Bensheim. Heinz-Jürgen Schocke räumte gleich zu Beginn der gut besuchten Mitgliederversammlung des Förderkreises Kleinkunst und Kultur im PiPaPo-Keller mit etwaigen Vorbehalten auf. Nein, sein Entschluss, das Amt des Vorsitzenden ein Jahr vor Ablauf der Wahlperiode zurückzugeben und nicht mehr zu kandidieren, bedeute „keine Resignation, sondern ist vielmehr die Erkenntnis, die zu verbleibende Lebenszeit neu zu ordnen und der Versuch, das Leben neu zu gestalten“. Dem Förderkreis und der Kultur in Bensheim werde er weiter „interessiert und mit freundlicher Distanz verbunden bleiben“.
Die Entscheidung sei ihm keineswegs leicht gefallen, betonte Schocke, der das Ehrenamt des Vereins-, später dann (seit der Corona-Pandemie) des Fördervereinsvorsitzenden seit 2008 ununterbrochen innehatte und sich „für die sehr gute und vertrauensvolle Atmosphäre im Vorstand“ bedankte. Er habe diese immer als „bereichernd“ empfunden: „Aber alles hat seine Zeit.“ Der ehemalige Schulleiter des Goethe-Gymnasiums unterstrich ein „gutes Miteinander“ der Vorstandsmitglieder, die er alle namentlich erwähnte. Als ehemals begeisterter Leser der Karl May-Bücher endete er in der für ihn typisch lässig-selbstironischen Art mit den Worten „Ich habe gesprochen, hugh.“
Einfach nur so wollte man den Vorsitzenden, der „unglaublich viel für den Verein und den Förderkreis geleistet hat, jedoch nicht gehen lassen.“ Laut eines Vorstandsbeschlusses wurde Heinz-Jürgen Schocke zum Ehrenvorsitzenden des Förderkreises Kleinkunst und Kultur ernannt und erhielt von seinem Nachfolger Frank Hanser Urkunde, Lesestoff und Weinpräsent überreicht. Beisitzer Harry Hegenbarth, der aufgrund anderweitiger Verpflichtungen nicht an der Mitgliederversammlung teilnehmen konnte, bedankte sich in einem Schreiben „beim Retter des Vogel-der-Nacht-Festivals“ und bescheinigte ihm „eine sensible Antenne für die Belange der Jugend und zur Kultur“.
Jürgen Rehm, künstlerischer Leiter des Pipapo-Kellertheaters, Regisseur, Theaterenthusiast und langjähriger Wegbegleiter von Heinz-Jürgen Schocke – unter anderem am Goethe-Gymnasium - blickte auf 28 Jahre „gemeinsame, überaus angenehme Arbeit“ zurück und bekundete „sein großes Bedauern über das Ende unserer Zusammenarbeit“. Rehm gab im Anschluss eine kleine Episode zum Besten, die auf großes Gelächter stieß. So wurden „im Goethe“ bei einer der regelmäßigen Theaterproben für ein Kriminalstück im Freien sechs Schüsse mit einer Schreckschusspistole abgefeuert, um sicherzustellen, dass sich kein Projektil mehr im Lauf befindet. „Es gab einen enormen Widerhall, und wir waren alle erschrocken und warteten darauf, was Schocke, der am Wochenende in seinem Büro arbeitete und den lauten Knall hören musste, tun würde. Und es geschah – nichts.“
Schwankende Zuschauerzahlen, aber "gut über die Runden gekommen"
Ein letztes Mal also informierte Schocke die Mitglieder über die Förderprojekte im vergangenen Jahr und hob die intensive Kooperation mit dem Pipapo hervor. Das Theater wurde vom Förderkreis mit dem ihm anvertrauten städtischen Mitteln (1.100 Euro) und eigenen Geldern unterstützt. Die Sommerbühne des Pipapo am Wambolter Hof, ebenso wie die vom Theater in Verantwortung von Vorstandsmitglied Professor Garvin Brod organisierte Jazz-Reihe, das Festival „Vogel der Nacht“ im Stadtpark und das Sundaze-Open-Air-Festival auf dem ADAC-Übungsgelände wurden vom Förderkreis durch Übernahme von Künstler-Gagen finanziell entlastet. Obwohl die Jazz-Konzerte im Pipapo und im Rahmen der Sommerbühne unterschiedlich gut besucht, die Zuschauerzahlen „schwankend“ waren, sei man insgesamt „gut über die Runden gekommen“.
Kassenwart Dieter Brendel bestätigte anhand „nüchterner Zahlen“, dass der Förderkreis aufgrund seiner Reserven und trotz eines leichten Minus im Gesamtergebnis von 2024 „voll funktionsfähig ist.“ Die Einnahmen von insgesamt 11.100 Euro setzten sich aus Mitgliederbeiträgen und Spenden zusammen. Der Noch-Vorsitzende lobte die einwandfreie Kassenführung von Bredel, die von den Kassenprüfern Walter Fitz und Jürgen Kotrade bestätigt wurde. Kassenwart und Vorstand wurden im Anschluss einstimmig entlastet.
Die Homepage des Förderkreises war von Frank Hanser überarbeitet worden. Um junge Menschen auf die Jazz-Reihe aufmerksam zu machen, soll die Werbung zusätzlich zur Tageszeitung, dem Bergsträßer Anzeiger, in den sozialen Medien verstärkt werden. Tanja Weber, Vorsitzende des Pipapo-Theaters, informierte die Förderkreismitglieder, dass man „schweren Herzens die Sommerbühne in diesem Jahr auf Eis gelegt hat“.
Grund war das letztjährige Defizit von 5.000 Euro. Weiter berichtete sie über Kontakte mit Bürgermeisterin Christine Klein und Thomas Herborn vom Eigenbetrieb Stadtkultur angesichts der defizitären Haushaltslage und angekündigten Einsparungen für Kulturbetriebe. Eine mögliche Reduzierung der städtischen Zuschüsse um maximal 30 Prozent auf zunächst 7.700 Euro hält Weber „bei einer guten Spielzeit und guter Auslastung des Theaters“ für verträglich - auch wenn dies ein schmerzhafter Eingriff bedeute. Eine Entscheidung darüber ist noch nicht gefallen. Sowohl Weber als auch Schocke betonten die hohe Wertschätzung, die das Pipapo bei den Verantwortlichen im Rathaus genieße.
Aufgrund des Rückzugs des Förderkreisvorsitzenden Heinz-Jürgen Schocke vom Ehrenamt waren Wahlen notwendig, die allesamt einstimmig und für das laufende Geschäftsjahr erfolgten. Neuer Vorsitzender wurde der bisherige Stellvertreter Frank Hanser, sein Stellvertreter Garvin Brod. Das Amt des Schriftführers begleitet fortan Mathias Goeken. Der Hochschullehrer lebt seit 2005 in Bensheim und ist an „Kultur sehr interessiert.“ Die übrigen Vorstandsposten bleiben bis zum Ende der regulären Amtszeit 2026 unangetastet. Es sind dies Kassenwart Dieter Brendel sowie die Beisitzer Ingeborg Deichmann, Harry Hegenbarth, Jürgen Rehm und Hanna Rogalli.
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