Orgelwochen

Hörgenuss der besonderen Art

Jazzerin Barbara Dennerlein swingt virtuos auch an der Kirchenorgel

Von 
Thomas Tritsch
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Barbara Dennerlein gestaltete am Donnerstag das dritte Konzert der Bensheimer Orgelwochen in der Michaelskirche. © Thomas Zelinger

Bensheim. Das dritte Konzert der diesjährigen Bensheimer Orgelwochen war eine Spezialität: Die Jazzorganistin Barbara Dennerlein swingte an der Bosch-Orgel der Michaelskirche und beeindruckte das Publikum mit fantasievollen Improvisationen und Eigenkompositionen. Die international renommierte Musikerin zog in Bensheim buchstäblich alle Register. Der warme und süffige Klang des Instruments aus den 1960er Jahren bot einen Hörgenuss der besonderen Art.

Die Orgel, die 1998 vom Bensheimer Orgelbauer Andreas Ott 1998 erweitert wurde, besitzt eine elektrische Register- und mechanische Spieltraktur. Und sie kann Jazz, wie die Gäste am Donnerstagabend eindrucksvoll zu hören bekamen. Die frühe Swingnummer „Honeysuckle Rose“ von Fats Waller war ein perfekter Opener: Das Stück aus den 1920er Jahren baute sich auf der Empore zu einer farbenreichen Improvisation auf, die für die Zuhörer im unteren Kirchenraum per Video auf eine Leinwand übertragen wurde. So konnte man das virtuose Pedalspiel und das enorme Blues-Feeling der Musikerin auch visuell miterleben.

Anspruchsvoller Resonanzraum

Die Michaelskirche erwies sich als anspruchsvoller, aber faszinierender Resonanzraum für die akustischen Kunstwerke der Münchnerin, die man weltweit als Meisterin an der Hammond-Orgel kennt. Seit 1994 spielt sie regelmäßig auch auf Kirchenorgeln – ein Instrument, mit dem sie sich seitdem auch intensiver beschäftigt.

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red
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Stilistisch beherrscht Dennerlein sämtliche Spielarten des Jazz. Ihre Kompositionen sind gekennzeichnet von fließenden Übergängen zwischen Swing und Bebop, Blues und Soul, Latin, Boogie und Samba. Mit dem epochalen „Eleventh Hour“ erlebte das Publikum ein musikalisches Abenteuer aus Farben und Emotionen: ein kontrastreiches Arrangement Poesie und Dramatik, Energie und Kontemplation, Licht und Schatten. Und ein Appell an die Menschheit für einen sorgsamen Umgang mit der einen Welt.

Eine faszinierende Reise durch Harmonien und Brüche, mit wilden Dissonanzen und orchestralen Passagen, mit überraschenden Wechseln und beredten Klangexperimenten. Das Konzert war eine einzige freundliche Begegnung von U- und E-Musik, mit Ausflügen ins Klassische und wiederkehrenden „blue notes“, die für Dennerlein so charakteristisch sind.

Da mischt sich schon mal Bachs „Toccata und Fuge in D-Moll“ in den „Holy Blues“, und bei „Tango perdido“ zeigte die Kirchenorgel, dass sie auch tanzen kann. Das temperamentvolle Spiel und der sehr plastische Sound zogen sich durch das gesamte Programm. Auch im zweiten Teil, als Barbara Dennerlein an einer elektromechanischen Hammond-Orgel Platz nahm.

Stilistisch bewegte sie sich in Bensheim vom klassischen Blues-Schema über romantisch-melancholische Balladen bis hin zu tempogetriebenen Kompositionen, die ein häufiges Kennzeichen ihrer Interpretationen bekannter Standards sind. Mit ihrem flinken Basspedalspiel und einem Faible für ungerade Taktarten und Taktwechsel erzeugt sie einen unkonventionellen Orgelsound, der oftmals sehr narrativ und bildhaft wirkt. Langer Applaus in der Michaelskirche. tr

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