Bensheim. Neue Band, neues Spiel: Henrik Freischlader hat im Musiktheater Rex bereits sein treues Publikum, das er das letzte Mal vor vier Jahren beglückte. Die wissen um den rockigen Blues des 40-jährigen Sauerländers, den er in immer neuen Facetten darbietet. Und eben auch mit neuen Mitmusikern, die wie er in die Vollen gehen. Die Fans danken es mit viel Applaus.
Zum Auftakt zeigt der Gitarrist und Sänger gleich mal, wo der musikalische Hammer hängt. Eine Viertelstunde lang wird gejammt und improvisiert, dass es eine wahre Pracht ist. Gitarre und Hammondorgel schenken sich nichts, aber auch Schlagzeug und Bass dürfen mal ran. Ein Start, als gäbe es kein Morgen – oder keine restlichen 90 Minuten.
Die Messlatte hoch gesetzt
Freischlader hat die Messlatte damit aber ziemlich hoch gesetzt. Über die kommt er erst wieder später drüber, wenn die kraft- und druckvollen Stücke folgen. Zwischendurch gibt’s bluesige Hausmannskost, ab und zu kräftig gewürzt, garniert mit ein paar funkigen Einflüssen, untermalt von balladesken Einsprengseln. Musikalisch gut, aber eben kein Aha-Erlebnis wie der Start.
„Recorded by Martin Meinschäfer II“ heißt die Scheibe von 2022, die der Multiinstrumentalist im Gepäck hat. Sie zeigt eher die rockige Seite des Blues à la Gary Moore. Nicht nur einmal erinnert Freischladers Gitarrenspiel an den unvergessenen Meister auf den sechs Saiten. Die hohen, klagenden, langanhaltenden Töne zeugen von dessen klasse Arbeit auf seinem Instrument.
Musikalischer Gegenpol auf der Bühne ist Moritz Fuhrhop an Hammondorgel und Keyboards. Mit ihm werden die Songs dicht und voll. Manchmal hätte er noch mehr in die Tasten hauen dürfen, damit ein bisschen mehr Power reinkommt.
Denn sobald mehr Pfiff drin ist, sich Orgel und Gitarre gegenüberstehen und das musikalische Schema F zugunsten eines Solos verlassen wird, gibt’s mehr Beifall als sonst.
Hardy Fischötter am Schlagzeug und Armin Alic am Bass treten angesichts der beiden dominierenden Instrumente fast ein wenig in den Hintergrund, womit man ihnen aber nicht gerecht wird. Denn sie bilden das Rhythmus-Fundament in den Liedern, egal ob es ein langsamer Bluessong oder ein treibender Rock’n’Roll-Stampfer ist. Auf ihnen baut Freischlader mit seiner sanften, sonoren Stimme und dem punktgenauen Gitarrenspiel alles auf.
Er zeigt sich beim Konzert als Sänger und Gitarrist zum Anfassen, weit weg von Starallüren. Er scherzt auf eine norddeutsch-schnoddrige Art oft mit dem Publikum, überspielt auch einen Patzer lachend, als er vergisst, das Kabel einzustecken. Die Zuschauer, die um sein Können wissen und es schätzen, danken es ihm mit Begeisterung.
„Bring back the time“ hat Freischlader seine Tour überschrieben. Und das Motto kommt in jedem Ton zum Ausdruck. „Turn back the Clock“ heißt eines der gespielten Stücke.
„The Bridge“ glänzt mit einem dichten Orgel-Teppich. „Lost Souls“ ist eher was Langsameres für die Seele. Bei „The Question“ ist es keine Frage, Vorbilder wie Gary Moore oder Peter Greene musikalische zu Wort kommen zu lassen.
Klare, fordernde Töne auf der Gitarre, ein stampfender Groove-Rhythmus, ein fettes Solo mit singendem, forderndem, manchmal fast schreiendem Instrument ist das, was die Besucher im Rex hören wollen und entsprechend begeistert goutieren. Immer, wenn Freischlader den Blues zugunsten des Rocks hinter sich lässt, geht ein Ruck durch die Menge.
Und der kann das. Nicht umsonst bezeichnet der 40-Jährige die aktuelle Scheibe als Fortsetzung des 2009 erschienenen Albums, ebenfalls durch Martin Meinschäfer eingespielt. Freischlader ist ein Old-School-Musiker, der nichts von neumodischem Sample-Kram hält. Ein Mann, seine Gitarre und die Bühne. Mehr braucht’s nicht. Ach so, doch: super Mitmusiker. Und schon passt’s.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim_artikel,-bensheim-im-bensheimer-rex-wird-der-blues-gerockt-_arid,2062956.html