchdachtes Konzept. „Damit nicht zum Beispiel wie beim Bürgerhaus teuer saniert und die Räume dann nur spärlich genutzt werden“, kommentierte eine Interessierte.
Auch die vielen Leerstände rund um den Marktplatz und in der Innenstadt beschäftigen die Fraktion: „Dazu gehören das Haus der Apotheke am Markt, das ehemalige Kaufhaus Krämer, die genannten Fachwerkhäuser oder das Neumarktcenter. Bei der Gestaltung des Hoffahrt-Geländes geht es ebenso nicht voran“, fasst Hamer zusammen. An all diesen Stellen fordert die Fraktion die Stadtverwaltung auf, aktiv zu werden und dort, wo die Stadt nicht selbst Eigentümerin ist, die dafür nötigen Gespräche zu führen.
Aber zurück zum Hauptthema, der Neugestaltung des Marktplatzes: Die Basis für die Entscheidung sind die drei prämierten Entwürfe des Ideenwettbewerbs. Ein erster interner Workshop Ende April für die Vertreterinnen und Vertreter aus der Kommunalpolitik zum Marktplatz hat das Verfahren weiter vorangebracht und belastbare Ergebnisse geliefert.
So soll der Bereich zwischen Stadtkirche Sankt Georg und Hauptstraße durch eine hochwertige, ansprechende Freiraumgestaltung zu einem Anziehungspunkt und Treffpunkt für alle Generationen werden. Um eine ganzjährige Aufenthaltsqualität zu gewährleisten und positive Impulse für die gesamte Innenstadt auszusenden, braucht es darüber hinaus ein Gebäude als Teil des Marktplatzes der Zukunft. Dass eine bauliche Lösung nicht zwangsläufig den Schorschblick beeinträchtigt, haben nicht zuletzt die Wettbewerbsbeiträge gezeigt.
Erste Überlegungen, wie ein Neubau genutzt werden könnte, wurden bei diesem Workshop entwickelt und sollen bei einem weiteren Treffen in der kommenden Woche verfeinert werden. Einig war man sich, dass dabei eine öffentliche Nutzung im Mittelpunkt stehen muss.
Auch Flächen ohne Konsumzwang, Räume für Vereine und Veranstaltungen oder ein kultureller Treffpunkt im Zusammenspiel mit dem Museum sind aus Sicht der Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker denkbar – ebenso wie ein kleines gastronomisches Angebot, möglicherweise in Form eines Cafés mit Außenbewirtschaftung.
Diese ersten Ideen müssen nun weiter konkretisiert werden, um am Ende eine zeitnahe Realisierung zu erreichen. Ziel der Verwaltung ist es, die zentralen Erkenntnisse in die Sitzung der Stadtverordneten am 11. Juli einzubringen und einen Vorschlag zum weiteren Vorgehen zu unterbreiten.
Drei gleichrangige Entwürfe prämiert
Als gleichrangige Sieger prämierte das Preisgericht Ende Februar die Stuttgarter Landschaftsarchitekten Jedamzik+Partner, die für den Wettbewerb eine Arbeitsgemeinschaft mit dem Heilbronner Büro Krummlauf Teske Happold gebildet haben, die Bf Bauforum Berlin GmbH (Freiraumplanung), die für dieses Projekt mit der ARQ Architekten Rintz und Quack GmbH zusammenarbeiten, sowie Mann Landschaftsarchitektur aus Fulda.
Es folgten eine Ausstellung aller 19 fristgerecht eingereichten Beiträge in der Stadtkirche Sankt Georg mit 1200 Besucherinnen und Besuchern an vier Tagen sowie ein Werkstatt-Tag, an dem die Siegerentwürfe mit den Planerinnen und Planern diskutiert wurden. Die Büros nahmen Anregungen und Kritik auf und überarbeiteten ihre Konzept, um sie der Öffentlichkeit dann noch einmal zu präsentieren. Der Ideenwettbewerb bot eine gute Gesprächsgrundlage, um Argumente abzuwägen, offene Fragen zu klären, Perspektiven aufzuzeigen und gemeinsam voranzukommen.
Info: Infos zum Marktplatz der Zukunft gibt es auf der Webseite der Stadt Bensheim unter dem gleichnamigen Reiter: www.bensheim.de
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim_artikel,-bensheim-marktplatz-fachwerkhaeuser-innenstadt-_arid,2211262.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim.html
[2] https://www.bensheim.de