Hochstädten. Die Hochstädter müssen offenbar gute Kontakte nach oben haben, denn der Kerwesonntag hatte eine ausgesprochen schlechte Wetterprognose. Dauerregen war angekündigt und das waren im Hinblick auf das Fräserennen alles andere als gute Aussichten. Der eine oder andere hatte da durchaus Bilder aus Wacken vor Augen.
Aber die himmlischen Schleusenverwalter meinten es offenbar gut mit Hochstädten, denn der nasse Gruß von oben beschränkte sich auf die Zeit des Festumzuges und somit hatten die Renn-Teilnehmer großes Glück und die zahlreichen Zuschauer einen ungestörten und trockenen Blick auf das Renngeschehen auf der großen Wiese neben dem Festzelt.
Der schlechten Wetterprognose geschuldet war vermutlich die im Vergleich zum vergangenen Jahr deutlich geringere Beteiligung am Festumzug. Allerdings fand zeitgleich in Lindenfels der große Festumzug anlässlich des Stadtjubiläums statt, der deutlich heftiger vom Regen betroffen war.
In Hochstädten waren die zehn Zugnummern relativ schnell durch den Ort gezogen. Angeführt von der radelnden Kindergruppe mit dem Schild „Äwe kumme se“ bis zum Abschlusswagen der Feuerwehr mit dem Hinweis „Des worn se“ dauerte es gerade mal etwas mehr als zehn Minuten, bis sich das Publikum von der Straße ins trockene Festzelt begeben konnte.
Präsentiert hatten sich die Traditionsfiguren mit Kerweparrerin Louisa Fuchs, Mundschenkin Milana Seblykin und Kerwekönig Anatol Seblykin sowie dem Kerwekranz. Die Jugendfeuerwehr machte auf sich als „Eure Retter von morgen“ aufmerksam und auch die Auerbacher Kerwekönigin Lena Jöckel trotzte in dem von Ralph Stühling gefahrenen offenen Cabrio mit Regenschirm dem Wetter.
Traditionell bei der Hochstädter Kerb dabei sind die Kerweborsch aus Balkhausen und die Zeller Kerwejugend, die am kommenden Wochenende ihre Kerb feiert. Für beide Gruppen spielten die Rahmenbedingungen bei heißen Rhythmen in den Discowagen keine Rolle. Gleiches galt auch für den Fanclub der Darmstädter Lilien, der seit Jahren fester Bestandteil des Hochstädter Festumzugs ist, ebenso wie der Zwingenberger Kerweverein VEZT, der wieder frisch gezapftes Bier unter den Zuschauern verteilte.
Im voll besetzten Kerwezelt verlas Kerweparrerin Louisa Fuchs nach ihrer erfolgreichen Premiere im vergangenen Jahr die kleinen Missgeschicke, mit denen es einige Hochstädter in die Kerweredd geschafft haben. Assistiert wurde sie von Mundschenkin Milana Seblykin, die auch die Taufe des Kerwekranzes mit Wein vornahm, bevor dieser unter die Zeltdecke gezogen wurde. Allerdings musste vorher mit vereinten Kräften und der verlängernden Unterstützung durch den Regenschirm von Claudia Sosniak der Haken von der Decke geholt werden.
Erinnert wurde an einen Hochstädter, der seinen Skiurlaub schon gefährdet sah, weil er erst nach langem Suchen seine passende Skihose gefunden hatte. Zuerst war ihm nur die Hose aus der Konfirmandenzeit in die Hände gefallen, die natürlich nicht mehr passte. Auch einer der Betreuer der Jugendfeuerwehr blieb nicht verschont. Nicht nur, weil er wohl immer zu spät zu den Übungsstunden kommt, sondern weil er beim Aufpumpen eines Fahrradschlauches diesen zum Platzen brachte.
Für den 30 Jahre alten Schlauch war das letzte „atü“ dann doch zu viel gewesen. Auch sich selbst verschonte die Kerweparrerin nicht, denn bei dem mit ihrem Vater gemeinsam vorgenommenen Austausch der Badezimmerdusche sorgte sie durch ein Missgeschick dafür, dass beide nass wurden.
Pech hatte auch eine reiselustige Einwohnerin, die ihre Reise in die Pfalz für einen Abstecher nach Straßburg nutzte und dort mit ihrem Navi auch gut in der Stadt unterwegs war. Bei ihrer Rückfahrt in die Pfalz vergaß sie allerdings, ihr Navi von Fußgänger auf Auto umzustellen, und wurde 30 Minuten lang durch Straßburg geleitet, bevor ihr der Fehler auffiel. Wie bei allen Kerwesprüchen hatte das Musiker-Team mit dem Lied „Im Wagen vor mir fährt ein Odenwälder Mädchen“ auch hier die passende musikalische Begleitung ausgewählt.
Die Kinder nur schnell in den Kindergarten bringen, um rechtzeitig zurück im Homeoffice zur Videokonferenz zu sein, war der Plan einer Mutter, der gewaltig schief ging. Denn sie hatte den Schlüssel zuhause vergessen und kam nicht mit dem Ersatzschlüssel in die Wohnung, weil der eigene Schlüssel von innen steckte. Allerdings hatte sie das Handy dabei und konnte schließlich die Feuerwehr alarmieren. Mit drei Mann, zwei Autos und einer Handfräse brauchten die Helfer allerdings viel Zeit, um letztlich über die Terrassentür ins Haus zu gelangen – vor dem Hochsicherheitsschloss mussten auch die Feuerwehrleute kapitulieren.
So wie die Hochstädter mit ihren Missgeschicken klar kommen müssen, müssen sie auch damit leben, in der Kerweredd aufzutauchen: „Wer kein Spaß versteht, der ist in Hochstädten ganz verkehrt“, so die Kerweparrerin.
Zum Abschluss ihrer Kerweredd dankte Louisa Fuchs ihrem Vater Alexander Fuchs mit dem Lied „Dankeschön mit roten Rosen“ für die vielen Reden der vergangenen Jahre. Er habe sich aus dem Schreiben der Kerweredd zurückgezogen, so dass sie in diesem Jahr die vorerst letzten Texte von ihm verlesen habe.
Dank sagte auch die Vorsitzende des Kerwe- und Heimatvereins, Johanna Schneider, für die Unterstützung der traditionellen Kerb, die im kommenden Jahr ihren 60. Geburtstag und das 40. Fräserennen feiern kann. js
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