Auerbach. Es hat lange gedauert, bis die Rotunde im Auerbacher Fürstenlager wieder mit Kultur geflutet wurde: Jetzt haben die Kunstfreunde Bergstraße einen Anfang gemacht. Im kleinen Rahmen zwar, doch die musikalische Lesung mit der Autorin, Sängerin und Flamenco-Tänzerin Tanja Gitta Sattler war eine gelungene Ouvertüre für weitere Veranstaltungen, die der Verein um seine Erste Vorsitzende Sabine Müller derzeit noch im Hinterkopf, aber vielleicht bald in der konkreten Planung hat.
„Flamenco ist mehr als ein Tanz“, betonte Tanja Gitta Sattler vor rund 60 Gästen im Staatspark, wo es am frühen Abend bei 32 Grad auch klimatisch sehr spanisch zuging. Für die Bensheimerin ist das Kunstgenre aus andalusischen Liedern und Tänzen eine Collage aus Ausdruck, Gesang, Instrument und Bewegung, der Tanja Gitta Sattler Anfang des Jahres eine persönliche Hommage in Buchform gewidmet hat: „Meine Leidenschaft Flamenco“ vereint 17 Kurzgeschichten, in denen die Autorin sehr plastisch und farbenfroh schildert, wie ihr sinnliches Eintauchen in den Kosmos des Weltkulturerbes verlaufen ist und welche Erfahrungen sie unterwegs gemacht hat.
In einem amüsanten, leichten Erzählstil mit viel Humor und Selbstironie beleuchtet sie die schönen Momente ebenso wie die weniger lustigen Szenen, die sie als deutsche Flamencotänzerin erlebt hat. „Man muss Klischees bedienen“, sagt die Tanzlehrerin in Auerbach, wo sie von ihrem Mann Mick an der Gitarre und ihrer Schülerin Heike Sepp begleitet wird.
Bei einen ihrer ersten gebuchten Gastspiele prallte sie durchaus hart gegen eine Wand aus Vorurteilen und Stereotypen: Eine deutsche und damals auch noch blonde Flamencotänzerin kam manchem spanisch vor. Sie färbt sich die Haare, nennt sich „La Felina“ und flankiert ihre Auftritte mit Informationen über ihre Leidenschaft.
„Der Tanz hat mich gefunden“
Während der Hochphase der Pandemie und den Lockdowns bringt sie ihre Erfahrungen zu Papier. Ihr literarisches Debüt war der romantische Thriller „Die Frau, die es nicht gibt“.
Angefangen hat alles mit dem Tango, berichtet die Tänzerin, die bereits vor 27 Jahren mit der Musik geflirtet hat und beim Flamenco landete. „Er hat mich gefunden“, so Tanja Gitta Sattler in Auerbach, wo das Trio unter anderem auch „Canto A Brazil“ und „Bamboléo“ von den Gipsy Kings präsentierte. Begleitet von traditionellen Tänzen und dem klassischen Sound mit Flamenco-Gitarre und Kastagnetten.
Der Tanz selbst ist bei aller sichtbaren Leichtigkeit harte Arbeit, mit aufwändiger Garderobe und den traditionell nägelbeschlagenen Schuhen entsteht ein ästhetisches Gesamtkunstwerk aus Klang, Optik und Ausdruck. Mal schwermütig und ernsthaft voller Traurigkeit und Melancholie, dann wieder lebhaft, ausgelassen und temperamentvoll.
Die vielgestaltige Abwechslung zwischen schnellen Elementen und langsamen Passagen machen den Reiz und die Schönheit des stark bodenverhafteten Flamenco-Tanzes aus, bei dem Körperspannung, Dynamik und fließende Bewegungen eine Einheit bilden.
Im Fürstenlager hat Tanja Gitta Sattler verschiedene Choreografien und technische Facetten des Flamencos präsentiert, den sie 1995 bei der spanischen Tänzerin Rebeca Marmol Carmona entdeckt hat. Es folgten Kurse in der Tanzwerkstatt Darmstadt, im Studio Lona Mora Mannheim, dem berühmten Amor de Dios in Madrid und bei El Pazio Andaluz in Ludwigshafen. Zudem nahm sie an Workshops bei spanischen Gastdozenten in Berlin, München und Puebla de Castalla (Sevilla) teil.
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