Dorfjubiläum

Gronau wurde vor 800 Jahren das erste Mal erwähnt

Gronau wurde zum ersten Mal wissenschaftlich fundiert vor 800 Jahren in einer Schenkungsurkunde erwähnt. Zum Dorfjubiläum hatte die Stadtteildokumentation am Samstag einen interessanten Rundgang zusammengestellt.

Von 
Jeanette Spielmann
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800 Jahre Gronau: Zum Dorfjubiläum hatte die Stadtteildokumentation zu einem Rundgang eingeladen. Ziel waren die historischen Gebäude des Orts. © Thomas Neu

Gronau. Mit einem Dorfspaziergang durch drei Jahrhunderte erinnerte die Stadtteildokumentation Gronau am Samstag an die Ersterwähnung des Stadtteils vor 800 Jahren. Auch wenn Gronau vermutlich weitaus älter ist, wie Ortsvorsteher Stefan Hebenstreit bei der Begrüßung der zahlreichen Teilnehmer auf dem Platz „Am Römer“ vermutete, gilt als Maßgabe für die Ersterwähnung eine Schenkungsurkunde aus dem Jahr 1223.

Es gebe zwar ältere Urkunden, die aber aufgrund ihrer ungenauen Angaben wie „um das Jahr 1200“ den wissenschaftlichen Anforderungen nicht genügen. Mit dem Dorfrundgang werde die Möglichkeit geboten, sich auf die Entwicklung der 769 Hektar großen Gemarkung zurückzubesinnen, die sich durch Landwirtschaft, Weinbau und Forstwirtschaft verändert habe.

So hieß Hebenstreit unter den Gästen neben der Politik (Stadtverordnetenvorsteherin Christine Deppert und CDU-Fraktionschef Tobias Heinz) sowie Mitgliedern aus weiteren Stadtteildokumentationen auch Revierförster Dirk Ruis-Eckardt besonders willkommen.

90 Minuten durch das Dorf

Vorbereitet hatten den Rundgang Norbert Hebenstreit und Andreas Schratt von der Gronauer Stadtteildokumentation. Ausgestattet mit einem Handwägelchen - gezogen von Christine Deppert und Tobias Heinz - historischen Bildern in Plakatgröße und Verstärkeranlage machte sich bei schönstem Frühlingswetter die Gruppe auf den gut 90-minütigen Weg durch das Dorf.

Nicht ohne die Geschichte des alten Rathauses zu erwähnen, das allerdings einen Vorgänger hatte. Die erste Erwähnung eines Rathauses in Gronau stammt aus dem Jahre 1621 und eine Skizze von Ignaz Opfermann, dem Baumeister der gegenüberstehenden Gronauer Kirche, zeigt den Dorfplatz um 1830 mit dem als Schul- und Rathaus genutzten Gebäude, das wegen „Gebrechlichkeit“ in den Jahren 1876/77 durch das heutige Gebäude ersetzt wurde.

Es verfügte neben dem Dienstzimmer des Bürgermeisters und zwei Klassenräumen für die Volksschule (bis 1967) auch über eine Lehrerwohnung. Später war hier die Post (bis 1996) und die Sparkasse (bis 2017) beheimatet, heute ist das alte Rathaus die „Gruneme Stubb“ und im Obergeschoss Sitz der Stadtteildokumentation.

Nächste Station war auf der Märkerwaldstraße Richtung Oberdorf die Rückseite der Kirche und die nicht mehr vorhandene Bäckersbrücke und die über drei Generationen ab 1893 betriebene Bäckerei der Familie Thierolf. Das Gebäude wurde 1979 abgerissen und leider ist über den Verbleib der damaligen Ladeneinrichtung nichts bekannt. Auch den Familiennamen Thierolf gibt es in Gronau nicht mehr.

Ganz bewusst habe man beim historischen Rundgang auf Privathäuser weitgehend verzichtet, so Norbert Hebenstreit. Eine Ausnahme war das Anwesen Märkerwaldstraße 118, das heute im Besitz der Familie Rettig ist. Seinen Ursprung hat das Haus um das Jahr 1560, als dort die sogenannte obere Mühle gegründet und vor 200 Jahren aufgegeben wurde.

Unter den Schindeln der Fassadenverkleidung befindet sich noch ein sehr altes Fachwerk, ebenso ist noch ein altertümlicher Keller vorhanden. 1822 wollte Wirt Georg Rettig die seit 40 Jahren stillgelegte Mühle wieder in Ganz setzen, doch die Betriebsgenehmigung wurde vom damaligen Lindenfelser Landrat abgelehnt.

Das auch als Zimmerei und Holzplatz mit Bild dokumentierte Anwesen bildete mit dem vermutlich um 1800 entstandenen Gebäude Märkerwaldstraße 131 den Abschluss des Dorfes in Richtung Osten. Zurück auf der Märkerwaldstraße war das Pfarrhaus aus dem Jahre 1914/15 die nächste Station. Dem über 100 Jahre alten Gebäude ging das 1722 direkt an der Straße erbaute Pfarrhaus voraus.

Käthe Kollwitz im Pfarrhaus

1921 hatte der damalige Gronauer Pfarrer Otto Schlosser mit Käthe Kollwitz eine der großen Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts zu Gast. Anhand einer Zeichnung des jungen Carl Philipp Fohr wurde an die frühere spätgotische Kirche zu Gronau erinnert, die schon 1773 als baufällig erklärt, aber erst 1831 abgerissen wurde und Platz für die 1834 eingeweihte neue im klassizistischen Stil erbaute Kirche schaffte.

In der Hambacher Straße 1 wird an die Wagnerei Gehron erinnert, mit der 1899 der Name Gehron nach Gronau kam. Ebenfalls in der Hambacher Straße angesiedelt sind der alte und neue Kindergarten sowie die Märkerwaldschule, deren Neubau 1967 nach dem Wegzug aus dem alten Rathaus errichtet wurde. 1968 wurde aus der damaligen Volksschule mit acht Jahrgängen eine reine Grundschule, deren Schließung anfangs der 80er Jahre durch das Engagement der Gronauer und Zeller Bürgerschaft verhindert wurde.

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Auf viele Stationen im Dorf kann der 1999 neben der Schule eingeweihte Kindergarten blicken. Seine Gründung als Kleinkinderschule war 1885 im damals neu errichteten alten Rathaus. 1903/04 erfolgte der Umzug in das aus gräflichen Mitteln erbaute Kleinkinderschulhaus In der Baumreihe gegenüber dem Friedhof. Es handelt sich bei dem Gebäude um das einzige Metzendorf-Haus in Gronau und ist heute im Privatbesitz.

1945 wurde der Kiga-Betrieb wieder im alten Rathaus aufgenommen, danach wechselte man in die umgebaute ehemalige Försterei an der Hambacher Straße. Wegen Schimmelbefall war bis zum Neubau des Kindergartens 1989 eine Übergangslösung mit dem Container-Kindergarten hinter dem alten Rathaus erforderlich.

Abriss der Milchsammelstelle

Das alte Spritzenhaus an der Märkerwaldstraße, dessen Baudatum nicht bekannt ist, der Gassebrunnen und das Wiegehäuschen an der Hintergasse sowie die um 1930 hinter dem alten Rathaus entstandene erste Milchsammelstelle, die bis zu ihrem Abriss 1981 zuletzt von Hans Jung betrieben wurde, bildeten den Abschluss des aufschlussreichen Rundgangs.

Die Bewirtung mit erfrischenden Getränken sowie Kaffee und Kuchen durch den Ortsbeirat wurde von den Teilnehmern zur Stärkung und Erholung dankbar angenommen.

Im Rahmen des Dorfjubiläums ist am Tag des offenen Denkmals am 10. September eine gemeinsame Veranstaltung mit der Kirchengemeinde unter dem Motto „Vom Kirchhof zum Friedhof“ geplant. Laut Norbert Hebenstreit wird der alte Friedhof in diesem Jahr 240 Jahre alt.

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