Bensheim. Wahrhaft multimedial präsentierte sich die neue Ausstellung der Stadtteil-Dokumentation Hochstädten mit dem Schwerpunktthema Fürstenlager: Da gab es nicht nur die Stellwände mit vielen Fotos und erklärenden Texten, sondern auf den Tischen auch viele Ordner mit Fotos und Informationen zu vergangenen Ausstellungen und dem Leben im Stadtteil der letzten drei Jahrzehnte zum Stöbern. Ein Bildschirm ließ das Ortsgeschehen des vergangenen Jahres Revue passieren und ein reichhaltiger Bücherflohmarkt zugunsten der Stadtteil-Dokumentation hielt einige Raritäten zur Regionalgeschichte bereit.
Kernpunkt aber war eine Wanderung durch das Fürstenlager, die kenntnisreich von der langjährigen Führerin der Schlösser und Gärten Hessen Marianne Ruskowski am Samstagnachmittag geleitet wurde. Treffpunkt war der Goethebrunnen in Hochstädten, der nicht nur in unmittelbarer Nähe zum Hochstädter Haus gelegen ist, sondern auch ein zum Fürstenlager gehöriger Part des Stadtteils ist. Er ist auch Grundlage für die tiefe Verbindung, die viele Hochstädter zu der im späten 18. Jahrhundert angelegten Sommerresidenz der hessischen Landgrafen empfinden.
Mehr als zwei Stunden lang streifte die Gruppe von rund zwanzig Interessierten durch die pittoreske Parkanlage. Besondere Stationen und Höhepunkte neben den vielen schönen Ausblicken und den exotischen Bäumen waren die Eremitage, der Champignonberg mit seinen Sandsteintischen, die Grotte und der Ort des ehemaligen Schießstands am oberen Ende des Dörfchens. Das angenehme spätsommerliche Wetter machte den Rundgang zu einem besonderen Genuss – dank der Umsicht der Veranstalter, die eigens den Termin der Ausstellung von November, wenn die Jahresausstellungen der Stadtteil-Dokumentation üblicherweise stattfinden, auf September vorverlegt hatten.
Diese Wanderung griff das Thema auf, das eine Wanderung der Stadteil-Dokumentation Auerbach im Juli vor sieben Jahren gesetzt hatte und die damals vom Herrnwingert aus bis zum Borstein und zurück hinunter nach Hochstädten geführt hatte. Eine ausführliche Dokumentation dieser Wanderung war Bestandteil einer Ausstellung in Auerbach, die nun auch im Hochstädter Haus zu sehen war.
Dabei wurden die historischen Hintergründe einiger markanter Punkte beleuchtet: So war neben vielem anderen zu lesen, dass das vielen bekannte Selterswasserhäuschen auf dem Weg zum Borstein 1914 im Zuge der Arbeiterbewegung von dem Elmshäuser Konrad Reil errichtet worden war, der in diesem kleinen Kiosk Mineralwasser, Limonade und Gebäck verkaufte und bei geselligen Wanderungen der kleinen Leute einen beliebten Rastpunkt bot.
Ausstellung mit einer Bildpräsentation eröffnet
Ein anderer Teil der Ausstellung wurde in Auerbach im Jahr 2022 erarbeitet: Darin wird das Fürstenlager mit seinen botanischen Raritäten von Riesen-Mammutbaum, Perückenstrauch und Blutbuche bis zu Taschentuchbaum und Strauch-Rosskastanie vorgestellt, Bilder aus den 1950er Jahren bei Arbeiten am Schwanenteich sind zu sehen und kurios anmutende Pläne wie der Bau einer Seilbahn zum Auerbacher Schloss aus dem Jahr 1970 oder – erfolglose – Bohrungen nach Öl im Jahr 1951.
Zur Eröffnung am Freitagabend war einige Politprominenz aus der Region gekommen, von Bundestagsmitglied Michael Meister über den ehemaligen Ersten Stadtrat Helmut Sachwitz bis zu den Magistratsmitgliedern Ralph Stühling und Hans Seibert. Claudia Sosniak, Leiterin des Stadtarchivs und seit vielen Jahren in der Stadtteil-Dokumentation aktiv, eröffnete die Ausstellung mit einer Bildpräsentation: Sie verglich frühere Ansichten des Fürstenlagers, darunter viele von Ernst August Schnittspahn im 19. Jahrhundert angefertigte, mit dem heutigen Aussehen.
Sosniak wies auf die finanzielle Not der ehrenamtlich geleisteten Arbeit der Stadtteildokumentation im gesamten Stadtgebiet hin. Stärker als bisher sei diese künftig von Spenden abhängig, da man als Einrichtung der Stadt von deren Sparmaßnahmen betroffen sei und man selbst keine Einnahmen generieren könne. Durch Kooperationen zwischen den einzelnen Stadtteilen fange man einen Teil des Notstands auf – so kam die diesjährige Hochstädter Ausstellung aus Auerbach, während dort eine Ausstellung der Hochstädter über das Marmorit-Werk gezeigt wurde.
Bis 2027 scheint die Arbeit der Hochstädter Gruppe gesichert: Im kommenden Jahr gilt es das 35-jährige Jubiläum der örtlichen Stadtteildokumentation zu feiern. Deshalb werden dann die Highlights aus den Ausstellungen der seit der Gründung vergangenen Jahrzehnte gezeigt. 2027 wird es eine Wanderausstellung geben, für die unter anderem schon eine großzügige Spende des Lions-Clubs entgegengenommen werden konnte. Weitere Spenden sollen bis dahin noch gesammelt werden.
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