Unterbringung von Geflüchteten

Die Kapazitäten für Geflüchtete reichen 2024 wohl aus

Der Zuzug wirkt sich auch auf die Kitas und Betreuungsplätze aus.

Von 
Anna Meister
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Eine neue Modulanlage als Unterbringung für geflüchtete Menschen wurde jetzt von Seiten der Stadt im hinteren Bereich des Festplatzes am Berliner Ring fertiggestellt. © Stadt

Bensheim. Mit dem September endet auch die Sommerpause der Stadtverordnetenversammlung – auf den Tagesordnungen von Sozial-, Bau- und Finanzausschuss stehen wieder zahlreiche Themen, über die die Mitglieder beraten und abstimmen werden. Eines davon ist die Unterbringung geflüchteter Menschen in Bensheim. So beabsichtigt die Verwaltung unter anderem, einen bestehenden Mietvertrag für eine Unterkunft zu verlängern und einen weiteren Standort für Asylbewerber und bleibeberechtigte Personen anzumieten.

Aufgrund der hohen Zuweisungszahlen von Geflüchteten war es notwendig, eine Containerstadt für etwa 200 Personen auf dem Festplatz errichten zu lassen, die wie berichtet Anfang September in Betrieb gegangen ist. Die Kosten für die Unterbringung in Containern sind aufgrund der Herstellungs-, Betriebs- und Betreuungskosten im Vergleich zu angemieteten Immobilien deutlich höher.

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In 14 weiteren Unterkünften werden die Geflüchteten von städtischem Personal betreut. Die Personalkosten hierfür können gemäß Kommunalabgabengesetz (KAG) in die Unterbringungsgebühr einkalkuliert werden, daher wurde das Team Soziales und Integration neu strukturiert und Arbeitsprozesse optimiert.

Zuvor war dies nicht möglich, da dieses Personal auch in anderen Sachgebieten des Teams mitgearbeitet hat beziehungsweise noch nicht eingestellt war. So können seit 2024 drei Mitarbeiter sich vollständig sowie eine Mitarbeiterin zu 30 Prozent um die Unterbringung von etwa 360 Geflüchteten in städtischen Unterkünften kümmern.

Erhöhung der Unterbringungsgebühren geplant

Hier soll die bestehende Unterbringungsgebühr von 465 auf 590 Euro erhöht werden, heißt es in einem Beschlussvorschlag der Verwaltung. Dieser Beschluss soll rückwirkend zum 1. September 2024 in Kraft treten. Die Gebühr bezieht sich auf die Kosten pro Person für die Unterbringung in städtischen Einrichtungen.

Das KAG regelt in Deutschland die Erhebung von Gebühren, Beiträgen und Steuern durch die Kommunen. Es handelt sich um ein Landesgesetz, das von jedem Bundesland eigenständig erlassen wird. Ziel ist es, dass die Kommunen ihre Aufgaben und Dienstleistungen finanzieren können, indem sie von den Bürgern und Nutzern Gebühren und Abgaben erheben.

Hierdurch wird es den Kommunen möglich, Benutzungsgebühren zu erheben, wenn Bürger oder andere Personen (wie zum Beispiel Geflüchtete) öffentliche Einrichtungen in Anspruch nehmen. Diese Einrichtungen können Schulen, Kindergärten, Schwimmbäder oder – wie in diesem Fall – Unterkünfte für Geflüchtete sein.

Im KAG wird betont, dass Gebühren nicht zur Gewinnerzielung dienen sollen, sondern lediglich dazu da sind, die Kosten für die jeweilige Leistung oder Einrichtung zu decken. Das ist das sogenannte Kostendeckungsprinzip.

In diesem Fall bedeutet es, dass die Stadt Bensheim die Gebühren für die Unterbringung von Geflüchteten so festsetzen muss, dass nur die tatsächlich entstehenden Kosten für die Errichtung, den Betrieb und die Betreuung der Unterkunft gedeckt werden. Gewinne dürfen damit nicht erzielt werden.

In den Unterkünften der Stadt Bensheim sind zurzeit 450 Personen untergebracht. Die Menschen kommen zum größten Teil aus Afghanistan, der Türkei, der Ukraine und aus Syrien. In den städtischen Unterkünften sind hauptsächlich Familien und Einzelpersonen untergebracht.

Abschiebungen und freiwillige Ausreisen seit Mai 2023

Von diesen 450 Geflüchteten sind 240 im Asylverfahren, 210 haben eine Aufenthaltserlaubnis. Die aktuelle Debatte im Land dreht sich immer wieder um Abschiebeverfahren und deren zügige Vollstreckung. Diesbezüglich liegt die Zuständigkeit nicht bei der Stadt. Soll eine Person abgeschoben werden, dann bekommt die Verwaltung eine Mitteilung der Polizei – „aber auch nicht immer“, teilt die Verwaltung mit.

Die Abschiebung von Menschen in Hessen erfolgt in der Regel, wenn deren Asylantrag endgültig abgelehnt wurde und sie ausreisepflichtig sind. Die Ausländerbehörden der kreisfreien Städte und Landkreise sind für die Anordnung und Durchführung der Abschiebungen zuständig, die Polizei Hessen vollzieht diese Maßnahmen in Zusammenarbeit mit anderen Stellen. Bei abgelehnten Asylbewerbern spielt zudem die Frage der Duldung eine wichtige Rolle, falls eine Abschiebung aus rechtlichen oder humanitären Gründen vorerst nicht möglich ist.

Es wurde seit dem 1. Mai 2023 kein Geflüchteter aus den städtischen Unterkünften abgeschoben. Zwei Asylbewerber und fünf Ukrainerinnen und Ukrainer haben Deutschland freiwillig verlassen.

Wie ist es um die Kapazitäten zur Aufnahme Geflüchteter in Bensheim bestellt? „Wir haben – Stand 11. September – 100 freie Plätze in der Modulanlage auf dem Festplatz am Berliner Ring und etwa 15 freie Plätze in anderen Unterkünften. Für dieses Jahr sollten die Plätze demnach ausreichen. Da es sich aber um eine dynamische Lage handelt, kann sich die Situation kurzfristig auch anders darstellen.“

Wohnraummangel und steigender Verwaltungsaufwand

Es muss also weiterhin nach Unterkünften geschaut werden, da der Stadt mehr Geflüchtete zugewiesen werden, als Menschen die Unterkünfte verlassen. Ein Hauptgrund ist bekannt: Es fehlt an bezahlbarem Wohnraum in Bensheim. Daher steigen monatlich die Bestandsfälle in den Unterkünften.

Gleichzeitig nimmt so der Verwaltungs- und Betreuungsaufwand durch das Team Soziales und Integration beständig zu. Allgemein ist daher der Verwaltungsaufwand sehr hoch. Bedarfsplanungen für die Zukunft sind nach wie vor zudem kaum möglich, da sich die Zuweisungszahlen pro Quartal stark unterscheiden können.

Darüber hinaus erschwert der Zuzug von Geflüchteten seit 2015 die Bedarfsplanung bei den Kita-Plätzen – und erfordert den Ausbau von Betreuungsplätzen. Auch die qualitativen Herausforderungen an die Familien mit Migrationshintergrund bringen erhöhte finanzielle und personelle Ressourcen mit sich, informiert die Verwaltung über die Herausforderungen, vor denen sie weiterhin steht.

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Dies schlägt sich auch im jährlichen Zuschussbedarf nieder, der aus dem städtischen Haushalt an den Eigenbetrieb Kinderbetreuung fließt. Dieser beläuft sich in diesem Jahr auf 16,7 Millionen Euro und wird in den Folgejahren wie bisher weiter ansteigen.

Bei aller Kritik und den hitzigen Debatten im Zusammenhang mit der Migrationspolitik im Land lohnt sich die Frage bei der Stadt: Was läuft trotz aller Herausforderungen gut? „Die dezentrale Unterbringung ist uns nach wie vor ein großes Anliegen und steht im Mittelpunkt der Bemühungen, Wohnraum für Geflüchtete zu akquirieren. Das gelingt dem Fachteam sehr gut. Es gibt generell sehr wenig Beschwerden aus der Nachbarschaft und wenig Probleme innerhalb der Unterkünfte“, heißt es dazu aus dem Rathaus.

Die neue Modulanlage am Festplatz

Die Stadt muss die Geflüchteten unterbringen. Das ist die Pflichtaufgabe einer Kommune. Drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich ausschließlich um die Betreuung von Geflüchteten in den Unterkünften. Die geflüchteten Menschen erhalten über die reine Pflichtaufgabe hinaus selbstverständlich weitere Hilfen, unter anderem in Form von Sprachkursen und Sportangeboten.

In der neuen Unterkunft am Festplatz hat die Stadt Platz für bis zu 200 Personen auf zwei Etagen geschaffen. Die Modulanlage besteht aus 170 Einzelelementen. Anfang September haben 100 Schutzsuchende dort eine Bleibe gefunden. Bis zum 1. Oktober sollen weitere 100 Bewohnerinnen und Bewohner einziehen. Dabei handelt es sich um Geflüchtete, die vom Kreis direkt zugewiesen werden und die bisher in den Zelten nur wenige Meter entfernt gelebt haben. Von Seiten des Kreises Bergstraße ist beabsichtigt, die sogenannte Zeltstadt danach in den Ruhemodus zu versetzen. Dies teilte der Kreis auf Nachfrage mit.

Der Betrieb und die soziale Betreuung erfolgen über einen externen Dienstleister. Angemietet sind die Module zunächst für drei Jahre. Ohnehin ist die Unterbringung nur als Zwischenlösung gedacht. Sobald anderswo Wohnraum frei wird, sollen die Bewohnerinnen und Bewohner dahin umziehen. Die Gesamtkosten, inklusive der Ausgaben für den Bau, die Ausstattung, Miete und soziale Betreuung belaufen sich für diesen Zeitraum auf rund 4,5 Millionen Euro.

Seit Mai 2023 hat Bensheim 520 direkt zugewiesene Geflüchtete aufgenommen. Ab Oktober, wenn die verbliebenen 100 Plätze belegt sind, werden es 620 sein. Bis zum Jahresende sei das Soll damit erfüllt, heißt es weiter. Von den 15 Unterkünften im Stadtgebiet werden vom Team Soziales und Integration 14 direkt betreut. Eine Ausnahme bildet lediglich die Modulanlage. In der kleinsten Unterkunft leben acht Personen, in der größten 82.

Redaktion

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