Bensheim. „Weg, weg! Rettet euch alle in die sicheren Bereiche, solange ihr könnt!“, hallt es über das Grundstück in der Darmstädter Straße 208 Auerbach. Dichte Nebelschwaden liegen in der Luft, Lichter scheinen durch den Rauch, irgendwo kreischt ein eingesperrter „Infizierter“. Gabriel Vidovic, in einem gelben Virenschutzkittel und mit Atemmaske, steht mitten auf dem Hof und spielt seine Rolle mit erschreckender Überzeugung. Um ihn herum drängen sich Dutzende Besucher – Familien, Jugendliche, ältere Paare, viele geschminkt, verkleidet, manche lachend, andere mit angespanntem Blick.
Es ist wieder Halloween-Zeit in Auerbach. Das Halloween-Haus an der B3 ist für viele Gruselfans längst mehr als ein Geheimtipp. In diesem Jahr steht das selbst gestaltete Grusel-Areal unter dem Motto „The Outbreak – Ein Virus, kein Entkommen“. Schon von der Straße aus kündigt sich das Spektakel an: Eine große Vogelscheuche mit einem Schild, das den Namen des Hauses trägt. Eine gigantische Horrorfigur thront an der vorderen Hauswand, während an den Zäunen gelb-schwarze Banner mit der Aufschrift „Zombie“ warnen. Wer hier vorbeiläuft, bleibt stehen – neugierig, beeindruckt oder leicht beunruhigt.
Doch der wahre Nervenkitzel beginnt erst, wenn man das Tor passiert und vor dem Eingang des Grusellabyrinths steht. Schon hier ist klar: Nichts wird dem Zufall überlassen. Nachdem man sein Ticket bekommen hat, geht es direkt rein ins Labyrinth. Hier steht eine im gelben Virenschutzanzug gekleidete Frau, das Gesicht halb hinter einer Atemmaske verborgen. In der Hand hält sie einen Laserscanner, mit dem sie die Temperatur der Besucher misst – ernst, routiniert und wie in einem echten Quarantänebereich. Erst wenn sie mit einem knappen Nicken signalisiert, dass „alles sicher“ ist, darf man weiter – hinein in die Welt des Virusausbruchs.
Halloween-Haus ist bis 1. November geöffnet
- Seit vier Jahren verwandeln Gabriel Vidovic und Verena Steffen ihr Haus an Halloween in eine Bühne des Grauens.
- 35 Helfer wirken mit, an manchen Tagen bis zu zwölf Erschrecker gleichzeitig.
- Die Idee entstand während der Corona-Zeit – ironischerweise damals während einer echten Pandemie.
- Das Halloween-Haus ist unter der Woche von 16 bis 20 Uhr, am Wochenende bis 21 Uhr geöffnet und noch bis Samstag, den 1. November zugänglich. Von 16 bis 18 Uhr wird eine kinderfreundliche Variante ohne Erschrecker geboten.
- Der Eintritt ist frei, das gesamte Projekt läuft auf Spendenbasis.
Ein Plastikvorhang teilt den Weg – dahinter nur gedämpftes Licht. Sofort umfängt einen die bedrückende Atmosphäre eines improvisierten Seuchenlabors. Links zieht sich ein Bauzaun entlang, umwickelt mit rotem Absperrband, auf dem in großen Buchstaben „Warning“ steht. Dahinter: ein Tisch voller blutverschmierter Organe, abgeschnittener Hände und Füße. An den Gitterstäben hängen Handschellen, von der Decke baumeln deformierte Puppen und Körperteile. Ein Erschrecker hinter dem Zaun reißt an den Stäben und schreit, als wolle er entkommen. Schnell wird klar – niemand bleibt verschont.
Hinter dem nächsten Vorhang geht es weiter. Ein gelbes Schild mit der Aufschrift „Be careful“ leuchtet im flimmernden Licht. Ein klapperndes Skelett wackelt auf und ab, während aus dem Halbdunkel eine Gestalt hervorspringt – ein blutverschmierter „Infizierter“, eingesperrt hinter Gitterstäben, der sich plötzlich nach vorne wirft. Daneben steht ein Obduktionstisch mit roten Flecken, ein Rollstuhl mit einem Skelett, das schief im Sitz hängt.
Dann wird der Weg enger. Statt eines Vorhangs hängen nun gefüllte Leichensäcke von der Decke, einer dicht neben dem anderen. Man muss sich hindurchtasten. Wer glaubt, das Schlimmste überstanden zu haben, irrt. Nach dem letzten Vorhang tritt man kurz hinaus ins Freie – doch der Grusel hört hier nicht auf, im Gegenteil: Von links nähern sich plötzlich zwei angekettete Erschrecker, blutverschmiert, mit schmerzverzerrten Gesichtern. Sie werfen sich gegen ihre Ketten, schreien, kreischen, während die Besucher hastig den nächsten Vorhang suchen.
Dahinter lauert bereits die nächste Szene: Eine blaue Tonne steht im Weg, darauf liegt eine reglose Gestalt. Fast gleichzeitig springt aus dem Boden eine blutverschmierte Frau hervor – ein Messer in der Hand, das sie über den Kopf hebt. Es wird klar: Infiziert ist hier jeder. Die Geräuschkulisse steigert sich: dumpfe Schläge und verzerrte Stimmen. In der Ferne bewegt sich etwas – Skelette an den Wänden, die sich scheinbar mitbewegen, wenn man an ihnen vorbeigeht. Im letzten Raum des Labyrinths sitzt eine festgekettete Infizierte in der Ecke, zitternd, keuchend, bis sie plötzlich aufspringt und die Besucher mit aufgerissenen Augen anschreit. Neben ihr bewegen sich drei abgetrennte Köpfe mechanisch auf und ab und ehe man begreift, was geschieht, treibt sie einen durch den Ausgang – hinaus in die nächste Szenerie.
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Draußen empfängt einen ein Garten, der aussieht, als hätte sich der Virus bis in die letzte Ecke ausgebreitet. Auf dem Familienauto liegen Skelette, die mit ihren leeren Augenhöhlen in die Dunkelheit starren. Zwischen den Büschen lauern bewaffnete Puppen, mit Plastikgewehren und Masken, als würden sie den Außenbereich vor den Infizierten bewachen. Überall hängen Spinnweben, Lichterketten leuchten in blauen, lilafarbenen und orangefarbenen Tönen. Auf den Tischen stehen Totenköpfe und über den Köpfen hängt dichter Nebel. In einem der Beete brodelt ein dampfender Kessel.
Wer mutig genug ist, sich weiter in den Garten zu wagen, gelangt zu einem Gruselfriedhof. Zwischen Grabsteinen und Kerzen liegen Skelette in allen Größen, manche aufrecht sitzend, andere halb im Boden versunken. Am Büffet, das sich am Rand des Gartens befindet, lässt sich der Schrecken kurz vergessen. Es gibt Kürbiscremesuppe, Würstchen im Brötchen, gruseligen Wackelpudding und Getränke – alles auf freiwilliger Spendenbasis. Kinder, die am Eingang einen goldenen Taler erhalten haben, können dieses hier eintauschen, so viel sei verraten. Immer wieder ertönen neue Schreie aus der Zeltlandschaft, und der Blick wandert unwillkürlich zurück dorthin.
Immer ab 18 Uhr, zur vollen Stunde, ändert sich die Stimmung. Die Lichter flackern, eine Projektion an der Hauswand erscheint: eine Eilmeldung, begleitet von Sirenengeräuschen. „Der Virus ist ausgebrochen!“ blinkt in roten Lettern, und Sekunden später brechen die Infizierten aus ihren Käfigen. Sie laufen zwischen den Besuchern umher, stoßen schrille Schreie aus und reißen Vorhänge zur Seite. Dann ertönt wieder Vidovics Stimme – diesmal lauter und eindringlicher. Er selbst steht mitten im Chaos: „Weg, weg! Rettet euch alle in die sicheren Bereiche, solange ihr könnt!“
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