Auerbach. Im November 2021 gastierte die Werkschau im Parktheater. Damals hatte die Pandemie das Kulturleben noch im Schwitzkasten. Keine guten Vorzeichen für die erste große Einzelausstellung von Gabriele Mundt. Also wurde in Zusammenarbeit mit dem Kur- und Verkehrsverein eine zweite Auflage organisiert, die noch bis 21. Mai im Damenbau des Auerbacher Fürstenlagers zu sehen ist.
„Unterwegs in Zwischenräumen“ geht also in eine zeitlich versetzte Verlängerung. Die zahlreichen Gäste bei der Vernissage am Sonntag spiegelten das große Interesse an den Bildern, für die Gabriele Mundt die Spuren von Autoreifen verwendet: breite und schmale, Allwetter- und Sommerpneus, mit Lamellen oder Zickzack-Einschnitten und unterschiedlichen Profiltiefen in verschiedenen Gummigemischen. Die Künstlerin ist nicht wählerisch, was das jeweilige Modell angeht.
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Ihr geht es um das Potenzial des Musters, das sie mit Farbe auf der Reifenoberfläche auf die Leinwand aufbringt und mit Pinsel weiter ausformuliert. So entstehen beispielsweise vertikal und horizontal gegliederte Hochhäuser, schroff abstrahierte Stadtlandschaften und geheimnisvolle urbane Collagen aus Licht und Schatten, die wie dystopische Metropolen die Verlorenheit des Menschen im Betondschungel betonen. „Metropolis“ trifft „Blade Runner“.
Gabriele Mundt hat das gummierte Strukturgefüge eines Tages vor sich auf der Straße bemerkt und daraus eine kreative Idee geboren. Seither lässt sie Menschen über einen Malgrund fahren, vor und zurück, hin und her, mit flotten Starts und gezielten Bremsungen. Der Reifen wird zum Werkzeug, die Leerstellen zwischen den Spuren sind ein offener Raum für die Ausgestaltung des jeweiligen Motivs. Architektur ist das zentrale Sujet. Eine Ausnahme bildet die 2021 entstandene Arbeit mit dem Titel „Global“, wo Teile einer Weltkarte den Untergrund für eine weltumspannende urbane Architektur bilden.
Aber auch Kirchengebäude und Schienenverkehr sowie archetypische Stadtstrukturen und Quartierskennzeichen kommen in ihren Werken immer wieder vor. Die Farben zwischen den Rillen nehmen den ornamentalen Rhythmus der Profile auf und steigern die Plastizität der Bildelemente.
Geboren 1955 in Frankfurt, hat Gabriele Mundt nach ihrer Ausbildung zur Textillaborantin Modedesign und Malerei an der Fachhochschule in Pforzheim studiert. Nach Abschluss des Studiums war sie als Kostümbildnerin für verschiedene Theater- und Filmproduktionen tätig. Seit 1990 lebt sie mit ihrer Familie in Fehlheim und ist seit vielen Jahren in der regionalen Kunstszene aktiv, aktuell unter anderem als Leiterin der im Auerbacher Kur- und Verkehrsverein organisierten Gruppe „Kunst im Fürstenlager“. Die Ausstellung ist quasi ein Heimspiel.
Der ehemalige Kulturamtsleiter Berthold Mäurer führte in das Werk und den künstlerischen Ansatz ein. Musikalisch umrahmt wurde die Vernissage von Mariella Pieters mit zarten Harfenklängen. Stadträtin Josefine Koebe repräsentierte das Bensheimer Rathaus, im Namen des Auerbacher Kur- und Verkehrsvereins begrüßte Vorsitzender Reinhard Bauß die Gäste.
Öffnungszeiten der Ausstellung sind immer samstags von 14 bis 18 Uhr sowie sonntags von 11 bis 18 Uhr.
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