Bensheim. Familien, deren Kinder eine Bensheimer Krippe oder Kita besuchen, müssen mehr Geld für die Betreuung ihres Nachwuchses zahlen: Ab 1. August werden die Kita-Gebühren erhöht. Die Stadtverordnetenversammlung stimmte in ihrer Sitzung am Donnerstagabend im Bürgerhaus mehrheitlich einer entsprechenden Änderung der Gebührensatzung zu. Der Eigenbetrieb Kinderbetreuung rechnet mit jährlichen Mehreinnahmen durch die Anhebung von 420.000 Euro. Für 2025 wären dies anteilig etwa 175.000 Euro.
Wie berichtet, hat die Stadtverordnetenversammlung im Juni 2022 beschlossen, die Kita-Gebühren alle zwei Jahre anzuheben, da der städtische Zuschuss für die Kinderbetreuung kontinuierlich steigt. Die nächste turnusgemäße Erhöhung war für den 1. August 2026 geplant – und wird jetzt um ein Jahr vorgezogen. Tariferhöhungen sollen dadurch kompensiert und der Verlustausgleich, den die Stadt an den Eigenbetrieb zahlt, reduziert werden, heißt es in der Begründung der Verwaltung.
„Erhebliche Belastung für Familien“
Im Rahmen der Erhöhung der Bensheimer Kita-Gebühren war eine Anhörung der Elternbeiräte der verschiedenen Einrichtungen erforderlich, die teils deutliche Kritik an der geplanten Anhebung äußerten.
„Die Erhöhung um rund 25 Prozent stellt eine erhebliche und aus unserer Sicht nicht gerechtfertigte Belastung für die betroffenen Familien dar“, heißt es etwa von Seiten der Elternvertreter der Kita Gartenstraße.
Besonders unverständlich sei, dass die neuen Gebühren für Ü3-Kinder über den Beiträgen für U3-Kinder liegen – obwohl die Betreuung von unter Dreijährigen nachweislich mit einem höheren Personalschlüssel und entsprechend höheren Kosten verbunden sei.
Der Elternbeirat der Fehlheimer Kita spricht ebenfalls von einer „unverhältnismäßigen Belastung“ und kritisiert, dass die Erhöhung weit über Inflation und Lohnentwicklung liege. Dass die Gebührenerhöhung nun um ein Jahr vorgezogen werde, erwecke den Eindruck, „dass die Stadt finanzielle Engpässe kompensieren muss, die durch rückläufige Gewerbesteuereinnahmen verursacht wurden“. Der soziale Bereich solle nun offenbar für die Ausfälle herhalten.
Ihre Bedenken bringen auch die Elternsprecher der Kita Berliner Ring zum Ausdruck. „Neben dieser werden durch viele weitere Anpassungen insbesondere Familien stark belastet“, heißt es in dem Schreiben. Ein Beispiel sei die Abschaffung des Windelcontainers vor einem Jahr, die Erhöhung der Grundsteuer sowie höhere Gebühren für die Verpflegung in Kitas und Schulen.
Kritik äußern die Elternbeiräte auch über die kurzfristige Ankündigung der Gebührenerhöhung. „Wir üben die Rolle der Elternsprecher als Ehrenamt aus und eine unverhältnismäßig kurze Frist setzt uns nicht nur unter Druck, sondern führt schnell zur Resignation und wird von uns nicht als wertschätzend wahrgenommen“, schreibt der Elternbeirat der Kita Berliner Ring.
In der Gebührensatzung ist außerdem erstmals eine Verpflegungspauschale für das Mittagsessen festgelegt, die kostendeckend erhoben werden soll. In den städtischen Einrichtungen beträgt sie für Kinder unter drei Jahren 72 Euro, für Kinder von drei Jahren bis zum Schuleintritt liegt die Pauschale bei 74 Euro. In Summe können dadurch zusätzliche Einnahmen in Höhe von rund 74.000 Euro generiert werden (2025: 30.800 Euro). Die Pauschale kann allerdings bei Erkrankung oder Kuraufenthalt des Kindes über mindestens zwei zusammenhängende Wochen auf Antrag – unter Vorlage eines ärztlichen Attests – erlassen und stattdessen auf Grundlage der tatsächlichen Kosten berechnet werden.
Die Einführung einer Pauschale reduziere nicht nur den bürokratischen Aufwand in den Kindertagesstätten erheblich. Es werden nun auch erstmals wie in anderen Kommunen die Ausgaben für Hauswirtschaftskräfte, das Kücheninventar und die Nebenkosten zu einem geringen Anteil berücksichtigt, heißt es in der Begründung der Stadt. Bisher wurde die Abrechnung für die Teilnahme am Mittagessen tageweise abgerechnet.
Im Stadtparlament wurde die geplante Gebührenerhöhung (Details siehe Infobox) am Donnerstag kontrovers diskutiert. Zustimmung kam von den Koalitionsfraktionen CDU, SPD und FDP sowie den Freien Wählern, kritisch äußerten sich Grüne, Bürger für Bensheim (BfB) und Vernunft und Augenmaß (VuA). Für die Christdemokraten betonte Maximilian Gärtner, dass die Entscheidung nicht einfach gewesen sei: Eine Anhebung „ist unpopulär, aber notwendig“. Ein Ganztagsangebot sei unabdingbar für Berufstätige und Alleinerziehende - und natürlich wäre eine kostenfreie Kinderbetreuung ein großer Wunsch: „Aber das ist im Moment nicht drin.“ 19 Millionen Euro zahlt die Stadt in diesem Jahr an den Eigenbetrieb – der größte Einzelposten im Haushalt nach Umlagen und Personalkosten. Ohne die Beiträge der Eltern müsste die Stadt deutlich mehr als 19 Millionen jährlich zahlen. Gärtner bezeichnete die Elternbeiträge als gemeinsame Investition in die Zukunft der Kinder, man trage gemeinsam Verantwortung. Die Kritik von Elternvertretern an der geplanten Anhebung sei berechtigt, aber: „Die Erhöhung ist sehr moderat“ und sei nicht so hoch wie in anderen Kommunen, schloss Gärtner seinen Redebeitrag.
Die neuen Gebühren im Überblick
Die Erhöhung der Kita-Gebühren wirkt sich in den einzelnen Modulen wie folgt aus:
- Im Bereich der Krippenbetreuung (Kinder zwischen einem und drei Jahren) wird der Stundensatz von derzeit 47 Euro auf 48,50 Euro angehoben. In altersgemischten Gruppen bei Kindern unter drei Jahren steigt der Satz von 43 Euro auf künftig 44,50 Euro. Für Kindergartenkinder ab drei Jahren erhöht sich der Stundensatz von 40 Euro auf 50 Euro.
- Für einen Ganztageskrippenplatz von achteinhalb Stunden täglich für ein einjähriges Kind ergibt sich damit künftig ein Monatsbeitrag von 412,50 Euro (bisher 399,50 Euro). Für Kinder unter drei Jahren in altersgemischten Gruppen liegt der neue Beitrag bei 378,50 Euro (bisher 365,50 Euro). Im Kindergartenbereich (ab drei Jahren) erhöht sich die monatliche Gebühr von 100 auf 125 Euro.
- Auch die Modulangebote wurden überarbeitet. Die Betreuung eines einjährigen Kindes von 7.30 bis 12.30 Uhr wird künftig mit 242,50 Euro monatlich berechnet (zuvor 235 Euro). Für die zusätzliche Betreuung von 12.30 bis 14.30 Uhr fallen 97 Euro an (bisher 94 Euro). Eltern von Kindern unter drei Jahren in altersgemischten Gruppen zahlen für das Vormittagsmodul künftig 222,50 Euro (vorher 215 Euro), die Nachmittagsbetreuung kostet 89 Euro (zuvor 86 Euro).
- Für Kinder ab drei Jahren bleibt die Betreuung von 7.30 bis 12.30 Uhr weiterhin kostenfrei – sie fällt unter die sechs Stunden täglich umfassende Gebührenbefreiung des Landes Hessen. Wird das Betreuungsangebot bis 14.30 Uhr ausgeweitet, beträgt die monatliche Gebühr ab dem 1. August 50 Euro (bisher 40 Euro). Der ganztägige Kindergartenplatz mit 8,5 Stunden täglich wird künftig mit 125 Euro monatlich berechnet (vorher 100 Euro).
- Im Hortbereich steigt die Monatsgebühr von 180 auf 200 Euro. Zudem werden künftig für Früh- und Spätdienste zusätzliche Kosten fällig: In der Krippe belaufen sich diese auf 35 Euro (bisher 30 Euro), im Kindergarten auf 20 Euro (bisher 15 Euro).
Die Anhebung der Gebühren wäre ohnehin gekommen, stellte Heiko Moritz (SPD) lapidar fest - statt 2026 komme sie eben jetzt ein Jahr früher. Kinder ab drei Jahren würden - dank der Kostenbefreiung durch das Land – weiterhin sechs Stunden lang täglich umsonst betreut. „Ich habe wenig Verständnis für die Mär der wahnsinnig belasteten Eltern. Eine Erhöhung ist unumgänglich“, so Moritz. Unterstützung für die Anhebung kam auch von den Liberalen, selbst wenn es sich um eine Entscheidung handele, „die nicht auf den ersten Blick gefällt“, betonte Lisa-Marie Blumenschein. „Die FDP sagt: Ja, es ist notwendig. Qualität braucht Finanzierung. Gute Arbeit muss auch gut bezahlt werden“, spielte sie auf die Tariferhöhungen für Erzieher an. Weiterhin werde es Geschwister-Ermäßigungen und auch Härtefallregeln geben.
Für Peter Leisemann (FWG) ist es die desolate Haushaltslage, die zum Handeln auffordere. Der Verlustausgleich müsse reduziert oder zumindest beibehalten werden. Die Gebührenerhöhung sei moderat und gerechtfertigt, kündigte er die Zustimmung der Freien Wähler an.
Michael Krapp von den Grünen kritisierte dagegen, dass junge Familien über Gebühr belastet würden und die Lasten in Folge der Haushaltskrise nicht gleichmäßig auf alle Schultern verteilt seien, wie man es sich zu Beginn vorgenommen habe. Die geplante Anhebung sei mit den „kürzestmöglichen Fristen“ kommuniziert worden, so sei kein Austausch möglich gewesen. „So stärkt man das Vertrauen in die Politik nicht“, betonte Krapp. Es sei gerechter gewesen, wenn man Gewerbesteuer und auch Parkgebühren leicht angehoben hätte. „Wir lehnen eine Anpassung ohne ausreichende Anhörung der Elternschaft ab.“
Ähnlich äußerten sich auch Barbara Ottofrickenstein-Ripper (BfB) und Rolf Kahnt (VuA). Beide Fraktionen hatten sich für eine mäßige Erhöhung der Parkgebühren und der Gewerbesteuer um zehn Punkte ausgesprochen. „Jetzt sollen es die Elternbeiträge richten“, kritisierte Ottofrickenstein-Ripper. Ausgerechnet Familien würden finanziell besonders stark belastet. Rolf Kahnt lehnte diese „Erhöhung an der falschen Stelle“ ab. Die Anhebung sei unsozial und wenig maßvoll, sie treffe Familien schmerzlich. „Die SPD entledigt sich ihres ihres sozialen Gewissens“, kritisierte er. Es fehle der politische Wille, die Eltern nicht weiter zu belasten.
SPD-Fraktionsvorsitzender Jürgen Kaltwasser merkte an, dass sozial schwache Familien Anspruch auf Kostenerstattung durch den Kreis Bergstraße hätten. Die Kritiker überzeugte dieses Argument nicht: „Die, die wenig verdienen, kriegen kein Geld vom Kreis“, so Jochen Kredel für die Grünen.
Trotz aller Kritik, die auch von Seiten der Elternvertreter einiger Kitas geäußert wurde: Die höheren Gebühren werden kommen. Die geänderte Satzung wurde mit 27 Ja-Stimmen bei 14 Nein-Stimmen und einer Enthaltung von den Stadtverordneten mehrheitlich beschlossen.
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