Goethe-Gymnasium

"Nicht Peter Pan": Reise zwischen Realität und Nimmerland

Stehende Ovationen und minutenlanger Jubel nach der letzten Aufführung von „Nicht Peter Pan“ - ein Werk, das weit über normale Schulaufführungen hinausgeht.

Von 
Frederik Koch
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Im Goethe-Gymnasium Bensheim wurde das Stück "Nicht Peter Pan" gezeigt. 60 Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte boten eine außergwöhnliche Leistung. © Thomas Neu

Bensheim. „Wer kennt das echte Peter Pan?“ – mit dieser Frage eröffnete die letzte Aufführung der einen Besetzung von „Nicht Peter Pan“ am Samstagabend das Theaterstück in der Mensa des Goethe-Gymnasiums in Bensheim. Schon beim Betreten des Raums war die Spannung spürbar: Der Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt, die Luft knisterte förmlich vor Erwartung. Überall hörte man das Rascheln von Programmen und das leise Murmeln des Publikums, das gespannt wartete, welche Abenteuer gleich beginnen würden. 60 Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte standen bereit, um das Publikum auf eine Reise zwischen heutiger Realität und Nimmerland mitzunehmen – ein Theatererlebnis, das weit über klassisches Schultheater hinausgeht.

Das Stück wurde von Regisseur und Autor Torsten Weis entwickelt, unterstützt von Co-Regisseur Eric Schuch, und speziell auf die Stärken der Theater-AG zugeschnitten. Die Handlung beginnt in der Gegenwart, mit Peter Banning als erfolgreichem CEO, der völlig in seine Arbeit vertieft ist. Seine Familie, besonders seine Kinder Tochter Maggie und Sohn Jack, wird dabei vernachlässigt.

Schon früh zeigen sich die Konflikte: Jack verhält sich kindlich, der Vater drängt ihn, endlich erwachsen zu werden. Als Peter und seine Familie eine Reise nach London antreten, um ihre Verwandten zu besuchen, eskalieren die Ereignisse: Hook taucht auf, die Kinder geraten in Gefahr, und Peter muss sich plötzlich zwischen Alltag, Verantwortung und Fantasie entscheiden.

Von diesem Moment an wechseln die Szenen blitzschnell zwischen Realität, London und Nimmerland. Das Ensemble zieht das Publikum in eine Welt, in der alles möglich scheint: flirrende Feen, freche Piraten, die verlorenen Kinder und abenteuerliche Schwertkämpfe. Jede Bewegung, jeder Schritt der Darsteller war präzise und mitreißend, sodass das Publikum der Handlung kaum mit den Augen folgen konnte, ohne von der Spielfreude gefesselt zu werden.

Humorvolle Szenen, wie Tante Liza, die hektisch „erstmal Tee!“ ruft, sorgten für Lacher, während das Publikum gleichzeitig gespannt die dramatischen Momente verfolgte. Besonders die Szene, in der die verlorenen Kinder imaginäres Essen verspeisen, erzeugte mit dem Zitat „Gandhi hatte mehr zu essen“ schallendes Gelächter und lockerte die Spannung perfekt auf.

Neben Humor und Fantasie zeigte das Theaterstück auch emotionale Tiefe

Musik begleitete die Handlung durchgehend und unterstrich die Stimmung jeder Szene: Das Seemannslied „There once was a ship…“ erfüllte die Mensa mit kräftigen Stimmen, ruhige Gitarrenszenen erzeugten Gänsehaut, und das Publikum spürte jede Nuance der Emotionen, die auf der Bühne dargestellt wurden. Die Schauspieler brachen bewusst die vierte Wand, binden das Publikum aktiv ein und erzeugten so Nähe und Spannung – besonders bei der Sponsorengala, bei der das Publikum selbst die Rolle der Geldgeber im Publikum übernahm und die Reaktionen auf der Bühne ein direktes Echo im Raum fanden.

Die Bühnenbilder und Requisiten trugen entscheidend zur Magie bei: Hintergründe für Nimmerland, Lichteffekte und Blumenwände aus Krepppapier vom WPU Kunst, gestaltet von Desirée Hanemann, ließen die Fantasiewelt lebendig werden. Jede Szene war detailreich gestaltet, die Farben leuchteten und die Bewegungen der Darsteller wirkten perfekt abgestimmt mit den visuellen Effekten. Die verlorenen Kinder wirbelten über die Bühne, Piraten tauchten überraschend auf, und Tinkerbell huschte durchs Publikum. Jede Szene war ein kleines Abenteuer für sich, in dem das Publikum förmlich eintauchte und die Handlung miterlebte, statt nur zuzusehen.

Neben Humor und Fantasie zeigte das Stück auch emotionale Tiefe: Jack weigerte sich, zu seinem Vater zurückzukehren und wollte Pirat werden, Hook schwankte zwischen Rache und Lebensmüdigkeit, und Peter Banning erkannte nach und nach, wie wichtig seine Rolle als Vater ist. Zitate wie „Kinder, die niemand liebt, werden zu Eltern, die niemanden lieben“ und „Wenn es einen Hook gibt, muss es auch einen Plan geben“ hallten lange nach und ließen das Publikum nachdenklich innehalten. Manche wischten sich Tränen aus den Augen, andere lachten über die frechen Einlagen der verlorenen Kinder.

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Die dreistündige Inszenierung war ein spektakuläres Erlebnis. Szenen mit eingefrorenen Bildern, geteilten Bühnenbereichen und fantasievollen Spielen ließen keinen Moment Langeweile aufkommen. Höhepunkte waren die musikalischen Einlagen, emotionale Vater-Sohn-Momente, die Begegnung mit Hook und die Rückkehr der Fantasie in Peter Bannings Leben. Besonders die Darstellung der verlorenen Kinder, die voller Witz, Energie und Ausdrucksstärke agierten, sorgte immer wieder für Begeisterung im Publikum.

Die Dernière, die letzte Vorstellung, war besonders emotional, da einige der Schüler aufgrund ihres anstehenden Abiturs zum letzten Mal für das „Goetheater“ mitspielen konnten. Der Vorhang öffnete und schloss sich mehrfach im Anschluss an das Stück, die Darsteller verbeugten sich in kleinen Gruppen einzeln, einige konnten ihre Tränen nicht zurückhalten.

Stehende Ovationen und minutenlanger Jubel machten die Begeisterung spürbar. Noch lange nach dem Ende hallten die Lieder aus dem Stück nach, das Publikum summte die Melodien noch auf dem Heimweg. Alle sechs Vorstellungen waren bereits frühzeitig ausverkauft. Das „Goetheater“ hat mit „Nicht Peter Pan“ ein Werk geschaffen, das weit über normale Schulaufführungen hinausgeht. Es ist eine Feier der Fantasie, der Freude am Theater und der Gemeinschaft. „Nicht Peter Pan“ ist nicht nur ein Stück, sondern ein unvergessliches Erlebnis, das noch lange im Gedächtnis des Publikums nachklingt.

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