Auerbach. Dass das Fürstenlager ein Gesamtkunstwerk und ein ausgesprochen malerischer Ort ist, braucht nicht betont zu werden. Auch dass es als Fotomotiv kaum zu toppen ist, steht außer Frage. Dass jedoch Maler ihre Staffeleien hier aufbauen und Zeichner mit ihren Blöcken die Wiesen bevölkern, ist zumindest nicht alltäglich. Mindestens einmal im Jahr jedoch tritt dieses Phänomen gehäuft auf. Dann nämlich ist im Fürstenlager Sommerakademie: Unter Anleitung eines professionellen Künstlers erweitern unterschiedlich Vorgebildete aus der Region und darüber hinaus ihre Fertigkeiten im Umgang mit Pinsel und Stiften und im Abbilden der Natur.
In diesem Jahr hatte die Gruppe Kunst im Fürstenlager des Auerbacher Kur- und Verkehrsvereins den in Mannheim lebenden Künstler Armin Liebscher als Dozenten gewinnen können. Zwölf Teilnehmerinnen waren in der vergangenen Woche täglich mit ihm im Dörfchen und Umgebung unterwegs und widmeten sich dem Naturstudium. Die Rinde der Platanen, der Schattenwurf der Gebäude, die Erzeugung räumlicher Tiefe, die Erfassung des Farbspiels der Pflanzen oder der gekonnte Einsatz von Schraffuren waren einige der bearbeiteten Aufgaben.
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Dabei unterstützte und begleitete der Dozent die Teilnehmerinnen einerseits individuell, bestand aber andererseits auf Verinnerlichung und Übung gewisser Grundlagen. „Die Zeichnung ist für mich das Wesentliche, die Malerei kommt dann obendrauf“, sagt Armin Liebscher. Er verweist auf die Bedeutung des Verstehens und des bewussten Wahrnehmens der Natur für die eigene Gestaltung. Der Künstler ist schon zum dritten Mal als Dozent im Fürstenlager – „dieser Ort ist für mich der Grund, herzukommen“. Doch arbeitet er während der Akademie nicht an eigenen Bildern oder zeichnet etwa für sich selbst. Das tut er nur, wenn der den Teilnehmerinnen etwas erklären oder deutlich machen möchte.
Mappencoachings und Mal- und Zeichenexkursionen für Jugendliche und Erwachsene
Er trifft dabei auf sehr unterschiedliche Voraussetzungen unter den Teilnehmerinnen, die diesmal aus Bensheim, Lorsch und dem Raum Mannheim/Ludwigshafen kommen. Manche machen zum ersten Mal überhaupt so einen Kurs, andere haben schon einige Erfahrung oder sogar eine künstlerische Hochschulausbildung. Aber für alle ist etwas Neues dabei, sei es die Schraffur und die Arbeit mit dem Bleistift sowie das Peilen und Erfassen von Perspektive und Größenunterschieden oder auch die Auseinandersetzung mit einer neuen Technik. Neben der Zeichnung sind da zum Beispiel Öl- oder Eitemperamalerei oder auch das Aquarell zu nennen.
Ein wichtiges Element ist stets der Austausch untereinander, nicht nur wegen der von den Teilnehmerinnen neben der Schönheit des Umfelds besonders gelobten Gruppenharmonie, sondern auch, weil man viel voneinander lernen kann. Die Tage sind wegen der Intensität der Arbeit und der großen Konzentration überaus anstrengend, da sind sich alle einig. Und doch gibt es am Ende jeden Tages eine Besprechung, bei der nicht nur ganz konkrete Fragen behandelt und Resümees gezogen werden, sondern auch allgemeinen Betrachtungen aufkommen, wie etwa das Sinnieren über die Prägung durch die Verwendung von Plaka-Farben oder über die erst seit den 1980er Jahren breiter aufkommende Acrylmalerei, die sich als Technik stets weiter verfeinerte.
„Ich arbeite gern mit großen Gruppen“, sagt Armin Liebscher, „es ist interessant, durch die Kommunikation immer wieder neu eine Basis miteinander zu finden.“ Der 1957 geborene Künstler studierte an der Fachhochschule für Gestaltung in Mannheim Grafik Design und anschließend an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe. Seit seinem Studienabschluss war er ausschließlich freischaffend tätig und hat dabei von Anfang an immer auch unterrichtet. Mit seiner Lehrtätigkeit an der Abendakademie Mannheim, in den Werkstätten für Druckgrafik der Feuerwache Mannheim und beim BBK Mannheim richtet er sich an Jugendliche und Erwachsene, für die er auch Mappencoachings und Mal- und Zeichenexkursionen anbietet.
Für die eigene Arbeit, die in vielen Einzel- und Gruppenausstellungen in der Metropolregion, aber auch schon in Rumänien oder Bulgarien zu sehen war, schöpft der Künstler viel aus langen Aufenthalten etwa in Asien, wo Skizzenbücher entstehen, die ihm sehr wichtig sind – und als Demonstrationsobjekte auch wieder in den Kursen zum Einsatz kommen.
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